Die Leidenschaft litauischer Lastwagenfahrer

[Versard]

Inspiriert durch die gleichnamige Geschichte von Patrick Salmen.

Im Schneegestöber wartend,
das Zugpferd schnauft.
Diesel mischt sich in die Luft.

Mit fragilen Handgriffen balancieren schwielige Finger Lasten,
in den scheinbar endlosen Schlund, den weißen Kasten.
16 gute Jahre, mit Ketten beschwert,
haben sich für ihn schon oft bewährt.

Frau und Kinder, ein Bild erinnert.
Der Motor heult,
in lederner Gruft.

Kilometer weit weder ruhen noch rasten,
für die Freiheit der Straße das Leben belasten.
Im Rücken die Frage: Ist es das wert?
Während er nahe und ferne Länder durchquert.

Frau und Kinder, ein Bild erinnert.
Der Fahrer heult,
in stickiger Luft.

[Richard L.]

"weint" fände ich hier lyrischer, schöner..
S2Z1: das würde ich schlichter beschreiben -das Bild an sich ist schon stark genug.

Also, bis jetzt (für mich) Dein bester Text, Versard!
Frohes Neues

[Versard]

Danke für den Zuspruch, Farrell. Auch dir ein frohes neues Jahr.

Weint wäre auch gegangen, wollte aber darauf hinaus das es erst der Motor ist, der heult, dann später der Fahrer :-)

[Richard L.]

Offensichtlich...versard. Also, ich muss mich mit dieser Doppelung erst noch anfreunden.

[Versard]

Versuchs :-) Den richtigen Ton zu treffen ist hier teilweise recht schwierig, die letzten Sachen hab ich alle ziemlich versenkt umso mehr freue ich mich das das hier eine positive Kritik bekommen hat

Aber manchmal muss man die Dinge auch so stehen lassen. Ich stelle ja an mich selbst keine Erwartungen wenn ich etwas schreibe, ich hau raus. Da darf es ruhig an manchen Stellen etwas fransig und unpassend sein, bin ich schliesslich auch :-)

[Ilka-Maria]

Das Vokabular ist seltsam gewählt. für mich schnauft ein Pferd nicht, sondern es schnaubt. Bei "schnauft" hätte ich eher die Lok vorangestellt, aber selbst da spricht man lieber von "stampft" und "dampft". Und was ist eine "lederne Gruft"? Eine "lederne Kluft" kann ich mir vorstellen, aber ein Mausoleum aus Leder scheint mir sehr abwegig zu sein. Reichlich eigenartig, dieser Text .

[Versard]

Liebe Ilka Maria, komisches Vokabular ist eine meiner Spezialitäten :-) Was Pferde angeht ist leider meine Kenntnis ein wenig begrenzt. Die lederne Gruft bezieht sich in diesem Fall auf die Fahrerkabine :-)

[Richard L.]

"Der Motor heult,
in lederner Gruft."

Das ist ein starkes Bild, wenn man denn weiß wo sich bei einem LKW der Motor befindet. Reichlich eigenartig ist der Text überhaupt nicht. Zur "Zugmaschine" sagen die Fahrer auch gerne mal "Zugpferd", womit "schnauft" sich hier fügt und eine hundertprozentig runde Metapher bildet.

[Ilka-Maria]

Zitat von Versard

Die lederne Gruft bezieht sich in diesem Fall auf die Fahrerkabine :-)

Oh! Ich verstehe.

Meine Eltern hatten mal ein Auto, das war innen aus Leder. Optisch. War natürlich Imitat und stank entsprechend. Bei jeder Fahrt über mehr als fünf Kilometer musste ich kübeln. Da kommen wir Deiner Gruft schon ziemlich nahe.

Obwohl ich es jetzt so verstehe, dass die Lederkleidung Deines Lyrichen Ichs mit ihm so verbunden ist, als sei es sein Leichentuch. Leider kommt diese Verbundenheit in Deinem Text nicht stark genug rüber. Das wäre überhaupt ein Thema für sich, da könnte man was richtig Dolles draus machen.

[Gylon]

Hallo Versard,
„Diesel mischt sich in die Luft“ oder besser „Diesel mischt sich mit der Luft“?

Liebe Grüße Gylon

[Versard]

Gylon, danke für den Tipp aber ich glaube an diesem hier bastel ich nicht weiter rum :-)

Ja das mit dem Leder...da kann man tatsächlich was draus machen. Das gruftige bezog sich in diesem Fall auf die Einsamkeit in der Fahrerkabine, da kann schonmal Grabesstimmung aufkommen. Und je nachdem was in so einem litauischen Lastwagen rumliegt...