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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 22.04.2012, 21:08   #1
männlich Großstadtratte
 
Dabei seit: 04/2012
Alter: 47
Beiträge: 5

Standard Gleis acht

Gleis Acht

Wie im schwarzen Leichentuch, eingewickelt von der Nacht
Warte ich auf die Vollstrecker, die Dämonen vom Gleis acht
Ich erstarre, suche Spuren, Anschluss an die süße Zeit
Spüre Wut, schwarze Trauer, mach mich für den Krieg bereit
Und die Schläge werden hart, denn der Feind ist nah, in mir
Schon jetzt ist mir deutlich klar, dass ich diese Schlacht verlier

Es begann wie im Buch, das sich abends locker liest
Niemand hätte es gedacht denn du warst die Schöne und ich war das Biest
Engelsgesicht traf Fresse mit Narben, dennoch wurde mehr aus dem Flirt
Rasend schnell lehrtest du mich, wie liebe richtig geschrieben wird
Stein für Stein bauten wir unser kleines Königreich
Schritt für Schritt kochtest du meine harte Seele weich

Warum tat ich Dir das an, überhäufte uns mit Schmerz
Gott gab mir harte Fäuste, doch der Teufel feiges Herz
In der Stadt allzeit fertig für spontanen Straßenkampf
Doch für deine kleinen Kinder fehlte meinem Herz der Dampf
War kein Mann, bloß ein Wurm unter einem schweren Stein
Hundert Kilo hartes Fleisch, dennoch Eier winzig klein

Wo verstecken sich Klugscheißer, die behaupten Zeit heilt Wunden
Jahrelang ist es her und ich spür als wären Stunden
Du warst nicht bloß eine Frau, du warst fünfzig Kilo Gold
Schicksal sorgte für den Jackpot, doch ich hab´s nicht abgeholt
Warum hast du nicht gebrüllt, mein Gesicht nicht angespuckt
Warum hast mich bloß friedlich an dem Gleis angeguckt.

Fünfzehn dreißig kam der Zug, unser Königreich ging nieder
Du verschwandst wie im Nebel, ich erblickte Dich nie wieder
Danke Gott, du spieltest fair, bogst ihr Leben wieder glatt
Echter Kerl als Ehemann, drittes Kind, Liebe satt
Langsam wird es hell und laut hier am Gleis Nummer acht
Ich verschwinde, lecke Wunden, wieder verlorene Schlacht

---Du warst die erste, die in mir einen Menschen sah, der würdig war, geliebt zu werden. Du öffnetest mir das Tor zum Himmel, den ich nie betrat. Es war nicht deine Schuld, dass unsere Träume wie ein altes Foto verblasten. Ich war zu feige für deine kleinen Engelchen. Danke für deine Liebe und das Gefühl wichtig und besonders zu sein. Für dein neues Leben wünsche ich Dir das ganze Glück dieser Welt---
Großstadtratte ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 11:08   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Halli Hallo, Großstadtratte -


ein sehr beeindruckendes Gedicht über die Liebe, die den Panzer nicht aufzubrechen vermag - nicht den äußeren und nicht den inneren.
Über den ungewollten, dennoch unabänderlichen Verlust, weil es zu schwer fiel, Liebe in allen Facetten zuzulassen.

Lediglich das "weichgekocht" scheint mir hier aus dem Rahmen zu fallen, weil es in meinen Augen negativ besetzt ist (Gehirnwäsche, Folter, unablässiger Druck).

Insgesamt sehr bedrückend und Mitleid mit dem Protagonisten erweckend.
Durch die Langverse sogar episch angehaucht - eine Beichte.

Herzlichen Gruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 12:09   #3
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073

Hallo, Großstadtratte,

ja, dein Gedicht kommt authentisch rüber, ehrlich und erfreulicherweise nicht voller Selbstmitleid, sondern mit Selbsterkenntnis und einer bitter-süßen Analyse
dieser Begegnung. Sie hat trotz allem viel bewirkt ...

lg simbaladung
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
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