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Alt 09.12.2014, 21:09   #1
männlich p3ziii
 
Benutzerbild von p3ziii
 
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Ort: Bern, Schweiz
Alter: 30
Beiträge: 37


Standard Reitschulenfest

Es ist dunkel, kalt und ich laufe durch Berns Gassen auf der Route zur Betrunkenheit.
Ein Ort in Bern hat für alle Menschen ihre Bar, Tür und Tor geöffnet - die Reitschule.
Ich nähere mich der Schützenmatte, einem grossen Parkplatz dicht mit Fahrzeugen aller Art bestückt. Zwischen diesen Fahrzeugen und auch an der Strasse stehen sie schon - die schwarzen Drogendealer. Sie begrüssen mich freundlich und fragen, wie es so geht. Ich ignoriere sie und passiere die hellen Graffitis unter der Brücke. Es gibt jede Woche etwas neues zu bestauen.
Auf dem mit Alkoholflaschen und Plastikbechern zugemüllte Vorplatz angelangt, steigt mir der Geruch von Mariuhana, Zigarettenrauch und eine leichter Geschmack von Ammoniak in die Nase.
Heute ist richtig viel los, die Leute schreien, jubeln, diskutieren, lachen. Ein junger Mann, Mitte zwanzig, dunkel gekleidet, zündet gerade ein Plakat an - Überbleibsel "Tanz dich Frei" Tanzdemo, antwortet er, als ich frage was dies sei.
Es liegt Spannung in der Luft, die Pratenbar auf dem Vorplatz heizt die Menschen mit antikapitalistischen und auch exekutivfeindlichen Liedern auf.
Dazu wird günstig gutes Bier ausgeschenkt. Einen Steinwurf davon entfernt geselle ich mich zu Freunden, wir diskutieren und gestikulieren über wichtiges und anderes.
Es ist nun tiefe Nacht. Der Mond versteckt sich hinter dunkeln Wolken.
Der kalte Wind zwingt die Menschen langsam nach innen, in das sous le pont oder das Rössli. Auch wir haben kalt und machen uns auf ins Rössli, als gerade schätzungsweise ein Dutzend Schwarze an uns vorbei in den Innenhof der Reitschule drängen.
Alles klar, auf dem Schützenmattenparkplatz sind drei Kastenwagen der Polizei vorgefahren.
Die Polizisten stürmen aus den Wagen und platzieren sich rund um die Reithalle. Die Lage auf dem Vorplatz wird ungemütlich und wir verziehen uns ebenfalls in den Innenhof.

Sicher im Innenhof angelangt hören wir Schreie, Steine auf Autodächer niederschlagen und das Knallen von Gummischrot.
Hinter uns öffnet sich eine Türe und es tauchen dunkelgekleidete maskierte Männer auf, die auf den Vorplatz rennen - der schwarze Block.
Aus den Lautsprechern der Piratenbar wird immer noch Musik gespielt, immer dasselbe Lied. - "FUCK THE POLICE". Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt, angepeitscht durch den Hochfrequenten Bass, Provokation pur auf dem Vorplatz der Berner Reitschule.
Wir sitzen in Anbetracht der Umstände unberührt bei einem Bier um einen Tisch im Innenhof, als zwischen meine Füsse eine Dose rollt. Aus dieser silbernen kapselartigen Dose steigt heller Rauch auf und schliesst uns im nu ein. Meine Augen beginnen zu tränen, das Atmen geht schwer - Tränengas.
Wir stehen sofort auf und versuchen, irgendwie an den dichtgedrängten in Panik geratenen Menschen hindurch an mächtigen Mauern entlang durch den Hintereingang ins Freie zu gelangen. Endlich auf der Strasse angelangt, waschen wir unsere heissen und geröteten Gesichter mit Wasser des Brunnens aus. Als wir wieder einigermassen aus den Augen sehen, wird uns das Ausmass der Zerstörungswut klar. Wo sonst eigentlich Müllkontainer stehen, liegt nur noch einen Haufen verbranntes Plastik. Die Strassen sind nun voller Glassplitter, ein Gefühl als ob man über scharfe Kieselsteine läuft. Wir umrunden in einem grossen Bogen die Reithalle.
Um ca. 03:00Uhr morgens, als noch wild geschrien und Schrot geschossen wird, erreichen wir den Hauptbahnhof. Dort angekommen spekulieren wir über die Vorkommnisse und fragen uns, weshalb die Polizei aufgekreutzt ist, und dieser massive Polizeieinsatz gerechtfertigt war.
Die frische Nachtluft treibt mich zu einem raschen Fussmarsch nach Hause an.
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