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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 10.03.2010, 13:20   #1
männlich Glasbleistift
 
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Beiträge: 132

Standard Tagebuchsonett eines Hoffnungslosen

22. Dezember 1942
Plötzensee

Posaunenstöβe von erstürmten Gipfeln,
die niederfahren ins entfernte Tal
und dort, wie Stöhnen in den Wipfeln,
ertönen als Metaphern meiner Qual,

sind Halluzination und Traum geblieben.
Und nun? Der Illusion bin ich beraubt.
Wer hörte mich denn von den Mördern, Dieben
und Kollaborateuren überhaupt?

Nur du bist mir geblieben, moosbesetzter
Erdulder meiner Worte:Wand aus Stein.
Mit meinem Sammelsurium vernetzter

Tristessen war ich ohnehin allein.
Und heute hänge ich: Dies wird mein letzter
Posaunenstoβ im Geist und Eintrag sein...




PS: Entschuldigt bitte den Schreibfehler im Titel. Es handelt sich hier selbsverstaendlich um ein "Sonett".
Glasbleistift ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.03.2010, 21:55   #2
weiblich SuesseWolken
 
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Beiträge: 135

Zitat:
Zitat von Glasbleistift Beitrag anzeigen
und dort, wie Stöhnen in den Wipfeln,
ertönen als Metaphern meiner Qual,
Was genau meinst du damit?

Manchmal setzt du einen Punkt, dann ein Komma, dann wiederum nichts. Ist das Absicht, oder eher Zufall?
SuesseWolken ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.03.2010, 22:11   #3
männlich Glasbleistift
 
Dabei seit: 03/2010
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Beiträge: 132

Liebe SuesseWolken,

dass Metaphern Sinnbilder sind, wird dir sicherlich klar sein. Und die stoehnenden Posaunen stehen hier sinnbildlich fuer die Qual des lyrischen Ichs. Ich dachte eigentlich, das waere eindeutig.

Zur Zeichensetzung bleibt mir eigentlich nur eines zu sagen: Wo siehst du da Probleme? Es liegt in der Natur jeglicher Texte, dass sie manches Mal durch Kommata, manches Mal durch Punkte gegliedert werden.

Was haelst du denn von dem Gedicht als solches?

Gruesse vom Glasbleistift
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Alt 10.03.2010, 23:38   #4
weiblich SuesseWolken
 
Benutzerbild von SuesseWolken
 
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Beiträge: 135

Zitat:
Zitat von Glasbleistift Beitrag anzeigen
dass Metaphern Sinnbilder sind, wird dir sicherlich klar sein. Und die stoehnenden Posaunen stehen hier sinnbildlich fuer die Qual des lyrischen Ichs. Ich dachte eigentlich, das waere eindeutig.
Ja, ich weiß was Metaphern sind, aber in diesem Zusammenhang finde ich nicht, dass der Begriff passt.
Zitat:
Zitat von Glasbleistift Beitrag anzeigen
Zur Zeichensetzung bleibt mir eigentlich nur eines zu sagen: Wo siehst du da Probleme? Es liegt in der Natur jeglicher Texte, dass sie manches Mal durch Kommata, manches Mal durch Punkte gegliedert werden.

Posaunenstöβe von erstürmten Gipfeln,
die niederfahren ins entfernte Tal
und dort, wie Stöhnen in den Wipfeln,
ertönen als Metaphern meiner Qual,

sind Halluzination und Traum geblieben.
Da hast du wohl Recht. Im ersten Moment schienen sie mir einfach etwas wahllos zu sein. Aber du fügst sie so, wie sie in einem normallen Satz stehen würden. Warum nimmst du dann die erste Zeile deiner zweiten Strophe mit in die erste Strophe? Der Satz würde so keinen Sinn machen.

Zitat:
Zitat von Glasbleistift Beitrag anzeigen
Was haelst du denn von dem Gedicht als solches?
Mmh... ich weiß nicht so recht. So richtig etwas damit anfangen kann ich leider nicht. Es klingt schon ganz nett, aber irgendwie fehlt mir hier etwas.
SuesseWolken ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.03.2010, 23:57   #5
weiblich C.Alvarez
 
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Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.889

Lieber Glasbleistift,

du wagst dich da an ein Thema, das gerade hierzulande nicht sehr einfach zu behandeln ist. Du weisst, was ich meine.
Denke ich.
Urteile, Hinrichtungen, Gefängnisse, Unrechtsurteile, Nationalsozialismus - alles voller Möglichkeiten Peinlichkeiten und Unangemessenes zu schreiben. Es ist dir gelungen, das nicht zu tun und einen angemessenen Text zu schreiben.

