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Alt 25.03.2013, 15:12   #1
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Standard Gebrochene Flügel (Teil 4)

Teil 4

Das Gefühl der Verzweiflung und der ohnmächtigen Wut, das sich in Bernhard breit machte, ließ seine Kopfschmerzen wieder aufflammen. Er stieg aus, stellte sich in die offene Wagentür und atmete tief ein. Die Speicherkarte war in der kleinen Uhrentasche seiner Jeans gut aufgehoben. Prüfend glitten Daumen und Zeigefinger über das rechteckige Stück Plastik mit dem brisanten Inhalt. Im selben Moment hörte er hinter sich ein surrendes Geräusch. Doch bevor er den Kopf drehen konnte, um der Ursache dafür nachzugehen, bekam er einen Schlag auf den Hinterkopf, der ihm die Beine wegriss.
Eine Gestalt in dunkler Kleidung ließ ein kurzes Alurohr in ihrer Jacke verschwinden und begann, die Kleidung ihres Opfers zu durchsuchen. Als die Person anscheinend gefunden hatte, was sie suchte, fielen ihr die Scheinwerfer eines Wagens auf, der langsam auf die Einfahrt zurollte. Die Gestalt drehte sich um und verschwand durch ein kleines einflügeliges Fenster im Seitengebäude.
Hinter der Halle, auf einem schmalen, von Gräsern überwucherten Feldweg, der von den Arbeitern des Schlachthofes vor Jahren als Abkürzung benutzt wurde, sprang er in seinen Wagen, in dem jemand auf ihn wartete, und fuhr davon.

Das ankommende Fahrzeug passierte die Einfahrt und stoppte unmittelbar neben Bernhard, der gerade mühsam versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Mit der rechten Hand stützte er sich am Türholm seines Autos ab, mit der linken versuchte er sich an der offen stehenden Tür hoch zu ziehen.
Ein grelles Licht schoss ihm in die Augen, das ein wahres Schmerzgewitter in seinem ohnehin malträtierten Schädel auslöste. Als er mit wackligen Knien zum Stehen kam, hörte er eine Stimme, die aus dem für ihn unsichtbaren Universum hinter der starken Taschenlampe kam: „Du hast etwas, was mir gehört. Hast du das gerade unter deinem Auto versteckt? Idiot. Gib mir sofort die Karte und alle Kopien.“
Die Stimme sprach nicht sehr laut, aber bestimmend und war wieder verzerrt, sodass Bernhard keinen Schimmer hatte, wer hinter der Lampe stand.
„Ich bin überfallen worden, verdammte Scheiße“, stöhnte Bernhard und fuhr mit der Hand über die Schwellung an seinem Hinterkopf.
„Was ist das für eine dämliche Story? Willst du mich verarschen, oder was? Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit. Los, die Karte!“
„Was hätte ich davon zu lügen? Wo ist Dennis? Ist er hier?“ fragte Bernhard und versuchte seinen Kopf aus dem Lichtkegel zu bewegen, um einen Blick in das Fahrzeug dahinter werfen zu können.
„Bleib ruhig stehen, verdammt noch mal, und gib endlich die Karte!“
Der Kidnapper, oder war es eine Frau? schien die Geduld zu verlieren und kam einen halben Schritt auf Bernhard zu.
„Ich will ihn wenigstens sehen, bevor ich alles aus der Hand gebe“, versuchte er zu verhandeln. Dabei griffen seine Finger in der Uhrentasche ins Leere.
Er hatte keine Ahnung, was hier ablief, aber in diesem Moment wusste er, dass er diese Runde des perversen Spieles verlieren würde. Doch das brauchte der Lampenmann ja nicht zu wissen.
Ein verächtliches Schnauben kam als Antwort aus dem gleißenden Licht.
„Idiot! Hörst du nicht zu? Meine Geduld ist am Ende!“
Mit ausgestrecktem Zeigefinger schoss Bernhards Arm nach vorne. „Ich bestehe darauf sofort mit …“ Im gleichen Moment nahm er eine Bewegung seines Gegenüber wahr, und fühlte einen heftigen Stoß, verbunden mit einem brennenden Schmerz unterhalb seiner linken Brust. Er taumelte einen Schritt zurück und griff in einem Reflex mit beiden Händen an die Stelle, an der er getroffen wurde. Seine Beine schienen sich plötzlich in Luft aufzulösen und er fiel auf die Knie. Da traf ihn etwas Hartes am linken Unterkiefer, woraufhin sich eine schwarze Decke gnädig über sein Bewusstsein legte.

Die Taschenlampe wurde ausgeschaltet und dem zweiten Wagen entstieg eine Frau, die einen Blouson und ein Kopftuch trug. Beide zerrten sie Bernhard ein Stück von seinem Auto weg und begannen in seinen Taschen zu wühlen.
„Der blutet ja, was ist passiert?“ fragte die Frau.
„Hast du Tomaten auf den Augen?“ schnauzte der mit der Taschenlampe zurück.
„Ich hab zugestochen, weil der Idiot plötzlich nervös wurde und mit seiner Hand herumfuchtelte. Verdammte Scheiße.“
„Ist er selbst schuld“, antwortete die Frau.
„Verdammt! In seinen Klamotten hat er sie nicht.“
Die Frau schaute in jedem Fach von Bernhards Portemonnaie nach, und steckt es fluchend wieder in seine Gesäßtasche zurück. Eine Durchsuchung der Schuhe und Socken brachte auch nichts. Also packten beide ihn an Armen und Beinen und wuchteten ihn in den Kofferraum ihres Fahrzeuges. Die Fußbekleidung warfen sie mit hinein. Die Suche in Bernhards Wagen verlief ebenfalls negativ. Anschließend ließ der Mann den Passat ein paar Meter weiter rollen, um den Boden unter dem Wagen kontrollieren zu können. Ohne Erfolg. Sie leuchteten den Unterboden des Autos ab und überprüften Kofferraum und jeden Spalt des Motorraumes. Aber die Karte war nicht zu finden. Den Passat ließen sie mit geschlossenen Türen stehen. Am Ring von Bernhards Zündschlüssel befand sich der Schlüssel eines Sicherheitsschlosses. Sie nahmen die Schlüssel an sich. Mit aufgeblendeten Scheinwerfern brausten sie anschließend vom Schlachthofgelände und bogen an der nächsten Kreuzung in Richtung Stadtwald ab.
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