Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Geschichten, Märchen und Legenden

Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 14.05.2007, 20:05   #1
Jamie
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 11


Standard Kaltes Glück

Autor: Jamie
Genre: Kurzgeschichte
Titel: Kaltes Glück



Kaltes Glück.

Ein Würfel, eckig und kalt. Der Hauch des Nichts und die Enge die nach Freiheit schreit. Du sitzt mit angezogenen Knien, die Augen geschlossen. Schwarzes Licht in den Winkeln deiner Augen. Gefühle die verloren waren. Du presst die Hände an deine Ohren, um zu wissen was du nicht hörst.
Die Welt außerhalb deines Würfels ist zur Vergessenheit geworden. Du hast den Unterschied zwischen Tag und Nacht verlernt.
Alles scheint endlos, das Leben, der Würfel – doch eigentlich erdrückt er dein Herz.
Und dennoch gibt er dir das Gefühl der Geborgenheit und der ebenfalls unendlichen Ruhe. Du sitzt einfach nur in deinem Würfel, keine Entscheidung, kein Wille der gebrochen werden muss. Du lebst dein Leben in 12 Kanten, acht Ecken und sechs Seitenflächen ohne ein Streben nach materiellem Verlangen.
Keine Sorgen um nichts. Dein Körper ist gefühllos, in deinem Geist glimmt ein kleiner Docht der das Warten auf ein wenig Sauerstoff nie aufgibt, um sich zu entfalten.
Du hast genau so viel Platz, dass du dich hinsetzen kannst. Manchmal scheint dich dein Lebenswürfel erdrücken zu wollen, denn manchmal rücken die Wände dessen immer näher und du musst sie laut anschreien damit sie wieder an ihren Platz weichen.
Der Würfel ist dein Leben, deine Hoffnung und deine ewige Zuflucht. Er bewahrt dich vor allem schlechten und vor schrecklich gutem.
Das Leben außerhalb des Würfels hast du vergessen. Du hast Ruhe in dir selbst gefunden. Keine Verletzlichkeit der Seele und keine herben Enttäuschungen mehr. Dein Würfel wird dich niemals enttäuschen.
Du lehnst dich wieder an und legst den Kopf an die rauen Innenflächen deines Schutzes. Du flüsterst dem Würfel leise Liebkosungen zu und fährst mit der Hand über den Boden. Zu Lieben zu was du vertrauen hast, wirst du nie verlernen.
Du erinnerst dich an die Tinten gefärbte Welt vor deinem Sein im Würfel und du frierst.
Wenn du müde bist, kannst du schlafen, bist du wach hast du Zufriedenheit.
Und doch glimmt der Docht unaufhörlich weiter.
Ein tiefer Atemzug genügt und er entflammt. Du atmest tief ein, vergisst was passiert. Der Docht entflammt und du hast das Bedürfnis dich aufzurichten, zu strecken. Das Bedürfnis nach Licht und Tag und Nacht erwacht ihn dir.
Deine kleine Welt wird dir zu eng. Du willst ihr entfliehen. Du möchtest lieber deinen Schutz aufgeben und in die kalte Welt zurück. Gedanken haben dich übermannt und du kommst nicht gegen sie an. Die Wände des Würfels kommen dir bedrohlich vor und die raue Beschaffenheit wird zu etwas Fremden.
Die Stille schnürt dir Luft ab und du sehnst dich nach etwas Lärm. Du schreist, aber dein Schall kommt zu dir zurück. Du hämmerst mit den Fäusten gegen die Wände. Du möchtest weg von deinem Würfel.

