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Alt 29.12.2016, 18:15   #1
männlich GeraffelJoe
 
Dabei seit: 12/2016
Ort: Hinter Haus- und Wohnungstür
Alter: 35
Beiträge: 8


Standard Ein Tag auf Malta

7.40 Uhr:
Beim Zähneputzen bemerke ich außer, dass man mit chlorhaltigem Wasser seinen Mundraum wohl am effektivsten desinfizieren kann, auch das der alltägliche Platz des Seins, mein Zuhause luxuriöser ist als ich ihn oftmals empfinde. Hier könnte man sich nun einerseits über das Chlor im Wasserhahn beschweren, auf der anderen Seite jedoch stelle ich als schüchterner „Heimscheißer“ fest,....läuft. So spart mir das Chlor im Wasser immerhin das Müsli zum Frühstück.
8.00 Uhr:
Ich schließe was ich habe im Save ein und laufe über den Gang hin zum Aufzug, welcher mich mit eisener und unerbittlicher Macht, von meinem Frühstück trennt. 1,2 oder 3 Letzte Chance vorbei, ob ihr wirklich richtig steht seht ihr wenn der Aufzug geht. Eine Frau steht vor mir. Sie trägt ein Namensschild und wirkt verschüchtert, klammernd an einem Putzwagen. In gebrochenem Englisch und somit im Rahmen meiner Möglichkeiten, versuche ich sie zu grüßen. Kaum habe ich meine Gedanken sortiert und weiß wie ich das bewerkstellen möchte, erreicht der Aufzug die Aula des Hotels und die junge Frau mit dem Putzwagen verschwindet in einer Traube von Menschen.
8.20 Uhr:
Ich liebe das Chlorwasser! Doch wirklich, ich freue mich das ich heute kein Müsli essen muss. So kann ich etwas verzehren was meinen Stoffwechsel weniger belastet. „Baked Beans and Sausages“ ergänzt von Kaffe der derart stark ist das ich ihn anhand meines Pulses noch in den ansonsten wenig gefühlsbetonten Haarspitzen spüre….und Bacon. Selbstverständlich gibt es auch Obst jedoch bin ich der Meinung im Urlaub sollte man Dinge essen ,welche für den Urlaubsort spezifisch sind und einen Apfel kann ich ja auch zuhause essen.
9.30 Uhr:
Nach dem vielen Essen bewege ich mich zu einer Bushaltestelle um mir einen Überblick über die gesamte Insel zu verschaffen. Ein Hop On- Hop Off Buss soll es richten. Das Konzept finde ich klasse ich fahre um die Insel, sitze auf dem Busdeck und bekomme minutiös Informationen und Hintergründe zur sichtbaren Umgebung. Mann ist ja weltoffen und will was für sich tun. Eigentlich wollte ich einen Leihwagen mieten, jedoch stellte ich bei der ersten Busfahrt und in Stille für mich fest: Im Linksverkehr geht es nicht mit rechten Dingen zu. Während der Busfahrer um die Kurven pest und über Bodenwellen saust, werde ich zum ersten mal skeptisch ob mir das Chlor aus dem Wasserhahn wirklich dauerhaft gut tun wird.
10.27 Uhr:
Der Bus steht und ich fühle mich an meine Arbeit und an zuhause erinnert. Beinahe schon werde ich nostalgisch, denn ich habe nun exakt, exakt zehn Minuten um eine Toilette zu besuchen, mich künstlich über deren Hygiene aufzuregen und im gleichen Atemzug ein Andenken zu kaufen welches das Wort „Klischee“ optisch als auch taktil in Gänze darstellt.
Stimmt aber nicht!! Der Toilettengang verläuft optimistisch betrachtet sehr gut was mir ganze 8 Minuten für den Einkauf lässt. Den Einkauf empfinde ich als einen Spiegel meines Lebens, die kleinen unscheinbare Dinge zeigen mir deutlich was ich haben möchte und wie meine Umwelt funktioniert, während ich bei den vielen großen und mannigfaltig auffälligen Angeboten, das Gefühl entwickle belogen zu werden.
10.37 Uhr:
Weiter geht es der nächste mögliche Stop ist ein Handwerkerdorf. Ich liebe das Handwerk auch wenn es dem Vorurteil unterliegt, das darin befindliche Menschen unpünktlich sind. Jedoch muss man hier entgegenhalten das ein guter, „wirklich guter“ Handwerker nur einmal pünktlich sein müsste, da seine Leistungen / Erzeugnisse derart durchdacht sind, das Folgetermine nicht mehr nötig sind. 10.38 Uhr:Von jetzt an verlasse ich den Bus um auf einem Einhorn weiterzureiten. Gute Arbeit fordert ja auch einen „guten“ Preis, so nieder dieser auch sein mag... jedoch von Zeitmangel sieht man hier nichts, gewissenhaft gehen die Gläßbläßer und Näherinnen ihrem Job, ihrer Berufung nach um ihre Produkte für manchen Besucher empfunden „teuer“ zu verkaufen.