Kompliment!

Corazon
C.Alvarez ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.03.2010, 23:58   #6
männlich Glasbleistift
 
Dabei seit: 03/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 132

Liebe SuesseWolken,

dass du mit meinem Gedicht nicht so richtig etwas anfangen kannst, ist legitim.

Ich weiss ja nicht, inwieweit du mit Sonetten vertraut bist, doch ist es durchaus sehr gebraeuchlich, die Quartette und Terzette syntaktisch zu verbinden.

Der These (1. Quartett) folgt die Antithese (2. Quartett) und dann die Synthese (Terzette). Dem Traum folgt die Wirklichkeit und dann das Resultat.

Meiner Meinung nach macht der Satz auch Sinn:

Posaunenstoesse (und die folgenden Eigenschaften) sind Halluzination und Traum geblieben. Was macht da keinen Sinn?

Und sicherlich hast du Recht, dass ich meine Saetze wie "normale" Saetze mit Zeichen versehe. Wo macht man das nicht so?

Interessant waere, zu erfahren, was genau dir fehlt, aber das ist ja nicht immer so einfach zu bestimmen, nicht wahr?

Trotzdem vielen Dank fuer deine Meinung und Einschaetzung.

Gruesse vom Glasbleistift
Glasbleistift ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.03.2010, 00:22   #7
männlich Glasbleistift
 
Dabei seit: 03/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 132

Liebes Steinherz,

es freut mich, dass mir deines Erachtens die angesprochene Gratwanderung gelungen ist. Ein heikles Thema ist es allemal, weshalb ich das Gedicht auch aus einer sehr individuellen, subjektiven Sicht verfasste: Als Tagebucheintrag an einer Zellenwand.

Ich bedanke mich fuer dein Kompliment.

Gruesse vom Glasbleistift
Glasbleistift ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.03.2010, 04:38   #8
männlich Amrit
 
Benutzerbild von Amrit
 
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Ort: München
Beiträge: 77

Standard Kompliment auf der ganzen Linie

Ist Dir ziemlich perfekt gelungen lieber Glasbleistift,

heroische Farben den Heroen des 22. Dezember

Und gleichzeitig: Stauffenberg hatte tatsächlich diese Nüchternheit, die Du in den letzten zwei Versen anklingen läßt.

Überhaupt ist das Gedicht ein Klingen und Dröhnen, daß einem die Ohren weh tun. Das sollen sie auch. Wenn man bedenkt, wie wenige sich den Mördern entgegenstellten.. Mehr als 1.000 KZ's (!) damals im großen Reich.. Daß kaum noch einer heute weiß, was war, in Plötzensee.

Die Verschränkung Deiner Sätze über die Strophen hinweg ist ein besonderer Reiz Deines Gedichtes, der das Hoffnungslose, Alleingelassene dieses einsamen Helden umreißt.

Im Guten wie im Bösen, Deutsche hatten schon immer was zum Heldentum. Eines Tages wird man Raspe und Meinhoff ähnliche Gedichte widmen, denke ich.
Aber erst, wenn der letzte Baum gerodet und die Meere nur noch Pestjauchen sind.
Bei Dir drüben wißt Ihr ja auch ein Lied davon zu singen. Wieviele hocken da im Karzer, nur weil sie was zu sagen wagten...

cu
amrit
Amrit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.03.2010, 10:45   #9
männlich Glasbleistift
 
Dabei seit: 03/2010
Ort: Berlin
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Beiträge: 132

Lieber Amrit,

in meinem Gedicht ist nicht von Stauffenberg die Rede. Es handelt sich um ein Mitglied der am 22. Dezember 1942 in Ploetzensee gehaengten Mitglieder der Widerstandsgruppe "Rote Kapelle". Naeher moechte ich das nicht eingrenzen.

Vielen Dank jedoch fuer deinen Kommentar. Schoen, dass du mit meinem Gedicht etwas anfangen kannst.

Bis bald

Gruesse vom Glasbleistift
Glasbleistift ist offline   Mit Zitat antworten
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