Das Ende
Dunkelheit umgibt mich. Wohlige dunkle Wärme. Wohlbehalten eingebettet in einer zähflüssigen Masse, fühlt es sich wie schweben an, obwohl es sehr eng ist. Fast wie kuscheln von allen Seiten. Nur dumpf klingen Geräusche von weit entfernt zu mir durch herein. Ich genieße die Ruhe tiefenentspannt. Ich werde geliebt und mein kleines Herz hüpft vor Freude. Alles ist gut. Ich lasse mich in die Dunkelheit fallen, in dem tiefen Wissen, behütet zu sein. Es gibt keine Trennung ich bin innen und außen zugleich in meinem kleinen Kokon.
Ich beginne mich zu drehen, warum weis ich nicht genau. Einem existentiellen Instinkt, dass es richtig sei, folgend. Langsam, millimeterweise bewegt sich mein Körper. Plötzlich kommt Aufruhr in meine friedliche Welt. Eine Welle fegt wie ein Schaudern durch die Blase meiner Heimat. Alles erschüttert. Es drückt mich gegen den Rand. Das einst so wohlige Nest wirkt erdrückend klein. Wieder ein Impuls, diesmal stärker durchfährt alles Bekannte. Gegen den Rand zu schieben scheint die einzige Überlebenschance. Mit der dritten Welle spüre ich es: Ich bewege mich, alles bewegt sich. Ein dumpfes Quietschen lässt mich innehalte und innerlich erfrieren. Solch ein schrilles Geräusch drang nie zu mir durch. Mit dem nächsten Impuls steigert es sich zu einem unnahbarem Crescendo. Markerschütternd durchfährt es mich erneut. Diesmal so laut, dass es scheint, als würde meine Welt platzen.
Ich habe Angst. Jegliche Ruhe und Harmonie sind verschwunden und weichen läuternder Ungewissheit. Panisch realisiere ich es. Meine Höhle ist undicht. Jedes Erschüttern jeder Schauder zieht mich und den gesamten Raum erdbeebengleich aus sich selbst. Paralysiert gebe ich das Handeln auf, lasse wehrlos geschehen.„Widerstandslos stirbt es sich am ehrlichsten." sagt etwas tief in mir.Kaum mehr realisiere ich den Raum. Schon sehe ich das Licht am Ende des Tunnels, gleißend brennt es in meinen geschlossenen Augen. So plötzlich wie es mich blendete, entflieht es meiner Sicht wieder. Meine Ohren explodieren scheinbar. Das Geräusch, dieses schrille und doch dumpfe Quietschen, ist zu einem unzähmbaren wahnsinnigen Kreischen geworden. Unbarmherzig drückt es auf mein Trommelfell, so physisch spürbar wie der Raum, der mich zusammenpresst. Innerlich schreie ich. Erneutes Licht, schmerzhafte Lichtblitze tanzen über meine Netzhaut.
Das muss die Hölle sein. Etwas greift meinen Kopf, verstärkt seinen Griff und lässt mich erstarren. Grob ziehen diese dämonischen Klauen an mir, als wollten Sie mich in Stücke reißen. Weiter und weiter in das Licht. Die wohlige Wärme weicht intensiver werdendem beißend kalten Neonleuchten. Mein Mund schnappt auf und die Kälte dringt in mich ein, als würde ich von innen platzen. Mit letzter Kraft schreie ich aus voller Kehle.
Das ist das Ende, die wohlige Zeit ist vorbei. Ich sterbe.
"Es ist ein Junge!" ruft der Doktor meiner überglücklichen Mutter zu.
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