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Alt 26.02.2012, 21:05   #1
weiblich Haertelfuss
 
Dabei seit: 02/2012
Alter: 28
Beiträge: 5


Standard Bunte Gläser

Bunte Gläser

Wenn du durch ein buntes Fenster schaust, dann siehst du dass was dahinter ist immer nur verschwommen, nie das „ganze“ Bild. Es war in einer Nacht im Juni, als sich vor Sabines Augenlicht eine dicke Glasschicht legte. Durst hatte sie geplagt, also stand sie auf, und ging in die Küche. Noch ganz verschlafen hatte sie geblinzelt und es dauerte eine Weile bis sie registrierte, dass es hier seltsam roch. Vollkommen unvorbereitet´, auf das was sie erblicken würde, wenn sie das Licht anmachte, drückte sie den Lichtschalter. Die Lampe brauchte eine Weile um in Gang zu kommen, dann wurde es hell. Sabines Augen brauchten Zeit um sich an die Helligkeit zu gewöhnen, doch dann kam der Schock. Der reglos und für immer erstarrte Körper, dessen Blick starr an die Decke gerichtet war, schaute ins Leere. Blut überströmt waren die Handgelenke. Ein scharfes Küchenmesser lag auf der Erde.
Zitternd und schreiend hatte ich sie am nächsten Morgen vorgefundne. Ich war gerade von der Arbeit gekommen, als ich lautes Schluchzen aus der Küche hörte und bin sofort dahin geeilt. Meine älteste Tochter Joan hatte sich das Leben genommen und meine jüngste Tochter Sabine, hatte sie entdeckt. Von dieser Nacht an sah Sabine die Welt nicht mehr „wirklich“, nur noch die schwarzen Schatten, welche von er gähnenden Leere hinterlassen worden waren. Das Sprechen hatte sie verlernt. Das einzige was sie noch ab und zu über ihre Lippen brachte war: „Joan!“ Mehr nicht. Und dann wussten wir, dass sie zum Grab ihrer Schwester wollte. Die Ärzte meinten, es sei ein Schockzustand, der zurückgehen würde. Doch das tat er nicht. Am Anfang hatte sie noch ab und zu etwas gesagt, jetzt gar nicht mehr. Sie antwortete nicht mehr auf die Fragen die man ihr stellte und hatte ständig diesen abwesenden Blick im Gesicht. Dass Joan ihr das Angetan hatte, konnte ich nie nachvollziehen. Ich stützte Sabine etwas, da ich Angst hatte sie würde hinfallen. Einmal wieder war Mittwoch. Einmal wieder der Tag, an dem sie nur zu Joan wollte. Sie weinte. Oft brachte ich sie hier her, obwohl es mir in der Seele weh tat, sie so zu sehen. Oft flüsterte sie hier, geistesabwesende Worte, die ich nicht verstand. Füttern mussten wir sie auch, es war wichtig dass sie wieder „gesund“ wurde. Doch hatten die Ärzte uns vor einer Woche bekannt gegeben, dass es Sabine höchst höchstwahrscheinlich nie wieder „gesund“ werden würde. Wie so oft kniete sie nun da, und flüsterte leise unverständliche Worte, die nur sie verstand.
Heute war Joans Geburtstag. Leise hörte ich Sabine etwas summen. Die Melodie erinnerte mich an „HAPPY BIRTHDAY“, doch könnte das auch nur Einbildung sein. Stillschweigend stand ich in einiger Entfernung da und lauschte der melancholischen Melodie.
Besserung ist immer noch nicht in Sicht und meine Frau verliert langsam die Hoffnung. Tag für Tag deprimiert es sie mehr und mehr, wenn sie Sabine füttert, wenn sie ihr gute Nacht sagt, oder mit ihr redet und Sabine weiter diesen geistesabwesenden Blick hat. Oft weint sie nächtelang. Und dann hasse ich Joan für das was sie tat.
Ein neues Jahr ist zu Ende gegangen. Heute wird Sabine 17. In einem Jahr hätte sie ihr Abitur gemacht, wenn sie damals gleich richtig behandelt wäre. Die Ärzte hätten gleich anders reagieren müssen. Es ist nicht fair, das Sabine den Schmerz spürt, den Joan hinterlassen hat. Es ist einfach nicht fair. Meine Frau und ich versuchen so gut es geht auf „normal“ zu tun, während Sabine geistesabwesend auf den Tisch starrt. In ihrem Blick ist nichts Lebendiges und doch atmet sie, sitzt hier und geht. Es ist ein Wunder, das uns Gott beschert hat. Sabine lebt. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Wenn Sabine wieder gesund wird, dann macht sie ihr Abitur nach. Dann wird alles wieder wie vorher. Sabine MUSS wieder gesund werden.
Buntes Laub fällt von den Bäumen. Sabine ist mittlerweile 21. Und es hat sich noch nichts gebessert. Im Gegenteil, jetzt flüstert sie nicht mal mehr. Oft sitzt sie nur noch im Sessel und schaut auf die Straße. Ihre Mutter redet nicht mehr mit ihr. Der Hass auf Joans Tat wird größer in mir. Und langsam wird auch mir klar: Sabine wird nicht mehr gesund! 10 Jahre sind vorüber. 10 Jahre, im „Schockzustand“ hat es gedauert, bis ich begriff. Bis ich begriff, dass Sabine innerlich schon tot war. Ihr Geist ist von bunten Gläsern zerstört, ihre Augen erblicken das Licht nicht mehr. Nur noch die kalte Haut der Erde, lässt sie weiter atmen. Sabine wird nie wieder gesund. Nie wieder wird der glasige Blick einem freudigen oder traurigen Augenblick Platz machen. Nie wieder werden sie Emotionen berühren. Denn das durchsichtige Fensterglas, wodurch wir alle die Welt wahrnehmen, nicht nur mit den Augen, sondern mit den Herzen, ist zerbrochen.
Haertelfuss ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.02.2012, 21:09   #2
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909


Hallo, lieber Haertelfuss,

für Geschichten gibt es eine eigene Rubrik.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.02.2012, 21:12   #3
weiblich Haertelfuss
 
Dabei seit: 02/2012
Alter: 28
Beiträge: 5


Sorry hab mich gerade erst angemeldte komm mit dem ganzen noch nicht ganz gklar und weiß nicht wo ich das finde kannst du mir das mal sagen bitte?
Haertelfuss ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.02.2012, 21:38   #4
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909


Nicht schlimm, liebe/r Haertelfuss, ging mir am Anfang auch so. Unter dem ersten grünen Balken auf der Themenübersicht ist die Kategorie "Geschichten, Märchen..." Ich würde auch nicht mehrere gleichzeitig präsentieren, da die Leser Zeit brauchen. Der Konsens ist sowieso, nicht mehr als drei Texte pro Autor am Tag.

Im Moment aber erst einmal: Herzlich Willkommen!

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
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realität, slebstmord, verlust

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