14.35 Uhr:
Valetta, Hauptstatt und Juvel von Malta. Ich erfahre das die Fassaden und der am Hafen gelegene Teil so wie der Rest der Stadt von der Unesko als Weltkulturerbe anerkannt wurden. Das sieht man deutlich an den wunderschönen Fassaden, Kirchen und Parkanlagen. Jedoch fühle ich mich nach einiger Strecke als würde ich das Saarland betreten und stelle fest das die Unesko wohl bei der Auswahl doch eher die touristisch interressanten „Fassaden“ begünstigt hat als die breite Masse der Stadt. Jedoch sehen die Menschen hier überall entspannt, freundlich und gelassen aus. Was bleibt ihnen denn auch anderes übrig denke ich. Es kann ja nicht jeder in Deutschland leben.
16.55 Uhr:
Wir durchfahren eine Weite hügelige Landschaft mit vielen, von Steinmauern umrahmten Feldern. Diese dienen dazu den auf Malta rar, gesähten jedoch sehr fruchtbaren Mutterboden davor zu schützen vom Regen in das Meer getragen zu werden. Hier gibt man sich Mühe und arbeitet mit dem was man hat. Ich vermute die Malteser würden manches Lied von Xavier Nidoo als Gang in den Baumarkt interpretieren. „dieser Weg wird steinig und schwer“ Ein Weg voller Steine kann ja schließlich auch für eine Mauer verwand werden, welche Halt und Schutz gewährt. Jedoch komme ich von dem Gedanken schnell ab, da ich feststelle das in der aktuellen und historischen Lage in Deutschland, ich Mauern nicht allzu romantisch betrachten sollte.
17.28 Uhr:
Ich bereite mich auf das Abendessen vor. Ich bin jetzt seit fünf Minuten wieder zurück im Hotel und schon wieder freue ich mich über das Chlor im Wasser. Entsetzt hatte ich mich gefragt ob ich nach der massiven Gewichtszunahme meinerseits, infolge von „Buffet“ , “All inclusive“ und Alkohol... auf meiner Heimreise noch meinen gebuchten Flug wahrnehmen könne, oder ob ich die Heimreise auf einem für Schwerlasttransporte spezialisierten Meereskreuzer antreten müsse. Ein guter Schluck Chlor löst jedoch nicht nur Probleme, wodurch ich mir einige Kalorien sicherlich sparen werde.
18.10 Uhr:
Buffet...ich bin überfordert und fertig mit der Welt. Will ich jetzt den frischen Fisch und die Rosmarinkartoffeln? Die Muscheln mit Reis Pilav? Die Lammrippchen mit einer lecker nach Koreander riechenden Sauce? Oder oder die mit Kouskous gefüllten Paprika? Nicht vllt. doch lieber die in Balsamico gebratenen Champignons mit Antipasti? Ich nehme mir eine Portion Pommes. Mit ungesüßtem Ketchup, man muss ja auf sich achten. Dazu nehme ich einen Weiswein.
18.24 Uhr:
Jetzt bin ich Stolz immerhin konnte ich mich am Buffet schnell und geziehlt entscheiden. Für gewöhnlich mag ich Entscheidungen nicht, nicht jedoch weil ich keine Entscheidungen mag, sondern weil ich oftmals nicht die Zeit habe die Entscheidungen im Bezug auf das „Für“ und „Wieder“ ausreichend zu bewerten. Kaum freue ich mich hierüber Stelle ich entsetzt fest. Desert!!! Geprügelt erhebe ich mich aus meinem Stuhl und nehme mir unter unmenschlichen Schmerzen einfach von allem was geboten wird etwas mit. Der einzige der derzeit ähnlich gequält ist wie ich, ist wohl wenn überhaupt möglich, mein Teller.
19.14 Uhr:
Der Mann an der Bar scheint mich nicht attraktiv zu finden, irgend wie flirtet er mit allem was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Jedoch muss er langsam und deutlich flirten... da mir die meisten Damen um mich herum im Erklimmen von großstämmigen Staudengewächsen nicht mehr allzu wendig erscheinen. Jedoch schmeckt mein Getränk gut und ich stelle fest,... das reicht mir.
