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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 20.04.2015, 07:48   #1
Thing
R.I.P.
 
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Standard Nebel

Wie der Nebel sank. Und wie er wieder steigt!
Ich habe diese unsre Nacht verwacht; bedacht
des Fährmanns lockendes Gebot verlacht,
und dennoch meine Münzen abgezweigt.

Der halbe Mond: Ich habe kindlich mich verneigt.
Das Boot, das Boot: Es trägt die dunkle Fracht.
Allerletztes ward vor Jahren schon vollbracht.
Dämmernd und verdämmernd hat es sich gezeigt.

Gnädig hat der blasse Nebel mir gewaltet.
An seinem Mantel haften kaum Konturen.
Diffuses und Geahntes wird aufs Neu gestaltet.

Ich folge zögernd unwach seinen Spuren.
Ich wünsche Euch, daß Ihr für Euch behaltet,
was ich verlor: Des Lebens wahre Fluren.







ad hoc
Sept. 2014

Geändert von Thing (20.04.2015 um 10:05 Uhr)
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Alt 20.04.2015, 09:41   #2
männlich Zebastianz
 
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Ort: Bad Oldesloe
Alter: 44
Beiträge: 121

Ein schönes, dunkles Sonett mit eindringlicher, bildhafter Sprache. Es fällt auf, dass hier und da der Lesefluss etwas stockt. Vor allem ist mir das in S2Z3 aufgefallen. Dennoch wird die suizidale Stimmung eindrücklich und kraftvoll vermittelt.
Zebastianz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.04.2015, 11:01   #3
männlich Ex-Poesieger
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Dabei seit: 11/2009
Beiträge: 7.220

Ach ja! Ein einziger Trost unter den vielen.

MFG
Ex-Poesieger ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.04.2015, 12:43   #4
männlich Walter
 
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Dabei seit: 02/2012
Ort: Ludwigshafen am Rhein
Beiträge: 905

Standard Respekt und Anerkennung

Lieber Thing,

das sind Verse zur letzten Reise, die mit ihren ausgezeichneten Bildern schon sehr theatralisch wirken und den Leser in den Strom des Unumgänglichen mit einbeziehen. Die kindliche Verneigung vor Charon und seiner Fracht, die Unsicherheit am eigenen Ich, das Hin-und-her-gerissen-Werden, und die versteckte Angst, dem Tod, diesem Thanatos, die Hand zu reichen, ist gewiss kein Einzelfall.

Am schlimmsten aber ist es, wenn man dieses Eine verliert oder es nicht mehr erreichen kann:

Zitat:
Des Lebens wahre Fluren
Ein ehrliches und zugleich erschütterndes Gedicht,
welches sich durch die präzise und kunstvolle Auswahl seiner Worte auszeichnet
und damit durch seinen Eindruck Deinem poetischen Werk Respekt und Anerkennung verleiht.

Gerne gelesen!

Liebe Grüße in den Frühling,
Walter
Walter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.04.2015, 14:49   #5
männlich Pit Bull
 
Benutzerbild von Pit Bull
 
Dabei seit: 08/2012
Ort: Berlin
Beiträge: 1.878

Liebe Thing,

dies ist eines von mir favorisierten „Fährmann“-Gedichten - du hattest die Thematik im Kern zumindest schon öfter am Wickel (es könnte auch eine Art Zyklus sein).

Die Emphase in S2V2 finde ich gelungen und als „Liebhaber“ deiner Sprachkünste mag ich das Gedicht insgesamt sowieso.

VG Pitti
Pit Bull ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.04.2015, 10:18   #6
weiblich shoshin
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2014
Beiträge: 1.073

Liebes Thing,

Ich möchte jetzt gar nicht auf den düsteren Inhalt eingehen (der mir natürlich nahe geht und ist).

Ich bin wie Pit Bull und Walter ein Fan deiner lyrischen Sprache.

Da gibt es einfach so wunderbare Bilder und Verse und eine schöne Reimführung.

