Null-Bock-Syndrom bei Poetry.de

Rolli · 03.04.2024, 08:21

Wenn Mutti früh zur Arbeit geht,
da bleibe ich zu Haus.
Mein Wecker klingelt meist recht spät,
ich komm' so früh nicht raus.

Zur Schule gehe ich heut‘ nicht,
dazu fehlt mir die Lust.
Wenn mich ein Lehrer dumm anspricht,
dann schiebe ich nur Frust.

Viel lieber mache ich mein Ding,
leb' in den Tag hinein,
verwöhnt und faul bin ich der King,
nichts könnte besser sein!

PaySoenke · 03.04.2024, 19:07

Hallo Rolli,
Über den Schulschwänzer in deinem Gedicht kann man wirklich herzhaft lachen. Das Reimschema Kreuzreim spiegelt sehr gut dieses Ping Pong Denken eines faulen Schülers oder Menschen wieder. Bspw. V.1 "Wenn Mutti früh zur Arbeit geht" V.2 "da bleibe ich zu Haus". Sprachlich gesehen passt der hohe Kontrast zwischen dem Pflichtgefühl (der anderen) und der Stimme der Versuchung des faulen Menschen inhaltlich zu dem formal gewählten durchgängigen Kreuzreim (ABAB). Soll der Schüler nur als Einzelfall dargestellt werden, der wegen seiner (antrainierten) Gewohnheit faul ist oder soll durch das Gedicht eine Gruppe von Menschen (z.B. Schulschwänzer) satirisch bzw. ironisch angesprochen werden, mit der Aufforderung, mehr Pflichtgefühl und Arbeitseifer an den Tag zu legen?
Grüße, PaySoenke

Rolli · 05.04.2024, 07:40

Hallo PaySoenke,

vielen Dank dafür, dass Du mir Deine Gedanken zu dem kleinen Gedicht darlegst, wollte ich doch tatsächlich zum Nachdenken anregen.

Gedacht waren die Zeilen als eine Persiflage auf ein sog. Pionierlied, mit dem auch ich als gelernter DDR- Bürger groß wurde. In diesem wird ein idealisiertes Bild beschrieben, wie sich Kinder der damaligen Zeit unter den gegebenen Umständen entwickeln (sollen).

Natürlich provoziere ich mit dem Übertrag dieses Themas in die heutige Zeit durch gezielte Überspitzung.
So wie in den vergangenen Zeiten ist auch heute eine differenzierte Betrachtung der beschriebenen Generation auf jeden Fall geboten. Jedoch zeichnen die täglichen Nachrichten, selbst Erlebtes und Statistiken zu Themen, wie Jugendkriminalität, Bildungsnotstand, Arbeitsmarkt usw. ein Bild von der aktuellen Lage, das nachdenklich stimmen muss.
Es sind aus meiner Sicht mit Sicherheit keine Einzelfälle, und die Schule schwänzen steht nur stellvertretend als möglicher Auslöser.

Gruß Rolli

03.04.2024, 08:21	#1
Rolli Dabei seit: 02/2023 Ort: Thüringen Beiträge: 126 Meine Gedichte Meine Favoriten	Null-Bock-Syndrom Wenn Mutti früh zur Arbeit geht, da bleibe ich zu Haus. Mein Wecker klingelt meist recht spät, ich komm' so früh nicht raus. Zur Schule gehe ich heut‘ nicht, dazu fehlt mir die Lust. Wenn mich ein Lehrer dumm anspricht, dann schiebe ich nur Frust. Viel lieber mache ich mein Ding, leb' in den Tag hinein, verwöhnt und faul bin ich der King, nichts könnte besser sein!

03.04.2024, 19:07	#2
PaySoenke Dabei seit: 03/2024 Ort: Münster-Gremmendorf Beiträge: 17 Meine Gedichte	Sehr witzig! Sozial relevant oder Einzelfall? Hallo Rolli, Über den Schulschwänzer in deinem Gedicht kann man wirklich herzhaft lachen. Das Reimschema Kreuzreim spiegelt sehr gut dieses Ping Pong Denken eines faulen Schülers oder Menschen wieder. Bspw. V.1 "Wenn Mutti früh zur Arbeit geht" V.2 "da bleibe ich zu Haus". Sprachlich gesehen passt der hohe Kontrast zwischen dem Pflichtgefühl (der anderen) und der Stimme der Versuchung des faulen Menschen inhaltlich zu dem formal gewählten durchgängigen Kreuzreim (ABAB). Soll der Schüler nur als Einzelfall dargestellt werden, der wegen seiner (antrainierten) Gewohnheit faul ist oder soll durch das Gedicht eine Gruppe von Menschen (z.B. Schulschwänzer) satirisch bzw. ironisch angesprochen werden, mit der Aufforderung, mehr Pflichtgefühl und Arbeitseifer an den Tag zu legen? Grüße, PaySoenke

05.04.2024, 07:40	#3
Rolli Dabei seit: 02/2023 Ort: Thüringen Beiträge: 126 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo PaySoenke, vielen Dank dafür, dass Du mir Deine Gedanken zu dem kleinen Gedicht darlegst, wollte ich doch tatsächlich zum Nachdenken anregen. Gedacht waren die Zeilen als eine Persiflage auf ein sog. Pionierlied, mit dem auch ich als gelernter DDR- Bürger groß wurde. In diesem wird ein idealisiertes Bild beschrieben, wie sich Kinder der damaligen Zeit unter den gegebenen Umständen entwickeln (sollen). Natürlich provoziere ich mit dem Übertrag dieses Themas in die heutige Zeit durch gezielte Überspitzung. So wie in den vergangenen Zeiten ist auch heute eine differenzierte Betrachtung der beschriebenen Generation auf jeden Fall geboten. Jedoch zeichnen die täglichen Nachrichten, selbst Erlebtes und Statistiken zu Themen, wie Jugendkriminalität, Bildungsnotstand, Arbeitsmarkt usw. ein Bild von der aktuellen Lage, das nachdenklich stimmen muss. Es sind aus meiner Sicht mit Sicherheit keine Einzelfälle, und die Schule schwänzen steht nur stellvertretend als möglicher Auslöser. Gruß Rolli