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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 11.01.2018, 22:22   #1
männlich MiauKuh
 
Dabei seit: 08/2017
Ort: Bei Rostock
Beiträge: 2.246

Standard Der alte Seebär im Aldi

Dieser Seebär, dieser alte,
lief im Aldi durch die Gänge,
sprach zur einer alten Dame
von schon längst vergangnen Jahren.

Als er sprach von jenen Zeiten,
sprach er von berühmten Freunden,
doch die Freunde wären leider
schon gestorben, schon vor Jahren.

Ich lief langsam, suchte Butter,
lief zum Obst und nahm die Trauben,
las die jüngste Ostseezeitung
und begab mich hin zum Ausgang.

An der Kasse seit Minuten,
stand der Seebär und erzählte
dem Verkäufer viel vom Früher
von den ehelichen Tagen.

Und der Seebär wirkte einsam,
abgeschlossen war sein Sinnen,
niemals würde er noch einmal
eine Liebeszeit empfinden.

Der Verkäufer hörte höflich,
drehte Augen, ich stand schweigend,
mit Entsetzen in den Blicken,
die mein Spiegelbild mir reichte.

Draußen ging ich Richtung Auto,
sah den Seebärn, sah ihn humpeln,
bald beim Sitzen hallten Rufe
und sie kamen von dem Seebärn.

Doch da stand ja noch ein Jemand,
neben mir mit seinem Auto
und rief freundlich zu dem Seebärn,
dass er dessen Worten lauschte.

Und dann wieder diese Reden,
Trauerreden, Trauerworte,
vom Alleinsein, altem Leben,
und verstorbner, alter Liebe.

Letztlich fuhr ich und der Seebär
klagt in meinem Kopf noch heute.
Und ich frage mich oft selber:
was die Einsamkeit bedeutet.
MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2018, 00:15   #2
männlich dr.Frankenstein
 
Benutzerbild von dr.Frankenstein
 
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.467

Wahrscheinlich jedem noch schnell was von früher erzählen, ehs zuspät ist.
Also ich hab da immer Zeit, ich find das dann witzig wartende zu beobachten.
Einsamkeit bedeutet nichts.
Die Kinder sind losgezogen um in den Fabriken zu schufften um frei zu sein.
Einsamkeit ist Freiheit.
Ungewollte Freiheit.
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2018, 18:27   #3
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 60
Beiträge: 6.687

Zitat:
las die jüngste Ostseezeitung
Im Aldi gibts doch keine Zeitungen zu kaufen?
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2018, 19:33   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 31.043

Zitat:
Zitat von dr.Frankenstein Beitrag anzeigen
Die Kinder sind losgezogen um in den Fabriken zu schufften um frei zu sein.

Was erzählst du den Leuten hier?
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2018, 20:16   #5
männlich MiauKuh
 
Dabei seit: 08/2017
Ort: Bei Rostock
Beiträge: 2.246

Hab das mal überarbeitet, ich war katastrophal unzufrieden geworden. Nun ist er nicht mehr im Aldi.

Danke für eure Kommentare.
War ja nicht so ganz klar, was ich hier wollte.
Naja, vielleicht ist es jetzt etwas deutlicher.

DieSilbermöwe:
Aldi Nord verkauft "Ostseezeitung"

Dr. Frankenstein:
so banal ist das mit der Einsamkeit nicht.
Stelle ich mir vor, wie der alte Seebär zu werden, oh jeh! Einsamkeit ...

Der Seebär

Dieser Seebär, schwarz behangen,
lief im Laden durch die Gänge,
hielt vor einer Einkaufsdame
und begann mit den Geschichten.

Darin rühmte er die Zeiten
seiner hochdotierten Freunde,
die jedoch ja alle leider
schon verstarben, schon vor Jahren.

An der Kasse stand er ewig
beim Kassierer zum Bezahlen,
Monologe folgten endlos
über Frau und Kind und früher.

Danach draußen auf dem Gehweg
lief der Seebär vor mir humpelnd,
seine Stimme stoppte wurzelnd
meine Beine, meinen Körper.

Und so folgte mir sein Jammern
über früher und Alleinsein,
über längst schon tote Tage
bis zur Tür zu mir nach Hause.

Schließlich ging er, doch der Seebär
klagt in meinem Kopf noch heute.
Seither frage ich mich selber
was die Einsamkeit bedeutet.
MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2018, 20:21   #6
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878

hätste gleich Lidl geschrieben, wäre Dir nur Lob um die Ohren geflogen.
Gut, das mach ich jetzt! Der Atta scheint seinen Bärentanztrhythmus auf Dich zu übertragen. Mir gefällts!
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2018, 20:25   #7
männlich MiauKuh
 
Dabei seit: 08/2017
Ort: Bei Rostock
Beiträge: 2.246

Jetzt fühle ich mich geschmeichelt und gestehe dir auch noch: das hat mich eine Menge Nerven gekostet, es heute so zu schreiben. Und dein Lob.. danke.

