Einmal der Grund zu sein

[Issevi]

Einmal der Grund zu sein,
warum eine persönliche Zeitrechnung
wieder bei Null beginnt,
bleibt unerreichbar wie der Weltfrieden.

Einmal der Grund zu sein,
dafür das eine verlorene Seele
sich wiedergefunden fühlt,
bleibt ein Fantasieprodukt wie ein Einhorn.

Einmal der Grund zu sein,
weshalb aus alltäglicher Aufgabe
wieder Kampfeslust wird,
bleibt Fiktion wie Alien-Angriffe.

[Ex-MeineEigeneWelt]

Klingt sehr traurig und niedergeschlagen. Aber auch irgendwie wütend und enttäuscht. Und zudem ist, wie ich finde, am aussagekräftigsten die Hoffnungslosigkeit und diese Entschlossenheit, dass sowieso alles Mist ist und jeder Versuch und jede Tat, mit der man etwas bestimmtes erreichen möchte, total zwecklos scheint.
Finde das Gedicht sehr pessimistisch, aber dennoch spitze!!

Liebe Grüße

[Caliban]

Da will der olle Bucklige doch antworten:

Einmal der Grund zu sein, dass du lachst,
aus tiefstem Herzen, nicht nur der Höflichkeit halber,
dafür, dass du Lust auf mich hast
und für die zweite, sonst von der Vernunft verbotenen Flasche

Einmal der Grund zu sein, dass du auch
meinen Wert siehst und wie es mir geht, wenn du doch schon
deinen Mist bei mir ablädtst und meine Nähe suchst,
einmal der Grund für deine Gründe sein.

Einmal der Grund sein, dass jemand erkennt,
dass er nicht allein ist mit dem, was ihn plagt,
dass Milliarden die selben Gründe suchen und sein wollen und dass
dein und mein Bedürfnis dasselbe wiegen.

Sorry, das ist mein generelles Problem mit Liebeslyrik, sie spricht zu oft von Enttäuschungen und Mangelerscheinungen und zu selten von abgehobenen Forderungshaltungen, übersteigertem Anspruchsdenken und den Bedürfnissen der anderen, sprich, sie neigt zu Narzissmus und Egozentrik. Das Dumme ist nur, dass in der Zwischenmenschlichkeit stets (mindestens) zwei Menschen zusammenkommen, deren beider Wünsche befriedigt werden wollen und die oft genug nicht zusammenpassen. Und wenn man es sich gegenseitig nicht wert ist, die (oft gewaltige, zermürbende und aufreibende) Anstrengung auf sich zu nehmen, passend zu machen, was nicht passt, stirbt man verbittert und einsam und das zu Recht! Denn dann kann und darf man es noch nicht mal Sympathie nennen! Und dabei kann es bei allem Engagement eben trotzdem danebengehen. Suppen auslöffeln kann jeder Zahnlose, für das harte Brot der Wirklichkeit braucht es Biss. Ohne Fleiß kein Preis und so. Und die Erwartung, den passenden Deckel auf einen Topf zu finden (man arbeitet ja ab dem ca. 12. Lebensjahr mit gebrauchtem und daher unvollständigem und abgenutztem Kochgeschirr, um die Metapher einmal überzustrapazieren), ist tatsächlich so Unwahrscheinlich wie der Weltfrieden. Am Ende des Tages passt bei weitem nicht auf jeden Topf ein Deckel, aber auf jeden Eimer ein Gesicht.
Denn unerfüllte Sehnsüchte sind jedem mit auf den Weg gegeben. Das will berücksichtigt sein. Mal ehrlich: Wenn es auf dieser Welt auch nur zehn Paare gibt, die einander gleich oft und gleichermaßen Hingebungsvoll einander eine halbe Stunde den Rücken massieren oder deren Orgasmenzahl sich gleicht, fresse ich einen Besen.

Nicht so böse gemeint, wie es sich liest,

Caliban.

[NuclearWinter]

Ich habe mir bei dem Titel etwas schönes und Positives erhofft... stattdessen Leere und Traurigkeit... ich bemerke gerade, das ich während ich hier schreibe bis auf 'einmal der Grund zu sein' alles bereits vergessen habe. Der Satz ist so positiv geladen, voll von Hoffnung, wieso versuchst du ausgerechnet damit ein so negativ geladenes Gedicht zu basteln? Versuch doch mal das gegenteil damit, ich bin mir sicher das wird besser, weils dann auch passt.
lg NW