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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 01.12.2013, 13:41   #1
männlich wüstenvogel
 
Dabei seit: 06/2011
Ort: wetzlar
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Beiträge: 441

Standard Zwei Wege

"Während beim Haben das, was man hat, sich durch Gebrauch verringert,
nimmt das Sein durch die Praxis zu ...
Was man gibt, verliert man nicht, sondern im Gegenteil, man verliert, was man festhält." (Erich Fromm, Haben oder Sein 1976)

Alles, was wir haben
wird weniger
wenn wir es benutzen
können wir es verlieren.

Alles, was wir sind
wir mehr
wenn wir es (ab)geben
und (mit)teilen.

Was wir haben
wollen wir (fest)halten
mit aller Macht
wohin
hat uns das gebracht?

Nur was wir sind
kann uns gehören
der einzige Reichtum
der wächst
ohne zu zerstören.

Was nützen uns
Macht und Besitz
der ganze schöne Schein
wenn sie uns daran hindern
zu sein?

Geändert von wüstenvogel (01.12.2013 um 14:47 Uhr)
wüstenvogel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.12.2013, 14:02   #2
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Sehr richtig, Erich der Fromme findet meinen Beifall. Ich halte es auch mit Diogenes. Wüstenvogel, hab Dank. Nur ein sei in der vorletzten Zeile noch in sie verwandeln.

LG zum 1. Advent von
gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.12.2013, 19:01   #3
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.115

Ich widerspreche: Erich Fromm war ein Idealist, Phantast und Esoteriker, egal, ob es über "Haben oder Sein", die "Liebe" oder die Harmlosigkeit der atomar aufgerüsteten UdSSR ging (vielleicht war er sogar ein Kommunist, das habe ich bislang nicht hinterfragt). Er war in den späten 70er und Anfang der 80er Jahre groß in Mode, aber die Menschen in meinem Umfeld, die gerne nach seinen Thesen gelebt hätten, sind alle gescheitert - und zwar ziemlich schnell.

Das mit dem Verbrauch ist zwar richtig, dadurch wird ein Gut verzehrt; aber das hat nichts mit "Haben" zu tun, sondern mit Lebenserhaltung. Wer aber mehr hat, als er braucht, ist der wirklich Habende: Er kann investieren und sein Kapital vermehren. Kurz gesagt: Geld, das übrig ist, kommt zu Geld. Was ja nicht schlecht ist, denn damit kann man Produktionsstätten und Arbeitsplätze schaffen.

Mit dem Sein ist es anders herum: Es wird durch Alter und Vergänglichkeit immer weniger, dagegen hilft weder äußerer noch innerer Reichtum. Zwar ist es angenehmer, reich und weise zu sterben, auch ist es angenehm, seinen Namen in der Geschichte zu hinterlassen, aber es ändert nichts daran, dass sich beim Sein überhaupt nichts anreichert, sondern es vielmehr irgendwann aus ist mit ihm.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.12.2013, 19:03   #4
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.115

Zitat:
Zitat von gummibaum Beitrag anzeigen
Ich halte es auch mit Diogenes.
Nach meinen Informationen war Diogenes ein Obdachloser und Asozialer, der unangenehm auffiel. Zum Biespiel soll er, um zu provozieren, öffentlich onaniert haben.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.12.2013, 20:53   #5
männlich wüstenvogel
 
Dabei seit: 06/2011
Ort: wetzlar
Alter: 70
Beiträge: 441

Standard Zwei Wege

Vielen Dank für eure Kommentare.

Mit Diogenes kenne ich mich nicht so aus.

Dass du Erich Fromm nicht leiden kannst, hast du früher schon erklärt, Ilka-Maria. Ist völlig okay.
Ich halte Fromm für einen großen Philosophen. Gerade in der heutigen Zeit gewinnen seine Schriften (wieder) zusehends an Bedeutung.

Wir haben die Wahl: Wollen wir immer mehr haben, besitzen, verbrauchen,
dann werden wir in absehbarer Zeit unseren Planeten ausgeplündert haben.

Oder geht es uns darum, unsere kreativen, produktiven Kräfte zu entfalten,
um miteinander ein erfülltes Leben zu leben? Lebensqualität hat sicher auch etwas mit materiellen Dingen zu tun - doch sollten wir genau bedenken, was wir wirklich brauchen.

"Sein ist Leben, Tätigsein, Geburt, Erneuerung, Ausfließen, Verströmen, Produktivität.In diesem Sinn ist es das Gegenteil von Haben, von Ichbindung und Egoismus...
In der Existenzweise des Habens findet der Mensch sein Glück in der Überlegenheit gegenüber anderen, in seinem Machtbewusstsein und in letzter Konsequenz in seiner Fähigkeit zu erobern, zu rauben und zu töten.
In der Existenzwese des Seins liegt es im Lieben, Geben, Teilen." (Fromm)

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Allerbeste Grüße

wüstenvogel
wüstenvogel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.12.2013, 06:24   #6
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.115

Zitat:
Zitat von wüstenvogel Beitrag anzeigen
Dass du Erich Fromm nicht leiden kannst, hast du früher schon erklärt, Ilka-Maria.
Das weiß ich nicht, denn Fromm ist mir nie persönlich begegnet. Ich halte ihn lediglich für einen Traumtänzer, der mit seiner "Lehre" vor allem junge Menschen zu beeindrucken vermag. Gerade seine Bücher über das Sein und über die Liebe lesen sich wie simple Lebenshilfeanleitungen. Sagt Dir der Name Peter Lauster etwas? Der hat fast zeitgleich Thesen veröffentlicht, die eins zu eins von Fromm hätten stammen können. Ich wage die Behauptung, dass Lauster von Fromm abgeschrieben hat. Und Lauster war nicht der einzige Autor, der auf dieser Welle mitschwamm. Das war ein Trend der späten 70er Jahre, der - auch wenn Fromm immer mal wieder an die Oberfläche kommt - niemals mehr die damalige Popularität erreichen wird. Ich halte Fromm nicht für einen großen Philosophen, was diese Themen angeht, sondern für einen bornierten Idealisten. Das hat nichts damit zu tun, dass er mir als Mensch vielleicht durchaus sympathisch gewesen wäre, hätte ich ihn jemals kennengelernt.

In meiner Bibliothek befinden sich Werke etlicher Philosophen - Platon, Hegel, Fichte, Wittgenstein, Nietzsche, Schopenhauer, Popper, um nur einige zu nennen -, aber Erich Fromm habe ich vor zwanzig Jahren aussortiert. Sozial, psychologisch, pädagogisch und politisch sind seine Thesen überholt. Das einzige Buch, das ich von ihm bewahrt habe, handelt von Träumen und ist aufgrund des Abstands und der Vorsicht, die er der Traumdeutung zukommen lässt, lesenswert. Aber selbst auf diesem Gebiet war ein anderer Autor besser: Sigmund Freud.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
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