Atta's Rhythmus gefällt mir im Moment sooo sehr, ich kann nix dagegen tun und schreibe in dem Stil bis ich nicht mehr mag.

Mal sehen, wofür er sich noch so eignet. Im Moment finde ich, er ist für Geschichten gut. Etwas variieren muss ich noch darin lernen.

Liebe Grüße
MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2018, 22:51   #8
männlich Vers-Auen
 
Benutzerbild von Vers-Auen
 
Dabei seit: 12/2017
Ort: Jenseits von Eden
Beiträge: 2.196

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen

Was erzählst du den Leuten hier?
Zitat:
Zitat von dr.Frankenstein
Die Kinder sind losgezogen um in den Fabriken zu schufften um frei zu sein.
Was soll an Dr. Frankensteins Gedanken so abwegig sein?

Wer nicht arbeiten kann, oder will, lebt von der Stütze
und hat somit eingeschränkte Freiheiten.
Zur finanziellen Armut gesellt sich noch die soziale Armut.
D.h. keine Ferien, Konzerte, Vergnügungen, usw. usf.

Das Problem ist, dass wir durch die Niedriglöhne
bald amerikanische Verhältnisse haben könnten.
D.h. 2- 4 Jobs, leben im Wohnmobil, Auto, usw.

„Wer von seinem Tag nicht zwei Drittel für sich selbst hat, ist ein Sklave.“
Friedrich Nietzsche
Vers-Auen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2018, 01:30   #9
männlich dr.Frankenstein
 
Benutzerbild von dr.Frankenstein
 
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.467

Das was uns Heute als Freiheit für alle verkauft wird, is einfach Mittelmäßigkeit, man muss ja auf einen Großteil an Freiheit verzichten wegen der Freiheit der anderen.
Außerdem find ich den Satz schöner als Kinder die Geld verdienen wollen.

Und Versauen hat wohl auch recht
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2018, 01:39   #10
männlich dr.Frankenstein
 
Benutzerbild von dr.Frankenstein
 
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.467

Einsamkeit. Ist doch einfach, das komplizierte sind die Lösungen mit der wir ihr zu entfliehen suchen.
Zb. Mit der Kassiererin philosophieren.
Meistens merken die ja nicht das alle anderen genauso einsam sind und nur andere Lösungen haben in ihren begrenzungen->(was sie gut oder schlecht finden).
Jeder hat ja seine Lösung dem Gefühl der Einsamkeit, der Leere zu entfliehen.
Manche reißen sich eine Schnalle nach der andern auf und fühlen sich doch in stillen Momenten unverstanden.
Einsamkeit ist der Moment wo die Leere ganz deutlich wird und nix uns davon ablenkt.
Nur wer vor der Leere flieht tut dummes Zeug.
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2018, 01:48   #11
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878

Lieber MiauKuh,
solange Du solchen "Riesen" der Lyrik nacheiferst, wird es um Dich immer heller. Es wäre schlimm, wenn solche Vorbilder wie Heine keinen Einfluss auf unsere Art zu sprechen/zu dichten hätten.
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2018, 05:39   #12
männlich Gemini
gesperrt
 
Dabei seit: 05/2006
Alter: 50
Beiträge: 1.297

Miaukuh

Du kommst alleine, du gehst alleine.
Philosophisch gebe ich dir diese Antwort:

Es ist anmaßend sich Gedanken um des Leides eines anderen Menschen zu machen. Kein Mensch macht sich die Gedanken wegen dir. Du bedeutest dieser Welt nichts und schuldest ihr nichts. Der alte Seebär, mag vielleicht ulkig und niedlich aussehen und deine Gedanken kitzeln. Von der Philosophischen Sichtweise gebe ich dir Recht.

Lyrisch:

Erzählst du eine kleine kindische Sichtweise, einen kleinen Traum den du hast während Papa die Einkaufstüten in den Wagen packt.

Dein Job als Dichter ist der. Diese Dinge zu erkennen und sie so zu verändern, dass sie ein Gedicht ergeben.

Du erzählst, dass dich eben der alte Knacker interessiert und inspiriert hat.
Nur, du hast vergessen was einen Dichter ausmacht. Eben genau das zu sehen und als eine Arbeit anzusehen.

Philosophie 1+

Nur machen wir einen Versuch.
Schreib das noch einmal und distanziere dich so weit von deinem Text, dass du über eine Schlägerei schreiben kannst.

Jeder kann über seine Gedanken schreiben, selst ein Affe kann UhUh machen und es mit Kot auf Papier bringen.

Ich hoffe du kannst mir folgen.

Ein Dichter ist ein Detektiv des Geistes. Ein Reporter der Wahrheit, ein Krieger der Feder.

Gem
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