*

Eine Wiese, sonnig und Leute die du magst. Der Hauch des Sommers und das Lachen in deinen Ohren. Du hast dir nie etwas anderes gewünscht.
Du liegst auf dem grünen Untergrund und schaust in den Himmel. Sonnenstrahlen kitzeln deine Augenwinkel. Gefühle des Glücks die dich überwältigen. Die Realität verloren. Es ist Tag, doch darüber denkst du gar nicht nach.
Alles scheint endlos, die Wiese, dein Leben und das Glück das du verspürst.
Und doch ist etwas in dir, was dir sagt, dass es nicht ewig so weiter geht. Doch du verdrängst diese Gedanken mit einer Handbewegung, als wolltest du eine Fliege verscheuchen. Du brauchst und willst nichts anderes als dieses Glück, die Sonne und deinen Einklang damit.
Die Welt in warme Sonne getaucht, du mit halbgeschlossenen Augen, um dich herum Blumen, wie du sie magst.
Du kannst das Gras in deinem Nacken spüren, welches dich kitzelt und den Geruch der Blumen riechen, der ohne lange nachzufragen, in deine Nase fährt.
Die Hoffnung ist deine Freiheit. Du genießt sie. Es sollte nie anders sein.
Fast hättest du dich verloren gefühlt, doch du passt dich der Natur die dich umgibt nahezu perfekt an, sodass es niemandem aufgefallen wäre.
Du weißt genau, die schrecklich guten Sachen passieren nicht sehr oft im Leben.
Du hast Ruhe in dir und fühlst dich geborgen in deiner Freiheit.
Wieder schließt du deine Augen.

Öffnest sie wieder und schaust in den Himmel und erschrickst. Über dir fliegen Kampfflugzeuge. Du springst auf, die Wiese ist rot; roter Lebenssaft der zu dir schreit und von allen Seiten kriecht Angst in dich. Die Freiheit bedrängt dich und du wünschst dich fort von diesem Ort, der deine Zufriedenheit widerspiegelte.
Die Sonne brennt auf deiner Haut, jede Idylle ist verloren. Gedanken die verscheucht waren, drängen sich in deinem Kopf. Du schreist und bekommst als Antwort dein leeres Echo zurück.
Du presst deine Hände auf die Ohren, um nicht zu hören was du nicht hören willst.
Du setzt dich auf den Boden, ziehst die Beine an und legst deinen Kopf auf die Knie, kneifst fest die Augen zusammen. Dein einziger Wunsch ist ein Würfel mit Ruhe und Geborgenheit, der nur dir gehört.
Jamie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.05.2007, 18:11   #2
rollingstoned
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 29


Wow ... erstmal: findich stark . Lediglich den Schluss finde ich etwas bedrückend ;-) tja, so ist das eben - angenehme Worte sind halt fast nie wahr und wahre Worte selten angenehm. Ich finde vor allem die Szenen aus dem Inneren des Würfels sehr gut, ich konnte es mir ziemlich plastisch machen. Außerdem ist das Thema so klar und doch so vielfältig übertragbar. Also - tenpeuntsforjermennie

PS: Wo kriegt man eigentlich diese Würfel ?
rollingstoned ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.05.2007, 12:09   #3
Jamie
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 11


mh naja es sollte ja auch etwas bedrückend sein, denn ich wollte damit sagen, dass glück nie lange bleibt und man sich immer der realität bewusst sein muss und dass man mit dem, was man hat nie zufrieden ist.
in dem fall wünschen sich alle menschen ein leben (würfel) mit ruhe, geborgenheit, sorglosigkeit und im endeffekt ist der mensch doch nie zufrieden. ist er ohne diesen schutz geht dies eine zeitlang gut bis wieder schlechte zeiten anbrechen (wiese mit flugzeugen) und dann wünscht er sich doch wieder dahin, wo er anfangs nicht sein wollte. der würfel wird wieder zu diesem wunschdenken, das alle irgendwie brauchen, denn sonst geht jeder sinn verloren.
einfach eine gegenüberstellung von der mischung aus gut und schlecht, von nach- und vorteilen.

ps: schau doch mal im aldi vorbei oder mach dir quadratische gedanken
Jamie ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Kaltes Glück




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.