20.40 Uhr:
Ich kann nicht schlafen, im Fernsehen läuft nix.....also entscheide ich, mit einem Hauch von angewiederter Freude: Ich geh jetzt unter Menschen. Aus einem Barbereich unter meinem Zimmer erklingt laute seltsam anmutende Musik. Sie klingt afrikanisch, arabisch oder anderweits befremdlich, entpuppt sich bei genauem Hinhören jedoch als Andrea Berg.
22.00 Uhr:
Ich bin jetzt unter Menschen. Erste eindrücke. Der Mann vor der Tresen schläft besser als ich. Einige der älteren damen versuchen ihre Konversationen sofern auszuschmücken, das sie anfangen mitzusingen und versuchen ihre stoisch unmotivierten Männer auf die Tanzfläche treiben.
22.13 Uhr:
Was ist das?! Ein Rudel laufender Smileys kommt auf mich zu.... das also müssen Animateurinnen sein. Ein ambivalenter Anblick eröffnet sich vor meinen Augen als ich feststelle, das nicht einmal die Animateurinnen wirklich animiert erscheinen. Sie wirken alle nicht besonders alt,... auch wenn sie mit Kräften und einem Liedstrich den bereits Kleopatra kannte, versuchen diesen Eindruck zu beseitigen. Jedoch trinken die Besucher trotz der vielen angeleierten Flirtversuche nicht mehr als sonst auch. Das junge Mädchen vor mir wirkt besonders unmotiviert und versucht wohl der Situation zu entkommen. Finde ich gut denke ich und beginne ein Gespräch mit ihr.
23.41 Uhr:
Habe das Mädchen mit zu mir ins Hotelzimmer genommen, immerhin bewohne ich alleine ein komplett eingerichtetes Doppelzimmer. Nebensaison sei Dank. Sie fragte mich in alkoholisch, gebrochenem Englisch ob ich für heute Nacht ihr „Daddy“ sein möchte. Viel Verantwortung für den ersten Abend aber was solls. Immerhin warnte sie mich freundlicherweise vor, dass sie wohl ein eher freches Wesen hätte. Ab und an die unschöne Angewohnheit hätte „böse“ zu sein.
24.04 Uhr:
Ich schäme mich über mich selbst. Das Mädchen ist sehr anhänglich und scheint Ohren schmackhaft zu empfinden. Es ist mir massiv unangenehm was ich gerade tue. Ich fühle mich irgendwie als würde ich mit dem Körper und der Seele eines anderen Menschen spielen. Wie erwähnt scheint das junge Ding ein ausgeprägtes Bedürftnis auf körperliche Nähe zu empfinden. Ich vermute es ist eine Art animalischer Instinkt oder vllt. auch eine Reaktion auf meine hochcharismatische Erscheinung. Aber irgendwie berührt sie mich eben doch. Folglich nehme ich das Mädel hoch, werfe es auf das Bett. Was jetzt kommt ist mir emotional sehr unangenehm. Da liegt sie nun und erblickt mich mit zwei großen, fordernden Augen. Vllt kann sie ja auch nicht schlafen, da bin ich dann wenigstens nicht der Einzige, dem es so geht. Ich fasse mir jedoch ein Herz. Ich bringe ihr einen Kakao, lese ihr eine Gutenachtgeschichte vor, küsse sie auf die Stirn und gehe schlafen..... Kann jedoch nicht schlafen. War ich ihr ein guter „Daddy“? Habe ich wirklich alles für sie, getan was ich hätte tun können?
03.34 Uhr:
Sie schläft, ein schönes gefühl nicht alleine in diesem großen Zimmer zu sein. Ab und an schnarcht sie etwas. Rümpft dabei jedoch süß ihre Nase. Das freut mich. Was gut so ist denn immerhin komme ich seit knapp zwei Stunden an keine meiner Bettdecken mehr ran. Egal als guter „Daddy“ schläft man eben auch mal auf dem Sofa.
05.26 Uhr:
Ich sehe das Mädchen wie es auf Fußspitzen versucht das Zimmer zu verlassen. „Wohin gehst du denn?“ frage ich. „Ich muss weg, ich muss mir noch mein Zimmer sichern.“ antwortet sie auf eine seltsam stammelnde und nachdenkliche Art. Ich erwiedere „Also ich hätte genügend Platz, wenn du magst kannst du bei mir einziehen.“ Sie lächelt seltsam, neigt ihren Kopf und sagt sehr behutsam, das ihr das zu schnell ginge und das es für eine solche Entscheidung zu früh wäre. Naja da könnte sie ja Recht haben, es ist ja auch noch nicht einmal 6.00 Uhr morgens. Ich drehe mich um und schlafe ein. ...Sie werden einfach so schnell groß.
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ojemine, parodie, urlaub

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