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Alt 07.02.2018, 21:20   #1
männlich thelizardking
 
Dabei seit: 09/2016
Beiträge: 37

Standard Wie den Überblick über ein Werk behalten?

Guten Abend liebe Poetry-Gemeinde,

ich möchte eine ebenso primitive wie existentielle Frage stellen:

Wie schafft man es, den Überblick über ein (Roman)Werk zu behalten, wenn man sich nicht einmal über drei Sätze hinweg konzentrieren kann? (Das betrifft die Storyline etc. ...)

Geht es auch anderen so oder sollte ich mich lieber in die Hände eines Hirnspezialisten begeben? Ich wünschte, das vermeiden zu können.

Liebe Grüße
thelizardking
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Alt 07.02.2018, 22:31   #2
weiblich Ilka-Maria
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Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 30.982

Zitat:
Zitat von thelizardking Beitrag anzeigen
ich möchte eine ebenso primitive wie existentielle Frage stellen:

Wie schafft man es, den Überblick über ein (Roman)Werk zu behalten, wenn man sich nicht einmal über drei Sätze hinweg konzentrieren kann? (Das betrifft die Storyline etc. ...)
Diese Frage ist nicht primitiv, sondern spricht den Dreh- und Angelpunkt des kreativen Schreibens an. Die meisten Menschen machen den Fehler, zu glauben, eine Geschichte zu schreiben, sei ganz einfach: Man habe die Story ja im Kopf, fange einfach an, und der Rest ergebe sich von selbst.

Tatsächlich ist aber gründliche Vorarbeit der Schlüssel zum Werk, und diese kostet Zeit, Geduld und Stehvermögen.

Zunächst ist erforderlich, die Hauptfiguren zu entwickeln, also Protagonisten, Antagonisten und die wichtigsten Nebenfiguren, und zwar so, dass sie nicht stereotyp sind, sondern Tiefe haben (Lebensläufe erstellen!). Es sollten nicht zu viele Figuren sein bzw. die weniger wichtigen Figuren brauchen nur wenig oder gar nicht entwickelt zu sein. Aus der Konstallation dieser Figuren sollte sich der Konflikt ergeben, den der Protagonist zu lösen hat.

Die Story sollte in einem ersten Schritt als eine kurze Inhaltsangabe (Exposé) entworfen werden, die dann in einzelne, stärker ausgearbeitete Szenen gegliedert wird (Treatment). Daran kann sich der Autor beim Schreiben des Romans entlanghangeln, ohne abzudriften. Auch wird so verhindert, dass sich unlogische Zusammenhänge einschleichen.

Der Autor sollte beim Entwurf der Szenen auch gleich berücksichtigen, wo er die sogenannten "Plot Points" setzt, also die Ereignisse, die der Geschichte eine Wendung bringen und den Protagonisten vor eine neue Prüfung stellen. Der Konflikt sollte spätestens am Ende des ersten Drittels klar herausgearbeitet sein und in der Mitte der Geschichte einem Höhepunkt entgegenstreben. Ab dann beginnt die Lösung des Problems, die noch einmal im letzten Drittel auf Widerstände stößt, bis der Protagnost entweder als Sieger hervorgeht (er hat sich entwickelt) oder scheitert (er hat sich nicht entwickelt).

Dies nur mal als grober Überblick.

Ich habe vor zwei Jahren ein Drehbuch geschrieben und habe davor genau diese Schritte eingehalten: Figurenentwicklung, Exposé, Treatment. Das Schreiben des Drehbuchs lief danach wie geschmiert.

Beim zweiten Drehbuch habe ich vor Ungeduld den Fehler gemacht, draufloszuschreiben ... und es ging schief. Ich musste quasi die Hausarbeiten nachholen und dann das bereits Geschriebene überarbeiten. Diesen Umweg hätte ich mir ersparen können.

Ich hoffe, meine Ausführungen helfen dir.

Beste Grüße
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.02.2018, 08:05   #3
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 60
Beiträge: 6.680

Zitat:
Wie schafft man es, den Überblick über ein (Roman)Werk zu behalten, wenn man sich nicht einmal über drei Sätze hinweg konzentrieren kann? (Das betrifft die Storyline etc. ...)
Den Ausführungen von Ilka ist nicht mehr viel hinzufügen, trotzdem möchte ich noch kurz schildern, wie ich es mittlerweile mache: Ehe ich anfange zu schreiben, habe ich mir die Story in groben Zügen überlegt und manchmal auch schon ganze Absätze in Gedanken formuliert. Und dann schreibe ich quasi aus meinem Gedächtnis ab.
Wichtig ist, dass man auf einen Schluss hinschreibt, sonst kommt man nicht weiter.

Sich vorzunehmen, "heute schreibe ich mal 10 Seiten, weil ich Zeit habe", ohne eine Idee vorher, wo die Reise überhaupt hingehen soll, funktioniert meines Erachtens nach nicht (vielleicht bei Berufsschriftstellern, die einen Auftrag erfüllen müssen).

Wenn mich die Muse nicht küsst, lasse ich es einfach sein. Wenn ich Zeit habe, lese ich dann lieber ein Buch, das regt die Fantasie fürs Schreiben nämlich auch an.

LG DieSilbermöwe
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durchhalten, episch, konzentration

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