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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 20.10.2016, 00:38   #1
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878

Standard Mein alter Freund

Ich sah dich noch vor vierzehn Tagen
im Kreis von lieben Freunden froh vereint.
Dein großes Herz, mein guter alter Freund,
hat heute aufgehört zu schlagen,
der Tod hat deine Augen fest verschlossen;
aus meinen sind die Tränen mir geflossen.

Mein lieber Freund, du warst für mich ein Vater,
du wusstest von verborgnen alten Wunden.
Du hast mit klugem Sinn als mein Berater
für mich den einzgen rechten Weg gefunden.
Die hohe Stirn lass mich noch einmal küssen,
ich weine, Freund, und werde dich vermissen.

Dein fester Christenglaube lässt dich heute
vor Gott, dem Weltenrichter knien.
Ich denke, deine Sünden, tief bereute,
die sind vom Herrn dir längst verziehn.
Die Hölle, glaub mir, wird dich nicht bekommen,
ein Cherub ruft: Sei uns willkommen!
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.10.2016, 18:53   #2
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Lieber Heinz,
deine Texte besitzen oft eine Theatralik die mir gut gefällt, da sie herausragt. In diesem Text mag sie mir nicht so recht gefallen. Eine düsterer beklemmende Stimmung will nicht aufkommen. Trotzdem habe ich es gern gelesen!

Liebe Grüße Gylon
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.10.2016, 20:21   #3
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878

Lieber Gylon,
so kann man sich irren - kann ich mich irren, um es genauer zu sagen. Ich dachte (offenbar falsch gedacht), ein ruhiges, fast emotionsarmes Ding geschrieben zu haben - der Tod eines alten (an Jahre alten) Freundes, eines tiefgläubigen, dem Tod mit Gelassenheit entgegen sehenden väterlichen Freundes - und, na ja, immer volle Pulle kann anstrengend sein. Für Dein "trotzdem gern gelesen" vielen Dank!
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.10.2016, 16:59   #4
männlich talking head
 
Dabei seit: 05/2016
Ort: NRW
Alter: 63
Beiträge: 754

Standard emotionsarmes ding

hallo Heinz,

überwiegend kraftvoll feststellende, abgeschlossene Sätze, eher wie in einem der Genauigkeit verpflichteten Bericht denn einem Trauergesang; auch noch nicht wie ein Rückblick auf ein 40jähriges Dienstjubiläum, aber es hat davon etwas. Innere Bewegung trotzdem sichtbar. Gern gelesen.

LG, th
talking head ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.10.2016, 17:56   #5
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878

Lieber talking head,
das Gedicht ist ja eher ein Monolog am Totenbett meines Freundes. Zu seinen Gunsten nehme ich an, dass er mich hören konnte (er war, wie im Gedicht angemerkt, ein sehr gläubiger Christ). Als mein Professor gehörte er zu den Lehrern, die sehr akribisch hinsahen und -hörten, wenn einer anfing zu reden. Da war immer Präzision und Knappheit angesagt. Wie anders hätte ich reden sollen, um bei ihm Gehör zu finden? Meine Tränen wären für ihn Anlass gewesen, sich zu erkundigen, ob mir was ins Auge geflogen sei.
Danke für Dein Reinschauen!
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.10.2016, 21:01   #6
männlich Sonnenwind
 
Benutzerbild von Sonnenwind
 
Dabei seit: 06/2012
Alter: 62
Beiträge: 1.514

Mir gefällt der Text als liebevoller, ehrfürchtiger Nachruf!

Manchen mag aber das Vaterverehrende und der Christengott mit seinem Weltgericht
abschrecken.

LG
Sonnenwind
Sonnenwind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.10.2016, 21:39   #7
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878

Lieber Sonnenwind,
dankeschön fürs Reinschauen! Ich selbst habe mit Christengott und Weltgericht nicht das geringste zu tun. Das ändert nichts an dem Respekt vor Menschen, die ihren Glauben nicht vor sich hertragen, sondern nach dem christlichen Grundsätzen leben. So ein Mann war P.C.D. (und das Kürzel hat absolut nichts mit C.D.P. zu tun - die Ähnlichkeit ist mir selbst gerade ins Auge gesprungen.
Vaterfigur? Zu Beginn unserer Bekanntschaft war er Prof in der Soziologenfakultät und ich war überrascht, was für ein Wissen sich ein einziger Mensch aneignen kann - also mehr Bewunderung als Verehrung. Uns Studenten hat er schon in "väterlicher" Weise behandelt, vielleicht deshalb "du warst für mich ein Vater" - uns trennten allerdings gerade mal 15 Jahre.
Eine Freundschaft findet auf Augenhöhe statt, nicht unbedingt auf intellektueller, und wenn mein kleines Gedicht wie ein liebevoller, ehrfürchtiger Nachruf wirkt, möchte ich das Liebevolle sehr betont wissen.
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
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