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Alt 22.05.2007, 15:02   #1
rollingstoned
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 29


Standard Problembär ?

Danke für eure kritik



Problembär ?

Der Artikel rüttelt auf. "Bären zurück in Bayern“ prangert es von allen Tageszeitungen. Die meist grossen, teilweise roten Buchstaben scheinen vor jedem Kiosk und jedem Zeitschriftenregal auf Beutefang zu gehen. Und dazu gehört praktisch jeder. Herr Witschorek kommt sogar freiwillig, zum Brötchen holen. Nach kurzer Bedenkzeit entscheidet er sich für den „Münchner Morgen“ und liest den Artikel noch auf dem kurzen Heimweg. „Unglaublich“ schießt es ihm durch den Kopf. „Das muß ich Hanni erzählen.“ Sonderlich beschwingt nimmt er die 17 Stufen zu seiner Haustür, an der ihn seine Frau Hanni bereits erwartet. „Ich wusste Du würdest es vergessen!“ sagt sie verärgert, die eine Hand in ihre Hüfte gestemmt, die andere hinter ihrem Rücken. „Die Eier!“ stöhnt er und verzieht gequält sein Gesicht bevor er es hinter dem Ersatzmitbringsel verbirgt. „Aber guck Dir das hier mal an. Hättest Du das gedacht ?“ Hanni nimmt ihm ruhig und bestimmt die Zeitung aus der Hand und beginnt zu lesen. „..aufgrund der kontinuierlichen Beobachtungen ist davon auszugehen das in Zukunft noch weit mehr bereits verdrängte Tierarten wieder nach Deutschland zurückkehren..“ „Ja, wenn Michael das nur erlebt hätte“ denkt Hr. Witschorek während seine Frau murmelnd weiter liest „Er hat Bären geliebt. Irgendwie schien er eine Art seltsamen Pakt mit Tieren geschlossen zu haben, schon bevor er anfing im Zoo zu arbeiten. Ein Abkommen, das sie einander nicht fürchten müssten – oder so ähnlich. Aber Bären liebte er besonders“
„Na dann bringt der ganze Umweltschutz ja vielleicht doch was.“ resümiert seine Frau nachdem sie den Artikel fertig gemurmelt hat.
„Aber verstehst Du denn nicht?!“ faucht er sie an. „Was Micha damals über den Friedwald gesagt hat, daß er dort nachdem – Du weisst schon – vielleicht Bären treffen könnte ?“ „Ja aber das war doch nur ein Scherz, wäre aber natürlich trotzdem schön.“ erwidert Hanni, die mittlerweile den Arm hinter ihrem Rücken hervorgezogen hat und eine kleine Schüssel mit vier Eiern darin preisgibt.
„He! – Woher has“
„Du weißt doch“ unterbricht sie ihn lächelnd „ich kann zaubern.“ Das sagte er ihr manchmal, es war seine Art danke zu sagen. Und dafür zauberte sie ihm Apfelkuchen, zauberte bei Familienangelegenheiten alles wieder gut und zauberte auf ihre Art seine stressigen Tage in wunderschöne Abende. Das hatte sie wahrscheinlich auch damals nach Michaels Tod so gemacht. Sie war IHM die Stütze gewesen und nicht umgekehrt, von wegen schwaches Geschlecht. Wäre sie nicht gewesen, er könnte bis heute nicht darüber nachdenken, ohne in Tränen auszubrechen. Ein 26-jähriger, der innerhalb von zweieinhalb Jahren einfach von innen zerstört wird. Es war sein Blut, das nutzte der Krebs als Brutkasten. Und Michael wollte einfach nicht aufgeben, er war so stark. Bis zum Schluss. Ohne Hanni würde er sich womöglich immer noch die „Warum-Frage“ stellen, wäre deswegen vielleicht schon wer-weiss-wie-verrückt geworden. Die Eier schmecken gut, sind genau richtig. Eben auch hingezaubert.
3 Wochen später, sie fahren gerade zum wöchentlichen Einkauf, macht Hr.Witschorek das Autoradio an. Aus den Auto-Boxen klingt die Stimme des Moderators wie durch einen Blechtrichter, als wenn man eine Metalldose auf den Lautsprecher halten würde. Die Metallstimme verkündet dass die Gefahr nun gebannt sei und keiner mehr den Problembären fürchten müsse. Das jetzt auch keiner mehr Mitleid haben muss, sagt die Stimme nicht. Hr.Witschorek sieht zu seiner Frau hinüber, muß darüber nachdenken und beginnt zu weinen.
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