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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 26.07.2010, 17:55   #1
Thing
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Standard Meister der Unendlichkeit...?

Wer in sich ruht, der steht
in die Unendlichkeit gebaut,
ist Fundament, Turm, Wurzel, Stein.
So fest gegründet geht
an ihm, wer immer ihn erschaut,
vorbei als Hauch, Sturm, Welle. Kein
Locken rührt an seine Haut.
Kein Rosenmund, der zitternd fleht:
"Nimm mich zu Deiner letzten Braut!"

Wer in sich ruht, der blickt
ins Jenseits, hinter unsre Zeiten,
weit über Ziel und Raum hinaus.
So, in sich ruhend, schickt
er seinen Geist in hehrem, lichtem Schreiten
und schöpft aus offner Hand daraus
des Universums leichte Möglichkeiten,
ist Erdenschwere weit entrückt
und birgt in sich des Werdens und Vergehens Weiten.
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Alt 28.07.2010, 13:13   #2
männlich Caliban
 
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Mir gefällt der stoische Ansatz, ich lese auch einen Hauch Seneca und Nietzsche. Allein, dass die Läuterung, die Gelassenheit mit dem Verzicht auf Locken und Rosenmünder einhergeht, färbt einen unangenehmen Hauch Augustinus und eine säuerliche Hessenote hinein.
Wie guter Kaffee, der zu grob gemahlen und zu heiß aufgebrüht wurde.
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Alt 31.07.2010, 19:21   #3
Thing
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Halli Hallo, Caliban -

ab einem gewissen Alter locken selbst Rosenmünder nicht mehr, da überwiegt wahrhaftig der Stoizismus.
Hat ja auch was für sich: Gelassenheit, innere Ruhe, Kontemplation.

Mich in die Nähe (?) berühmter Philosophen zu rücken, ehrt Dich und mich.
Zu heiß gebrüht?
Ich fürchtete: Kalter Kaffee.

Hab Dank!

Thing
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Alt 01.08.2010, 23:01   #4
Ex-Odiumediae
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Ja, es hätte von Marcus Aurelius selbst stammen können

Genug von der falschen Schleimerei. Das nicht übermäßig, aber dennoch komplexe Reimschema gefällt mir. So sind Reime zwar vorhanden, aber, passend zur Gelassenheit und inneren Ruhe des Lyrischen Ichs, nicht aufdringlich. Ist das Absicht? Ich vermute es mal. Die Enjambements haben auch etwas ästhetisches an sich.
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Alt 03.08.2010, 05:40   #5
männlich Ex-Poesieger
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Das gute scheint mir dass es wie eine Schraffur ist, welche erst wirkt je weiter man davon entfernt ist. Es vernebelt die Sinne im Anklang seiner Möglichkeiten;-)

LG RS
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Alt 03.08.2010, 08:16   #6
Thing
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Halli Hallo!

Hephaistos,

Du schmeichelst mir ganz ohne Schleimerei. Marc Aurel, der Besonnene, hätte weitaus besser formuliert.
Das Gedicht entstand in d e m Moment, in dem bewußt ward, daß Vergänglichkeit akzeptiert werden muß.

Poesieger,

nein, nein...
"entnebelt" wäre der bessere Ausdruck.
Aber die "Schraffur" trifft genau ins Zentrum.




Thing
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Alt 03.08.2010, 09:47   #7
männlich Ex-Poesieger
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Also meine Kritik schreibe ich schon noch selber, obwohl ich natürlich deine Meinung zu meinem Kommentar gelten lasse;-) Beim Kommentieren eines Kommentars beißt sich die Katze ja bekanntlich in den Schwanz und Hinweise auf die Lesart vom Autor zu bekommen ist doch zweifelhaft genug um Verdacht zu schöpfen, ob die Idee als solche wohl deine ist? Falls dein Idealbild Kratzer verträgt sei nur "Kinder der Ewigkeit" erwähnt mit dessen Wortwahl und Themenstringenz du hier das Forenpublikum bedienst. Na reicht das um dir den Hinweis auf Zufälligkeit zu entlocken?

LG RS
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Alt 03.08.2010, 10:30   #8
Thing
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Halli Hallo!

Lieber Poesieger, ich verstehe Deine nichtwohlwollende Replik überhaupt nicht.
Ich hatte gewähnt, mich über ein Lob zu freuen, und jetzt fürchte ich, daß Du mir verbal an den Karren gefahren bist.

Was hat "Themenstringenz" mit Poesie zu tun?
Soll ich festgelegt sein?

"Kinder der Ewigkeit" kenne ich nicht. Klingt irgendwie nach Schlager von Nena.

Kläre bitte einen uralten "Dichter" auf!

