Eine Mutter

[Ex-Lichtsohn]

Der Wind kratzt an die hohen alten Wände,
Wie Tau schmiegt sich die Nässe übers Dach,
Im Zimmer liegen noch die sieben Kinder wach,
Die leise Bitte faltet alte Frauen Hände.

Sie blickt zum Fenster in das tobend Land,
Ganz bang wird ihr vom Denken an das Neue,
Noch zeigt sie keine Zweifel, keine Reue,
In ihrem Herzen festigt sich ein Hoffnungsband.

Sie denkt schon deutsch und spricht wie alle andern,
Das Kopftuch hat sie abgelegt, sie wirkt gefasst,
Im Innern nagt noch syrischer Ballast,
Für ihre Kinder würde sie stets wieder wandern.

Der Wind verebbt und Stille schleicht sich jetzt heran,
Dies andre Land zeigt Zähne und Gewalt,
Ein andres Wetter martert die Gestalt,
Doch fühlt sich diese Freiheit richtig an.

[DieSilbermöwe]

Dieses Bild ist so gar nicht kompatibel mit dem Bild einer syrischen Mutter, wie ich sie vor ein paar Tagen an der Bushaltestelle erlebte.

Sie hatte nur ein Kind, sprach sehr gut deutsch, unterhielt sich mit einer anderen Frau über den Kindergarten, trug moderne Kleidung (mit Kopftuch), erzählte, war offen und freundlich

Dein Gedicht zeichnet mir ein wenig zu sehr einen Ablauf, wie wir ihn uns in unseren Köpfen vielleicht vorstellen, der mit der Wirklichkeit jedoch nicht unbedingt übereinstimmen muss.

[Ex-Lichtsohn]

Zitat von DieSilbermöwe

Dieses Bild ist so gar nicht kompatibel mit dem Bild einer syrischen Mutter, wie ich sie vor ein paar Tagen an der Bushaltestelle erlebte.

Sie hatte nur ein Kind, sprach sehr gut deutsch, unterhielt sich mit einer anderen Frau über den Kindergarten, trug moderne Kleidung (mit Kopftuch), erzählte, war offen und freundlich

Dein Gedicht zeichnet mir ein wenig zu sehr einen Ablauf, wie wir ihn uns in unseren Köpfen vielleicht vorstellen, der mit der Wirklichkeit jedoch nicht unbedingt übereinstimmen muss.

Findest du?
Diese Frau betet, sie betet zu einem christlichen Gott. Wohl eher der Grund warum sie das Kopftuch ablegen wollte. Insoweit halte ich die Frau in meinen Zeilen für mutig, stolz und würdevoll und sehr sehr deutsch, selbst wenn im Innern noch Ballast aus dem Heimatland wohnt.
Einen wirklichen Unterschied zu dem schönen Bild aus deiner Schilderung kann ich nicht erkennen. Und ich finde sie hat auch Eigenständigkeit genug und ist keine "Schema F-Syrerin in Deutschland". Natürlich ermöglichen hier vier Strophen keine allzu tiefe psychologische Studie, nur einen Blick auf ein Szenario, nicht mehr.
Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Deine Anmerkungen waren sehr hilfreich für mich.

Alles Liebe
vom
Lichtsohn

[DieSilbermöwe]

Hallo Lichtsohn,

gibt es diese Frau aus deiner Schilderung, hast du sie erlebt? Ich bin da ein wenig skeptisch ...warum sollte sie einen christlichen Gott wollen?

Was mich im Gedicht auch ein wenig stört, ist "alte Frau" und ihre sieben Kinder liegen noch wach. Wenn eine Frau alt ist, sind Kinder erwachsen und sie muss nicht mehr auf sie aufpassen ...

Alles Liebe
Silbermöwe

[Trembalo]

Hallo Lichtsohn,

handwerklich gut,

ich mag es sehr,
wenn ich "die Bilder" aus Syrien sehe,
kann ich diese Frau verstehen

Liebe Grüße

[Gylon]

Hallo Ihr lieben Lichtgeschwister,
schön das ihr wieder teilnehmt. Gefällt mir gut! Man könnte auch „junger Frauen Hände“ schreiben. Das stört mich aber eigentlich nicht. Die Formulierung „Sie denkt schon Deutsch“ finde ich etwas unglücklich!

Liebe Grüße Gylon