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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 25.09.2016, 15:13   #1
männlich Heinz
 
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Standard Ach, Berthold

(zur Verführung eines Engels, B. Brecht)

Eugen, du wolltest uns aufs Glatteis führen,
fast wäre ich auf deine Verse rein gefallen.
Wenn dir auch sonst Poetenruhm und -lob gebühren,
hier wolltest du ganz pietätlos einen Engel knallen.

Hast du vergessen deiner Mutter Lehren?
Einen Engel bumst man nicht, man soll ihn ehren!

Ich weiß nicht, welches Kraut
dir alle Ehrfurcht ausgetrieben hat.
Wenn das Helene liest, die macht dich satt!
O Mann! Was hat dich so versaut?

Ich denke mal, du bist besoffen
im Grunewald herum gekegelt,
hast dort was schneeig Weißes angetroffen,
ach, dann versehentlich 'nen Schwan gevögelt.
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Alt 27.09.2016, 09:26   #2
Stachel
 
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An seiner Weisung sollte man nicht rühren.
Beizeiten ist sie aus der Zeit gefallen.
Er wollte ein Objekt zum Engel küren,
dabei ließ er von Trieben sich durchwallen.

Entmenschlichung bedeuten seine Lehren
und deren Anfang sollten wir schon wehren.

Er hat sich eine These toll getraut:
Den Engel (Genus männlich!) macht er matt,
voll Gnade gibt er seinen Flügeln statt,
doch fragt nicht, nimmt sich roh die Engels-Braut.

Die Federn reißt er aus in seiner schroffen,
verbrämten Art, mit ihnen danach segelt
er fort, lässt alle Widrigkeiten offen.
Ich denk mir: Hat der Engel sich geekelt?
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Alt 27.09.2016, 15:06   #3
männlich Heinz
 
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Hallo, Stachel
danke für Deine in Verse gesetzte Antwort. Waeum schleicht sich bei mir das Gefühl ein, dass Du das Brecht-Gedicht vielleicht gar nicht kennst?
Gruß,
Heinz
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Alt 27.09.2016, 19:35   #4
Stachel
 
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Zitat:
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Waeum schleicht sich bei mir das Gefühl ein, dass Du das Brecht-Gedicht vielleicht gar nicht kennst?
Warum sich was auch immer bei dir schleicht, vermag ich nicht zu sagen. Dazu kenne ich dich zu wenig. Aber mir geht es bei dieser Frage umgekehrt genauso. Wie aufmerksam hast du denn beides gelesen?
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Alt 27.09.2016, 20:09   #5
männlich Heinz
 
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Hallo, Stachel
beiß mich doch nicht gleich. Ich gebe zu, dass ich Deine gereimte Antwort nicht mit der gebührenden Aufmerksamkeit gelesen habe. Also - ich schleiche beschämt davon. Okay?
Gruß,
Heinz
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Alt 27.09.2016, 20:13   #6
Stachel
 
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Zitat:
Zitat von Heinz Beitrag anzeigen
Hallo, Stachel
beiß mich doch nicht gleich. Ich gebe zu, dass ich Deine gereimte Antwort nicht mit der gebührenden Aufmerksamkeit gelesen habe. Also - ich schleiche beschämt davon. Okay?
Gruß,
Heinz
Schade, denn beschämen wollte ich dich nicht. Eher dachte ich, du wärst in der Tiefe der Verse anderer Meinung und ich wunderte mich ob deiner ungewohnt wortkargen Ausführung. Kommst du denn zu einer ähnlichen Bewertung seines Gedichts wie ich?
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Alt 27.09.2016, 20:39   #7
männlich Heinz
 