Zitat:
An seinem Mantel haften kaum Konturen.
Ein geniales Nebelbild und mein Lieblingsvers!

Was mir auch sehr gut gefällt zu diesem schwermütigem Thema sind die ausschließlich männlichen Kadenzen in den ersten beiden Strophen und erst mit den Nebelbildern kommt die (traurige) Weichheit der weiblichen Kadenzen ins Spiel.

Nachdem "ad hoc" unter dem Gedicht steht, nehme ich an, dass du aus einer unmittelbaren, beunruhigten und intensiven Gefühlregung heraus geschrieben hast und daher vielleicht nichts an diesem Gedicht ändern willst/kannst.

Aber es würde diesem wunderschönen Gedicht meines Erachtens - aus der Sicht der Leserin - gut tun, es wirklich sonettmäßig (also durchgehend Jambus, 5hebig, gleiches Vermaß) zu gestalten. Ich weiß, da redet die Richtige. Ich schaffe es aus der Schreibersicht auch selten, an die Leser zu denken. Irgendwie habe ich aber das Gefühl, die Magie dieses Gedichtes könnte dann (noch) besser in die Leserseelen fließen.

Lieben Gruß
shoshin
shoshin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.04.2015, 15:05   #7
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Nebel

Hallo Thing,

abgesehen davon, dass ich selbst kein Sonett-Schreiber bin und auch nur wenig Umgang damit hatte und habe, hat mich dieses, weil ich es als außergewöhnlich empfinde, stark beeindruckt. Natürlich ist es dir durch gekonnt gewählte Stilmittel (Doppelungen), und da unterstelle ich dir, dass sie von innen heraus gekommen sind, gelungen, die Eindringlichkeit der Querung des Totenflusses anzumahnen und mit all seinen Zweifeln (Nebel sinken und steigen) stehen zu lassen. Ein Werk, das man nur mit dem Hintergrund persönlichen Erlebens, welcher Art auch immer, schreiben kann.
Ein Können (fast) aus dem Jenseits.

Gruß Lewin.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.04.2015, 16:07   #8
Thing
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Liebe Freunde,

ich danke Euch allen sehr für die lieben und lobenden Kommentare.
Vorerst aus Zeitnot summarisch.

Bis später!

Immer:
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.04.2015, 23:12   #9
weiblich scrabblix
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Mitten im Revier
Beiträge: 375

Liebes Thing,

mit jedem neuerlichen Lesen gewinnt dein Sonett an Eindringlichkeit. Einfach genial!

Liebe Grüße
scrabblix
scrabblix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.05.2015, 17:12   #10
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Liebe scrabblix -

danke!


Glücklichen Gruß
v.
Thing
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Alt 21.06.2015, 11:08   #11
Thing
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Beiträge: 34.998

Standard Hallo Zebastainz -

Zitat:
Zitat von Zebastianz Beitrag anzeigen
Ein schönes, dunkles Sonett mit eindringlicher, bildhafter Sprache. Es fällt auf, dass hier und da der Lesefluss etwas stockt. Vor allem ist mir das in S2Z3 aufgefallen. Dennoch wird die suizidale Stimmung eindrücklich und kraftvoll vermittelt.
Hab Dank für den Kommentar!
Ja, ich werd oft darauf aufmerksam gemacht, daß die Metrik nicht stimmt.

Und wo steckst Du eigentlich?
Machst Dich sehr rar!


LG
v.
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2015, 11:13   #12
Thing
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Beiträge: 34.998

Zitat:
Zitat von Walter Beitrag anzeigen
Lieber Thing,




Ein ehrliches und zugleich erschütterndes Gedicht,
welches sich durch die präzise und kunstvolle Auswahl seiner Worte auszeichnet

Walter
Lieber Walter,


Dein Lob ist mir Nektar und Ambrosia zugleich.
Wie wir uns doch verstehen!

Hab Dank
vom
Thing
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