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Alt 09.05.2007, 21:56   #1
AdamFrühfeld
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 4


Standard der optimistische Pessimist

DER OPTIMISTISCHE PESSIMIST

Jeder Tag hat die Voraussetzungen, ein guter zu werden. Wahrlich große Worte und ebenso groß müssen die Menschen sein, deren erklärtes Lebensmotto sie sind. Es muss schwer sein, aus den schlimmsten Umständen noch etwas positives abzugewinnen. Ich jedenfalls war nicht mehr in der Lage zu lächeln, als meine Frau mich verließ, weil ich meinen Job verlor und Pleite war. Im Gegenteil. Diese Vorfälle machten mich erst recht zu einem radikal-fundamentalistischen Pessimisten, dessen Bestimmung fortan die Verkündung der baldigen Apokalypse ist - der die Zeit des jüngsten Gerichts kommen sieht, wenn er das Essen anbrennen lässt, im Supermarkt ausgerechnet den Apfel mit Druckstellen kauft (ganz gleich ob alle Druckstellen haben) oder ihm der Kugelschreiber in der Hemdtasche ausläuft. Sie haben vielleicht bereits jetzt vor ihrem geistigen Auge ein genaues Bild von mir. Ein Mensch, der an allem und jedem rumnörgelt und sich unheimlich freut, wenn in der Fußgängerzone der alte Mann vor ihm von der Taube angeschissen wird, ganz einfach, weil es ausnahmsweise nicht ihn getroffen hat (ganz gleich ob er selbst jemals von einer Taube angeschissen wurde oder nicht; es hat nicht ihn getroffen). Vollkommen richtig. Doch dies ist nicht alles. Auch in mir ist wie in vielen anderen Menschen ein letzer Funke Optimismus vorhanden, der mein Leben lebenswert erscheinen lässt. Latent, aber vorhanden. Doch dessen Entfaltung wird jeden Tag auf neue bereits beim Frühstück verhindert.
Zum Marmeladentoast und Kaffee gönne ich mir wie üblich eine kleine Lektüre: Die WILD-Zeitung. Man will ja auf dem neusten Stand bleiben. Erste Seite: "SKANDAL! Der Teuro schlägt wieder zu." Mein Gedanke: Lieber nicht weiter lesen, das Toast schmeckt mir gerade zu gut. Seite zwei, ein hübsches Mädchen, wie üblich, sie trägt nicht zwingend dazu bei meinen anfänglichen Hauch von Optimismus zu trüben. Doch direkt daneben das Kontrastprogramm: "Ölpreise brechen alle Rekorde!". Das schwarze Gold wird bald unbezahlbar sein, doch was soll's, ich habe ohnehin kein Auto mehr. Der Optimismus hält sich wacker. Solange mein schwarzes Gold griffbereit zu meiner Rechten steht bin ich zufrieden. Doch zu früh gefreut: Seite drei, "Abkommen gegen Ausbeutung von Billigarbeitern lässt Kaffeepreise steigen." Ab diesem Moment steht er auf wackeligen Beinen. Seite 4: "Endlich! Langersehnte Steuernachlässe." Aufatmen, er scheint gerade rechtzeitig gerettet worden zu sein. Hier lese ich weiter... Aha, das ist ja interessant... doch leider nur für Familien ab dem dritten Kind. Meine Frau und ich, wir hatten drei, doch keines von ihnen darf ich jetzt noch sehen. Die ersten Jahre war es wirklich schwer, denn ich liebe sie sehr. Doch ich habe mich mit der Zeit damit abgefunden. Schnell zu Seite fünf, ich muss auf andere Gedanken kommen: "Kind (7) von Vater brutal vergewaltigt und erdrosselt". Jetzt reicht es, mir wird schlecht. Seite sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf... Mord, Totschlag, Lügen, Schulden, Affairen, Krieg,...
Versagt. Wie jeden morgen. Heute bin ich wieder der radikal-fundamentalistische Pessimist, dessen Bestimmung die Verkündung der baldigen Apokalypse ist - der die Zeit des jüngsten Gerichts kommen sieht, wenn er das Essen anbrennen lässt, im Supermarkt ausgerechnet den Apfel mit Druckstellen kauft oder ihm der Kugelschreiber in der Hemdtasche ausläuft... Morgen vielleicht, denn jeder Tag hat die Voraussetzungen, ein guter zu werden...

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Anmerkung: Bin mit der Ausführung gänzlich unzufrieden. Was haltet ihr von der Idee? Sofern sie überhaupt ersichtlich ist, ich denke man hätte den Gedanken durchaus stärker herausarbeiten können.
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