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Alt 16.02.2007, 12:41   #1
Lunacy
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 6


Standard Du - Die Besessenheit

Ein wüster Schleier hängt über dem Zimmer. Die Wände drehen sich mit der Welt um den Mittelpunkt des Raumes in dem die Zeit vor Schreck erstarrt ist. Der raue Teppichboden reibt zeitlos gegen meinen Knöchel und das Blatt starrt mich an. Meine Hand führt den Pinsel in einen Krieg zwischen Verarbeiten und Verdrängen. Der Antrieb ist die Besessenheit, der Grund bist Du.
Mit wilden Bewegungen versuche ich deine starrenden, weißen Augen zu übermalen, doch hier siegt Dein Bild. Ein Wort hat genügt mich hier her zu bringen, ein flüchtiger Fingerzeig der sich auf eine Stelle gelegt hat, die immer noch schmerzt. Ein mächtiger Ansturm gegen meine Mauern der mich erzittern lässt und Staub aufwirbelt und schon bin ich wieder hier, versuche mir die Besessenheit vom Leib zu malen und finde mich erbärmlich, weil ich Dich nicht hassen kann, denn alles was ich hasse bin ich, weil Du immer noch in mir bist. Hast dich wie eine Krankheit in meinen Kopf gesetzt, hast dich wie Fieber unter meiner Haut vergraben und wann immer mich jemand berührt tust Du mir weh, lässt mich zusammenzucken wie unter Schmerzen und isolierst mich unter allen, als hoffnungsloses, kaltes Fleisch.
Und doch brenne ich.
Lodernd fegt meine Hand über das Papier, ich verletze es, bringe es zum bluten, reiße Wunden in die dünne Haut die zu verkrusteten, scharlachroten Narben werden und immer erinnern, immer!
Und was ist Hass?
Und was ist Befriedigung?
Und ich?
Habe mich aufgegeben und erniedrigt, bin für dich zur Hure geworden, zur Sklavin, habe als „ich selbst“ aufgehört zu sein, war deine Puppe, die Du zerreißen konntest, dein bodenloser Krug, in den du alles ergießen konntest, ohne dass meine Augen je ein Spiegel für dich waren.
Doch nichts ist unendlich und so stieg das in mir, was du mit jedem weiteren mal wie Gift in mich gestoßen hast, bis ich selbst keinen Platz mehr in mir hatte und mich ganz klein machen musste, um Platz zu schaffen, für mehr von dir.
Und es stank aus jeder Träne und es troff aus jedem Wort und mit jedem weiteren Riss in meiner Haut, quoll es aus mir heraus.
Hass.
Wut.
Doch das hast Du nie gesehen. Da war nur Blut für dich, da war nur Fleisch, das du markiert hast, das war niemals ich. Und ich wurde in mir immer kleiner, trennte ohne Widerruf alle Nabelschnüre zwischen mir und meinem Körper. Machte mein Fleisch und Blut zu einem nackten Fremdkörper, dem es gleich ist was er fühlt.
Und Du machtest dir diesen Körper zu eigen, dieses hässliche, widerliche Ding gehörte ganz dir und dann, als du jedem Zentimeter deinen Aufdruck gegeben hattest, jeden Millimeter für ewig gezeichnet hattest und erneut jede Liebe schon lange an Fassungslosigkeit zu Grunde gegangen war, stand ich auf und ging mich waschen, um wieder sauber zu sein für dich.
Abscheu.
Aber nicht vor dir, denn da war schon zu viel von dir in mir und wenn man mir das nehmen würde, wenn ich jetzt gehen würde, wäre da nichts mehr an mir als dreckige, gleichgültige Erbärmlichkeit, weil Du mir einfach alles genommen hattest und zwischen nichts spüren und Schmerz, wählte ich den Schmerz.
Wüst tobt der Pinsel von links nach rechts.
Schwarz.
Rot.
Braun.
Ich versuche dich aus meinem Kopf, durch meine Hand auf Papier zu zwingen, doch alles was ich erschaffe ist ein kaputter Handabdruck der Besessenheit. Misshandlung von Papier. Vergewaltigung von Farben. Rot spritzt auf meine Hände, auf den Teppich rundum. Ich lasse die Waffe fallen.
Das Bild ist am Ende.
Es hat sich mit Wut infiziert und ist daran gestorben.
Ich stehe auf und lasse es hinter mir, der Krieg ist vorbei, die Maske hat gewonnen, die Königin der Hochstapler bleibt weiter auf ihrem Thron.
Noch einmal schaue ich zurück und bete still für mich ein „Ich verzeihe mir“, dann gehe ich mir die Hände waschen.
Lunacy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2007, 21:10   #2
Werther
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 404


Eine sprachlich sehr gute Umsetzung einer Thematik, die sich in diesem Forum gewisser Vorlieben erfreut. Aber das ist verständlicherweise auf die Autoren zurückzuführen und es ist gar nicht so abwegig, dass Viele sich ähneln.

