Erwartungen im Sand
Erwartungen sind da, um enttäuscht zu werden. Plötzlich soll nichts mehr so sein, wie es einmal war? Der Scherbenhaufen, den man hinterlässt, soll eine Lehre sein für all das, was man hätte erreichen können und die Schnitte in den Füßen die gerechte Strafe dafür. Jede Sekunde ein Sandkorn des Lebens, das man noch vor sich hat, fliegt an mir vorbei und landet sicher bald auf dem großen Sandhaufen der Sekunden, die ich hinter mich gebracht habe. Ich greife ihr nach, will sie festhalten, dem Schicksal wenigstens eine Sekunde abschlagen, doch es ist sinnlos. Ich falle mit ihr nach unten und lande im Sand. Er klebt an mir wie Taten, die tief in diesem Sandhaufen versteckt sind. Taten, die meinem Bewusstsein entstammen und die ich nicht wieder rückgängig machen kann.
Ich weiß, mit dieser Sanduhr ist es wie mit den Toten. Die Toten sind erst tot, wenn man sie vergessen hat. Und so gelingt es mir manchmal, nur manchmal, ausgelöst durch Kleinigkeiten oder sogar Nichtigkeiten, zu vergessen. Ich spüre den Sand nicht auf meiner Haut, ich höre ihn nicht rieseln und es ist mir völlig egal, dass es so ist. Dann macht mir auch die Tatsache, dass ich unfähig bin, es zu ändern, nichts mehr aus. Dann lebe ich.
Doch… so. Irgendwann erwache ich und finde mich in einer Welt wieder, der ich nicht entfliehen wollte, da ich jeden Augenblick bewusst erleben will. Ich hasse „bewusst erleben.“
Von oben rieselt der Sand unaufhörlich und mit einer Gleichgültigkeit, von der man sich ins Gesicht gespuckt fühlt. Was hatte ich erwartet? Erwartungen sind da, um enttäuscht zu werden.
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