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Hallo, Stachel,
ich bin auf die Verführung eines Engels durch einen leider schon gestorbenen Schauspieler (Hans-Peter Minetti, der Sohn Bernhard Minettis) aufmerksam gemacht worden. H.P. Minetti kannte B. Brecht noch persönlich und konnte mir so eoniges erzählen, was nicht in dicken Büchern steht. Die mir erinnerliche Version war, dass Brecht das Ding in Umlauf brachte (unter Freunden), es wohl nicht mit seinem Namen gekennzeichnet hatte (ich weiß es nicht mehr, aber glaube mich an Hauptmann zu erinnern) und einen Schauspieler (?) namens Engel auf die Schüppe nehmen wollte. Die Story (und das Helene Waigel manchmal stinkesauer war) erzählte mit Minetti aber erst, nachdem ich das Gedicht gelesen hatte. Ohne den Hintergrund hatte ich das Gedicht unter die hübschen Schweinigeleien mancher großer Dichter eingereiht - und so hatte ich es zu meinem kleinen Ding verarbeitet.
Brecht selbst - zu ihm habe ich ein gespaltenes Verhältnis, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Gruß,
Heinz
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Alt 27.09.2016, 21:54   #8
Stachel
 
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Danke für die interessanten Hintergrundinfos.

Auf der einen Seite ist es sehr schade, dass man mangels Zeitzeugen und genauer Überlieferungen (die durch die Vielzahl an Interpreta- und Spekulationen nicht ersetzt werden können) wenig auf Hintergründe zu alten Gedichten zurückgreifen kann. Auf der anderen Seite finden sich gerade heute immer lautere Stimmen, die behaupten, Gedichte seien sowieso nicht zu erklären. So ist es sogar bei Zeitgenossen schwer, an befriedigendes Hintergrundwissen zu gelangen.

Ich halte solche Anekdoten wie deine für sehr hilfreich. Vielleicht findest du ja noch die Zeit und Gelegenheit zu genauerer Recherche.

Freundliche Grüße von
Stachel
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Alt 27.09.2016, 23:08   #9
männlich Heinz
 
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Schwierig, lieber Stachel, ganz einfach, weil Hans-Peter Minetti schon fast 10 Jahre tot ist. Aber ich habe andere Anekdoten gehört und meinem Gedächtnis einverleibt. Bei manchen Storys bin ich nicht zu 100% sicher, dass sie genauso geschehen sind, aber wenn sie erfunden sind, sind sie verdammt gut erfunden.
So soll die damalige DDR wie der Teufel hinter der armen Seele auf "Jagd" nach dem handschriftlichen Manuskript von Karl Marx' Kapital her gewesen sein. Fündig wurde ein Sammler, der dieses Manuskript, weil er die saumäßige Klaue von Marx nicht lesen konnte, mit anderen Sachen in seiner Garage liegen hatte.
Das ganze Ding wurde auf verschlungenen Wegen in die DDR gebracht und angeblich von Wehner der DDR geschenkt. - Ein Augen- und Ohrenzeuge erzählte mir von einem erbitterten Streit zweier "Damen": Die eine war eine sehr bekannte Theaterschauspielerin (Ellen Schwiers), die andere die Ehefrau vom ehenaligen Bundespräsidenten Herzog. Geheiratet hatte der nach dem Tod seiner ersten Frau die Freifrau von Berlichingen. Die ist tatsächlich die wasweißichwievielte Nachkommin des Götz von Berlichingen (und jeder erstgeborene Sohn dieses Berlichingenstammes heißt Götz). Jedes Jahr finden Festspiele mit dem Schauspiel "Götz von Berlichingen" statt. Im Jahr 2000 war ein mir gut bekannter Schauspieler der Götz (Peter Bause). In einer Probenpause lagen die Schauspieler in einer Mulde und bekamen mit, wie die Baronin mit der Schauspielerin E. Schwiers sich gar nicht damenhaft in die Wolle kriegten, weil die Baronin einen von der Schwiers geliehenen Wagen aus dem Stück "Mutter Courage" geklaut haben sollte. Es muss heiß hergegangen sein.
Ich komme ins Plaudern, aber ich muss morgen sehr früh aus den federn.
Gute Nacht,
Heinz
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Alt 28.09.2016, 08:28   #10
Stachel
 
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Da steckt ja noch allerhand auf deiner Gelee-Festplatte
Hast du das denn schon mal irgendwo schriftlich niedergelegt?
Bestimmt wäre das mal als Zeitzeugnis interessant.

Freundliche Grüße von
Stachel
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Alt 28.09.2016, 11:54   #11
männlich Heinz
 
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bin dabei - beim schriftlich Niederlegen,
H.
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