Mir sind einige Kommafehler ins Auge gestochen. Lies es bitte nochmal durch und korrigiere das, wenn du Muße hast. Soviel zum Formalen.

Inhaltlich fehlt mir was: der "Witz", die Wendung, das Unerwartete und auch eine Lehre, eine Kritik, ein Denkanstoß oder Vergleichbares. Ich kann nun nicht beurteilen, ob du dir dieses von der Seele schreiben musstest, oder nicht. Ich kann nur werten, was ich sehe. Und das zeugt leider nicht von großem Bedenken. Ja, es ist auch zu viel Text für den, sich doch in Grenzen haltenden, Inhalt. Schon nach der Beschreibung jenes Bildes ist dem Leser völlig klar, worum es geht. Der Rest ist einfach nur noch eine, wenn auch gut realisierte, Schilderung, inklusive sehr ausrucksstarker Innensicht.

Fatzit: sprachliche Umsetzung sehr ansprechend,
Inhalt schwach.

Aber bloß nicht entmutigen lassen

nen freundlichen Gruß,
junger Werther
Werther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2007, 21:23   #3
Lunacy
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 6


Vielen Dank für die Kritik. Ich muss ehrlich zugeben, dass dieser Erguss wirklich alt ist und zu dieser Zeit (wie schon vermutet) einfach aus dem Drang heraus entstand etwas loszuwerden. Viel Text, wenig Inhalt.

Zu meiner Verteidigung bleibt zu sagen, dass ich es weder auf eine erstaunliche Wendung, noch auf einen belehrenden Effekt angelegt habe sondern...na ja...einfach geschrieben habe um zu schreiben und dafür, muss ich ehrlich zugeben, ist dies hier schon eines der besseren Werke.

Ja die liebe Zeichensetzung. Dies ist wohl der Zeitpunkt um zuzugeben, dass ich meine komplette Schulzeit hinter mich brachte ohne ein einziges Komma zu setzen und es mir erst viel später wiederwillig beigebracht habe. Man verzeihe mir also das.
Lunacy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2007, 21:37   #4
Werther
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 404


Achso. Naja, aber bitte weiter fleißig dran arbeiten. So ein Komma ist manchmal was ganz Feines, um den Satz verständlich zu machen.

Ok, ein Von-der-Seele-schreiben muss auch mal sein, dagegen ist nicht zu sagen. Das sind meine beiden Gedichte in meiner Signatur übrigens auch (Naja, nicht so ganz. Hab mir in der Stimmung was aufgeschrieben und das Tags darauf nochmal überarbeitet, in ein Gedicht verkleidet).
Lies mal, wennu magst

Gruß, Werther
Werther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2007, 21:38   #5
Lunacy
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 6


Der Zaunpfahl ist angekommen. Ich werde sie lesen.
Lunacy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2007, 00:49   #6
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Hallo Lunacy,

bitte nicht mit Zahn- oder Klobürste verwechseln (auch wenn Du sie für andere Sachen benutzt, als zum Kratzen) - ich bin es.

Und ich bin hier, um Werther in allen Punkten zuzustimmen. Eine Kurzgeschichte lebt eigentlich von dem, was man zwischen den Zeilen lesen kann. Bei Deiner Geschichte steht das Dazwischen direkt da - man muss nicht einmal das Hirn einschalten. Weiteres Problem ist hier die verallgemeinernde Art - ein Schreiben über das Ganze, anstatt es an der Situation selbst deutlich zu machen. Am Beispiel erklärt: Der Ich-Erzähler betont immer wieder, verletzt worden zu sein. Aber Worte wirken nunmal weniger als Taten. Auch in Kurzgeschichten. Der Leser denkt sich - naja, der übertreibt vielleicht, der hat zu viel getrunken, der will nur Mitleid etc. also warum ernstnehmen? Stattdessen sollte man als Autor das Leiden des Protagonisten durch sein Verhalten oder sein Aussehen darstellen. Und am besten fast ausschließlich auf diesem Wege - die Gründe für das Leid sollten nur angedeutet werden.

So viel zu meinem Verständnis von guten Kurzgeschichten.

Behalte Deine gute Sprache bei.

Struppige Grüße!
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
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