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Alt 29.12.2011, 17:32   #1
männlich Jeronimo
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Standard Satire: Bogart - Teil 6

Teil 1: https://www.poetry.de/showthread.php?t=29863
Teil 2: https://www.poetry.de/showthread.php?t=30072
Teil 3: https://www.poetry.de/showthread.php?t=30333
Teil 4: https://www.poetry.de/showthread.php?p=170059
Teil 5: https://www.poetry.de/showthread.php?p=171468


Bogart: Teil 6

Ich war gerade dabei, das ungenießbare Hühnerfrikassee zu entsorgen, das mein Ehedrachen immer dann bereitet, wenn sie nicht gut auf mich zu sprechen ist. Da hätte ich lieber die Kellertreppe ablecken sollen, anstatt den Schlangenfraß zu probieren.
Gundas kulinarische Ambitionen beschränken sich immer mehr auf das Zubereiten von Konserven und Fertiggerichten, die sie offensichtlich von ausgewählten Abdeckern zubereiten lässt, während sie selbst mit Fred in den Restaurants herum trüffelt. Sie kommt praktisch nur noch zum Umziehen nach Hause. Trotzdem befindet sich der Großteil ihrer Garderobe in ihrem großzügig umfungierten Wohn-Schlafzimmer, das ehemals ihr Arbeitszimmer war. Andere Frauen geben sich mit einer Küche zufrieden.
Als sie Fred kennenlernte, hat sie sich als erstes mit neuer Unterwäsche eingedeckt. Ein untrügliches Zeichen bei Frauen, die sich sexuell umorientieren. Ein praktisches Ritual, bei dem man den Mann einfach mit dem Slip ablegt.

Ich füttere also gerade den Müllschlucker, als die Haustür krachend ins Schloss fällt. Das ist jetzt der richtige Moment, um stutzig zu werden. Gunda stürmt in die Küche herein, Zornesfalten auf der Stirn, eine böse Elfe in einer Parfümwolke gehüllt, die Hände in typisch weiblicher Kampfstellung in die Hüften gestemmt.
„Ach, der Herr ist schon auf? Es ist doch noch nicht mal 14 Uhr!“
Ich versuche gelassen zu wirken.
„Was erwartet die Dame denn? Das ich hier morgens um sieben rasiert am Tisch sitze und liebevoll sage: Hallo Schatz, na, wie oft bist du denn letzte Nacht gekommen?“
Der kleine Küchenwecker rauscht einen halben Meter an mir vorbei und trifft den Nussknacker im Regal. Seine Kinnlade fällt herunter, dann klappt er zusammen und mein bester Mann stirbt den Heldentod.
„Du Scheusal! Hast du denn gar keinen Anstand? Du hast Fred bei strömenden Regen wie einen Hund vor der Tür stehen lassen! Dabei wollte Fred nur höflich zu dir sein.“
„Fred kann mir höflich den Buckel runterrutschen! Ein Wunder, dass er nicht seine Mutter geschickt hat!“
Der hölzerne Kochlöffel trifft den Küchenschrank über mir.
Rein strategisch befinde ich mich im Nachteil. Sie hat die Tür besetzt und noch jede Menge Munition zur Verfügung.
„Du bist nur neidisch, dass Fred Manieren und gutes Benehmen hat, während du glaubst, Frauen wollen von einem Pascha beglückt werden. Fred hat Respekt und Achtung vor einer Frau!“
„Das hatte ich auch mal“, antworte ich sarkastisch, „Bis sie anfangen, sich zusammen zu rotten und Erziehungsfeldzüge führen wollen, weil sie mit ihren Wechseljahren nicht klar kommen.“
Ein Rührbesen trifft die Kaffeemaschine nur zwanzig Zentimeter neben mir. Die Einschläge kommen näher.
„Ich bin gerade mal 42!“, schreit Gunda, „Du bist doch der alte Sack!“
„Apropos Sack: Steht der höfliche Fred wieder vor der Tür und belustigt die Nachbarn?“
„Fred geht einer geregelten Beschäftigung nach und läuft mittags nicht im Morgenmantel durch die Gärten zum Grillen!“
Sie schreit immer noch. Durch das Küchenfenster sehe ich Nachbar Paul am Rasenmäher stehen und sich am Kopf kratzen. Er wedelt mit seiner Mütze grüßend zu mir. Paul macht der Lärm nichts aus. Er ist selbst verheiratet.
„Also schön“, rufe ich jetzt auch etwas lauter, „wenn dieser schwuchtelige Schwachmat so ein toller Frauenflüsterer ist, warum ziehst du denn nicht bei ihm ein und lässt mich und die Kücheneinrichtung in Ruhe?“
„Das mit der Schwuchtel nimmst du sofort zurück, Bogart! Und ich alleine entscheide, wann und zu wem ich ziehe, ist das klar?“
Sie hebt drohend den Fleischstampfer in die Höhe.
„Wie du willst“, antworte ich kühl, „aber deine höflichen Liebhaber kommen mir nicht ins Haus, und wenn sie sich die Schwindsucht holen. Ist das auch klar? Und dieses Weichei schon gar nicht!“
Paul hebt draußen anerkennend den Daumen.
Gunda kneift die Augen zusammen und schwenkt den Fleischklopfer.
Erstaunlich ruhig sagt sie: „Du bist eifersüchtig, Bogart!“
Sie schüttelt ungläubig den Kopf. „Du bist tatsächlich eifersüchtig. Wer hätte das gedacht, dass du noch menschliche Regungen an dir hast?“
„Gunda, Mädchen“ entgegne ich mitleidig, „glaubst du wirklich, dass auch nur irgendjemand eifersüchtig auf dieses Muttersöhnchen ist, der sich vermutlich für seine eigene Erektion schämt? Ja, vielleicht wenn es bei dir für einen richtigen Mann gereicht hätte, dann…“
Der Fleischklopfer rauscht wie ein Tomahawk knapp neben meinem Kopf durch das Fenster und trifft den Rasenmäher von Paul.
„Du Teufel“, schreit Gunda. Dann wirft sie die Küchentür hinter sich zu. Das Geschirr in den Schränken klirrt verdächtig laut. Mit einem Sprung rette ich die Vase von Tante Elli, die auf der Spüle umzufallen droht.
Dann rummst die Haustür.
Der frische, warme Wind zieht angenehm durch das zerschlagene Küchenfenster.
Ich stütze die Ellenbogen auf die Fensterbank, die Fäuste unter das Kinn.
Paul reicht mir den Fleischklopfer durch das ehemalige Fenster und kratzt sich wieder am Kopf, die Mütze dabei in der Hand haltend.
„Bogart, hast du eigentlich noch das lange Verlängerungskabel, das bei dir im Keller neben dem Kasten Bier hängt?“
Ich nicke traurig.
„Und du hattest doch auch immer ein paar neue Zündkerzen im Schrank, direkt neben dem Apfelkorn?“
Ich nicke grinsend.
„Dann sag ich jetzt mal meine Alte bescheid, dass ich dir beim Fenster helfe, und dass wir anschließend den Mäher reparieren, was meinst du?“
„Das ist ein guter Plan, Paul. Dann hol´ ich schon mal die Gläser.“

Wird fortgesetzt

Jeronimo
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Alt 29.12.2011, 18:14   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

das geht so schnell!

Laß mir bis Mitternacht Zeit, dann ist hier Ruhe eingekehrt.

LG!
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
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Lesezeichen für Satire: Bogart - Teil 6



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