Thing
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Alt 03.08.2010, 12:11   #9
männlich Ex-Poesieger
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Beiträge: 7.220

Dann betrachte es als Empfehlung : Andreas Brandhorst "Kinder der Ewigkeit". Vielleicht kommst du dann auf den Schwachpunkt, den ich mit vernebelt andeutete. Falls das überhaupt für dich akzeptabel ist von Schwachpunkt zu sprechen, da dieses Gedicht sich in einem entscheidenden Punkt von diesem Roman unterscheidet, der ungewöhnlich ist , und wohl eher als inverse Schutzbehauptung gebraucht wird. Keine Angst dass musste so raus, ansonsten haette ich dich der Lüge bezichtigen müssen. Von daher ist die Wahl des Tones schon entscheidend, egal ob Gedicht, Kommentar, kommentierter Kommentar oder Roman. Wahrscheinlich werde ich es nicht weiter erklären, wenn du gestattest;-)

LG RS
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Alt 08.08.2010, 12:54   #10
männlich movfaltin
 
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Hi,

gefällt mir. Zwar (das moniere ich chronisch) kein striktes Metrum, aber eine sehrsehr gelungene Form. Klingt hochgradig lyrisch und nach richtigem Können (denn nach exkruzierendem Versuch). Einzig das "ist Erdenschwere weit entrückt" hört sich etwas deppert an, nach meinem Dafürhalten (vor allem dieses halbanaphorische "ist").
Inhaltlich nicht ganz so gelungen wie formal; halt einfach ein schon öfter dagewesenes Thema ohne sonderlich neue Aspekte. Aber eben: Schön verpackt!

Tja, weiter so und viele Grüße nach - äh - Madrid (die Fußballmetropole)?
Mov
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Alt 23.08.2010, 10:10   #11
Thing
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Halli, Hallo!

Poesieger, selbstverständlich gestatte ich Dir alles, obwohl das jetzt hochnäsig klingen mag. Ich lasse mich auch gerne eines Besseren belehren, denn (glaube es mir!) selbst in meinem Alter lerne ich gerne noch dazu!
Lieben Gruß!

movfaltin, hab Dank für den Kommentar!
Bei ernsten Themen werde ich immer wieder lyrisch (oder poetisch?), dann entgleitet mir oft das strenge Metrum, weil ich einer gefühlten Melodie folge.
Wie könnte ich das "ist Erdenschwere weit entrückt" verbessern? Ich habe mir vergeblich den Kopf zerbrochen und wäre für Unterstützung sehr dankbar.
Zum Thema:
Gibt es denn etwas Neues unter der Sonne?
Ich freue mich über Dein Lob!
Lieben Gruß!

Thing
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Alt 23.08.2010, 19:06   #12
männlich movfaltin
 
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Ort: Glei newwa da Elegdrisch
Alter: 42
Beiträge: 130

Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
Wie könnte ich das "ist Erdenschwere weit entrückt" verbessern? Ich habe mir vergeblich den Kopf zerbrochen und wäre für Unterstützung sehr dankbar.
"Ich seh zurück, wie Tag um Tag | So müheschwer vorrüberrollte | Nun endlich fand ich was ich wollte | Und was ich korrigieren mag" (frei nach Rilke, "Als ich die Uni bezog" oder so).
Was ich besser fänd, wär eine Prise Enjambement, das klänge dann (für meine Ohren, eh alles subjektiv) etwas flüssiger, etwa so:

Wer in sich ruht, der blickt
Ins Jenseits, hinter uns're Zeiten
Weit über Ziel und Raum hinaus
Und ruht in sich und schickt
Den hehren Geist in lichtem Schreiten
Und schöpft aus off'ner Hand daraus
Der Welten leichte Möglichkeiten
Und birgt, der Erdenschwere weit entrückt
In sich des Werdens und Vergehens Weiten

Das klingt zwar immer noch nicht perfekt in meinen Ohren (Schlusszeilen je 5 statt 4), ist aber auch bloß als Anregung aus der Lamäng gemeint. "Weit über" hat noch nen kleinen Knacks (nämlich eine reguläre Betonung auf "weit", die nicht ins Schema passt). Und das "Und...Und...Und" ist natürlich über die Maßen hässlich.

Cheers,
Mov
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Alt 24.08.2010, 11:21   #13
weiblich Rosenblüte
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Beiträge: 2.163

Hallo Thing,

ich mag dein Gedicht. Es ist zeitlos, schön, inhaltsschwer und trotzdem mit so leichter Hand geschrieben, dass das Lesen Freude macht.

Movs Vorschlag finde ich sehr gut.

Ich finde allerdings, dass das "in sich ruhen" ein wenig überstrapaziert wird. In S2 Z4 würde ich es weglassen.

Lieben Gruß
Rosenblüte
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Alt 24.08.2010, 21:24   #14
Thing
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Halli Hallo,

movfalting, ja - das klingt besser und schwingt auch in der gleichen Melodie.
Leider ist es kompliziert, hier einen Text zu ändern,; ich muß den Admin. darum bitten.
Hab Dank!

Rosenblüte

danke ich auch für den einfühlsamen Kommentar.
Wenn sie einmal in meinem Alter sein wird, wird sie das "In-sich-Ruhen" nicht mehr überstrapaziert finden.

Grüße!


Thing
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