Von wegen Schachtelsatz und Adjektiv....stimmt gar nicht! bei Poetry.de

urluberlu · 10.10.2015, 13:09

Des Hotzenwalds, des schummrigen,
Erinnerungsgeladnes, schweres Dunkel,
Des ich mich heut, als hätt es schon
In grauer Vorzeit, im Maastrichtium
Sich übers Urgebirg erstreckt, entsinne..
Der es durchwandert, und durchlitten,
Und dennoch unbeirrten Mutes
Am Fuße seiner knorrig-barschen,
Im Mürrisch-Sein erfahrnen Fichten,
Im Moose, zwischen ihren Wurzeln, ruhet,
Er rastet, eingedenk, dass ihn sein Fatum
Auch heute, hier, ereilen kann, wie damals
Die Dinosaurier, deren letzter Hauch
Als Nebel steiget aus den Mooren.

Der Hotzengänger weiß, ein Räuber,
Gefährlich, gleich dem T-Rex, und gefräßig!
Jedoch versehn mit einem guten Herzen,
Obgleich so mürrisch, wie ein Hotz nur kann,
Er streift durch diese gottvergessnen Hügel!

Im Tale sagt man, jene „Uff‘m Wald“,
„Die mögen einen oder eben nicht...“
Kein Eindringling wird dies Gesetz umgehen,
Geschweige außer Kraft und Wirkung setzen!

Begegnest du ihm einstens, im gefurchten
Gebirge, dem Gefürchteten,
So wisse ihm ein gutes Mahl zu kochen,
Und halt die Neugier dir zurück, und zucke
Nicht mit der Wimper, wenn er schließlich brummt:
„Es wär it nötig gsi...“. Doch schaue hin,
Wie seine Äuglein lachen unterm Schlapphut!
Und wie die Zunge letzten Rest vom Schnurrbart wischt!

Und lässt er dich, geht seiner Wege,
Schreib SMS an Kind und Kindeskind
Des Inhalts: „Wisst ihr, wen ich heut bewirtet?“
Beschreibe ihnen Schlapphut und auch Schnurrbart,
den Appetit zudem, die Nase im Gesicht!
Sie werden dir erklären, wen du trafest...
Ich sag nur eins: Rinaldo war es nicht!

shoshin · 11.10.2015, 08:44

Lieber Url,

Das ist ja ein dolles!!

Der Antichrist und der Tod in einem, der gewisse Persönlichkeitszüge des Autors trägt? Ich mag es sehr.

Und wie du mit der Sprache spielst (und die Schachtelsätze im Griff hast) finde ich sowieso (meistens) großartig!

Lieben Gruß
shoshin

urluberlu · 12.10.2015, 12:40

Sehr schön (für mich), dass du in dieser knorrigen Erzählung Archetypen findest, welche eigentlich in den alten Räubergeschichten durchaus mitspielen, wenn man recht überlegt.
Nun, die Hotzenwälder schmücken sich vereinzelt den Touristen zuliebe mit dem Gleichklang der Namen Hotzenwald und (Räuber) Hotzenplotz. Der wiederum bringt eher die bewältigbare, die spiessige Form von "Tod und Antichrist" ins Märchen. Vielleicht wurde er deshalb so beliebt?
Als ich den Bogen schlug von Kinder-Räubergeschichte zu oftmals durchaus bedrohlicher Landschaft, war mir nicht bewusst, dass ich mit Archetypen spielte. Wie gesagt, deine Sicht hat mir das eröffnet.
Nun wirst du auch die Antwort auf die Frage am Ende des Textes wissen...
Schönen Tag noch!
Url

10.10.2015, 13:09	#1
urluberlu R.I.P. Dabei seit: 07/2014 Alter: 73 Beiträge: 2.273 Meine Gedichte	Von wegen Schachtelsatz und Adjektiv....stimmt gar nicht! Des Hotzenwalds, des schummrigen, Erinnerungsgeladnes, schweres Dunkel, Des ich mich heut, als hätt es schon In grauer Vorzeit, im Maastrichtium Sich übers Urgebirg erstreckt, entsinne.. Der es durchwandert, und durchlitten, Und dennoch unbeirrten Mutes Am Fuße seiner knorrig-barschen, Im Mürrisch-Sein erfahrnen Fichten, Im Moose, zwischen ihren Wurzeln, ruhet, Er rastet, eingedenk, dass ihn sein Fatum Auch heute, hier, ereilen kann, wie damals Die Dinosaurier, deren letzter Hauch Als Nebel steiget aus den Mooren. Der Hotzengänger weiß, ein Räuber, Gefährlich, gleich dem T-Rex, und gefräßig! Jedoch versehn mit einem guten Herzen, Obgleich so mürrisch, wie ein Hotz nur kann, Er streift durch diese gottvergessnen Hügel! Im Tale sagt man, jene „Uff‘m Wald“, „Die mögen einen oder eben nicht...“ Kein Eindringling wird dies Gesetz umgehen, Geschweige außer Kraft und Wirkung setzen! Begegnest du ihm einstens, im gefurchten Gebirge, dem Gefürchteten, So wisse ihm ein gutes Mahl zu kochen, Und halt die Neugier dir zurück, und zucke Nicht mit der Wimper, wenn er schließlich brummt: „Es wär it nötig gsi...“. Doch schaue hin, Wie seine Äuglein lachen unterm Schlapphut! Und wie die Zunge letzten Rest vom Schnurrbart wischt! Und lässt er dich, geht seiner Wege, Schreib SMS an Kind und Kindeskind Des Inhalts: „Wisst ihr, wen ich heut bewirtet?“ Beschreibe ihnen Schlapphut und auch Schnurrbart, den Appetit zudem, die Nase im Gesicht! Sie werden dir erklären, wen du trafest... Ich sag nur eins: Rinaldo war es nicht!

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11.10.2015, 08:44	#2
shoshin gesperrt Dabei seit: 02/2014 Beiträge: 1.073 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber Url, Das ist ja ein dolles!! Der Antichrist und der Tod in einem, der gewisse Persönlichkeitszüge des Autors trägt? Ich mag es sehr. Und wie du mit der Sprache spielst (und die Schachtelsätze im Griff hast) finde ich sowieso (meistens) großartig! Lieben Gruß shoshin

12.10.2015, 12:40	#3
urluberlu R.I.P. Dabei seit: 07/2014 Alter: 73 Beiträge: 2.273 Meine Gedichte	Sehr schön (für mich), dass du in dieser knorrigen Erzählung Archetypen findest, welche eigentlich in den alten Räubergeschichten durchaus mitspielen, wenn man recht überlegt. Nun, die Hotzenwälder schmücken sich vereinzelt den Touristen zuliebe mit dem Gleichklang der Namen Hotzenwald und (Räuber) Hotzenplotz. Der wiederum bringt eher die bewältigbare, die spiessige Form von "Tod und Antichrist" ins Märchen. Vielleicht wurde er deshalb so beliebt? Als ich den Bogen schlug von Kinder-Räubergeschichte zu oftmals durchaus bedrohlicher Landschaft, war mir nicht bewusst, dass ich mit Archetypen spielte. Wie gesagt, deine Sicht hat mir das eröffnet. Nun wirst du auch die Antwort auf die Frage am Ende des Textes wissen... Schönen Tag noch! Url