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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 21.11.2021, 19:32   #1
männlich Ex-Lichtsohn
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Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.493

Standard kein.licht

leise wiegt der sanfte wind
baum und ast und strauch
jedes wörtlein fehlt so sehr
und das stimmchen auch
papas tränen tropfen schwer
auf das kleine grab
seine augen wirken leer
so als gäbs ihn selbst nicht mehr

zu silvester kommt er her
steil den weg hinauf
das alte krämerhaus steht leer
und der laden auch

schwefelhölzchen gibts nicht mehr
bei ihm zum verkauf

Ex-Lichtsohn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.11.2021, 20:42   #2
männlich MonoTon
 
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Dabei seit: 04/2021
Beiträge: 1.107

Hallo Lichtsohn

Zitat:
leise wiegt der sanfte wind
baum und ast und strauch
jedes wörtlein fehlt so sehr
und das stimmchen auch
papas tränen tropfen schwer
auf das kleine grab
seine augen wirken leer
Der komplette Strophenpart war sehr angenehm und melancholisch zu lesen, ein sehr schöner Sprachfluss der eine gewisse schwere mit sich trägt, eine sehnsüchtige tiefe Trauer über etwas verlorenes.

der Inhalt der Strophe lässt mich deuten, dass es sich beim geschilderten wohl um Kindstot handelt. Und einen Vater dessen Lebensmut damit einhergehend auf der Strecke lässt.

Zitat:
so als gäbs ihn selbst nicht mehr
der plötzliche Bruch des melancholischen Tones verweist auf die Realität und das realisieren des Vaters. Jener hat etwas verloren, dass ihn selbst ausmachte. Ihm Sinn gab.

Zitat:
zu silvester kommt er her
steil den weg hinauf
das alte krämerhaus steht leer
und der laden auch
Die Strophe wirkt eher wie ein Füllsel und ich vermute dass es so gewollt ist, da es aufzeigen soll dass dem Vater nichts mehr wichtig ist. Es wirkt als käme der Vater zurück an einen einst verlassenen und hinter sich gelassenen Ort. Ein lösen von alten Erinnerungen und ein resümieren und schwelgen in Gedanken. Das "Aufsteigen/Gegen an steigen" zeigt wunderbar die Schwere der Schritte, mit der sich der Vater überwindet an den Ort zurück zu kehren und dem Kind an Neujahr zu Gedenken.

Zitat:
schwefelhölzchen gibts nicht mehr
bei ihm zum verkauf
Ich fand mich erinnert an ein altes Märchen "das Mädchen mit den Schwefelhölzchen"
In dem Zusammenhang lese ich nicht mehr nur Melancholie und Trauer aus den Worten des Vaters, sondern auch so etwas wie leichte Reue und ein stilles hoffen um Vergebung.

Ob dein Gedicht eine Anlehnung an das Märchen ist, nur aus Sicht des Vaters oder auch nicht tut eigentlich nichts zur Sache. Es hat mich nur sehr daran erinnert und genau aus diesem Blickpunkt abgeholt. Ich habe es sehr gerne gelesen.

Die durchgängige Kleinschreibung erzielt im übrigen auch eine Wirkung, wenn auch mehr eine Passive....sie gab mir das Gefühl, dass sich der Vater lieber klein hält und eher eine introvertierte Lebenseinstellung für sich gewählt hat.
Es passt sehr gut.

Zudem fiel mir auf, das alle Zeilen im Trochäus stehen, nur eine nicht

Zeile 11
Zitat:
das alte krämerhaus steht leer
diese beginnt jambisch.
Ich bin kurz gestolpert, aber bemerkte dann das der Zeile das "steile Aufsteigen" voran geht und empfand es als sehr innovativ und geschickt gesetzten "Stolperstein".

LG Mono
MonoTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.11.2021, 12:31   #3
männlich Ex-Lichtsohn
abgemeldet
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.493

Hallo Mono,

vielen lieben Dank für die Arbeit die Du Dir mit diesem bescheidenen lyrischen Gehversuch gemacht hast. Deine Anmerkungen helfen mir sehr dabei einen "professionellen" Blick auf meine eigenen Zeilen zu werfen - obwohl ich genau das eigentlich nie mache - zumindest nicht beim Schreiben solcher Texte

Versteh mich aber bitte nicht falsch: eigentlich sollte ich beim Schreiben auf solche Dinge achten - es wäre gut und es gäbe mir sicher ab und an die Möglichkeit einige Texte durchaus "besser, trefflicher und aussagekräftiger" zu gestalten.

Das vorliegende Textblättlein zählt zum Kreis der "ich-möchte-eine-Geschichte-aus-einer-anderen-Perspektive-erzählen" womit ich mich zwischendurch immer wieder beschäftigt habe, einige Beispiele dafür finden sich hier in diesem Forum, aber auch sie erheben keinen Anspruch auf Professionalität - ich persönlich zähle wohl zur Sorte der "Bauchschreiber", mags aber eigentlich nicht so gern in irgendeine Schublade gesteckt zu werden - ich glaube das mag niemand so gern.

Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen hat mich als Märchen sehr berührt und ich wollte schon seit längerer Zeit einen Text dazu schreiben. Dann ist mir genau das passiert was mir eigentlich recht häufig passiert: ich hab alle Konstruktionen mit Inhalt und Anlehnung an das Märchen verworfen und in "einem Ruck" erzählt" - das Produkt findet sich hier und Du warst so nett und hast es für mich sehr sehr ausführlich analysiert - wofür ich mich ganz ausdrücklich herzlich bedanken möchte.

Alle Liebe in deinen Tag
ein
Lichtsohn
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