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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 08.04.2014, 12:09   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Kinderspiele

Wir waren klein und süß und rein,
der Mutter Wonne und Entzücken,
so klar wie hellster Sonnenschein
und schuldlos wie ein Vogelkücken.

Wir blickten hellwach in die Welt,
die blanke Neugier in den Augen,
und sahen, sensationsbeseelt,
wie Spinnen aus Insekten saugen.

Wir rissen zärtlich Flügel aus
und freuten uns am zähen Brummen
der Fliege, der wir mit Applaus
vergoldeten ihr lieblich Summen.

Kaulquappen setzten wir ins Glas
und ließen sie darin ersticken
und pflückten Käfer aus dem Gras,
um sie mit Nadeln festzupicken.

Auch liebten wir des Nachbarn Hund,
denn der war brav und sanft und treu,
und trieben wir‘s mit ihm zu bunt,
dann jaulte er, doch ohne Scheu.

Die Katze – welche Lustbarkeit:
Sie stiftete vom Schwanz die Spitze.
Auch für den Sittich war’s mal Zeit
für eine scharfe Essigspritze.

Wie schön war doch das Kinderspiel,
von allen Sünden unbeleckt,
das war noch Spaß und hatte Stil,
so schuldlos rein und unbefleckt.

8. April 2014
Ilka-Maria
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Alt 08.04.2014, 20:17   #2
weiblich Ex Täubchen
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Beiträge: 432

Liebe Ilka,

das Du so was gemacht hast, hätte ich aber nicht gedacht
Natur und aufwachsende Kinder sind nicht nur friedlich, sie lernen in ihren Umfeld zu überleben und eine Rolle einzunehmen.
Sanft, fast Kindgerecht habe ich die Ironie in deinem Gedicht empfunden.

LG Täubchen
Ex Täubchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2014, 21:54   #3
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Erinnert mich an eine
"Jeunesse en Provence" von Marcel Pagnol.
Da wurde die "Unschuld" der Kleinen genauso geschildert.

Um ehrlich zu sein und offen:
Derlei Spiele habe ich nie gespielt.
Erinnere mich aber daran, daß ein Büblein eine Wespe fing und ihr ein Flügelchen ausreißen wollte. Sie stach ihn in die Hand und er lief lautheulend davon.
Ich habe - schadenfroh? Ja, schadenfroh! - gelacht.
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Alt 08.04.2014, 22:36   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Täubchen Beitrag anzeigen
Liebe Ilka,

das Du so was gemacht hast, hätte ich aber nicht gedacht
Natur und aufwachsende Kinder sind nicht nur friedlich, sie lernen in ihren Umfeld zu überleben und eine Rolle einzunehmen.
Sanft, fast Kindgerecht habe ich die Ironie in deinem Gedicht empfunden.

LG Täubchen
Danke für den Kommentar, Täubchen.

Mit meinem Gedicht trete ich der naiven Auffassung entgegen, Kinder seien von Geburt aus unschuldige Wesen. Tatsache ist, dass sie völlig wertfrei sind, also zwischen dem, was die Erwachsenen unter Gutem und Bösem verstehen, erst lernen müssen zu unterscheiden. Für Kinder ist zunächst grundsätzlich alles in Ordnung, was ihnen Spaß bereitet, die Neugier befriedigt oder die Gier sättigt, auch wenn sie dabei Unheil anrichten. Empathie als naturgegeben gibt es nicht, auch das muss erst erlernt werden.

Ich kenne ein Beispiel, da haben vierjährige Kinder ein anderes Kind in wehrloser Situation mit Steinen beworfen (unter den Aggressoren war die eigene Schwester), weil sie sich der Konsequenz ihres Tuns nicht bewußt waren - es war für sie einfach nur Spaß. Weiterhin kenne ich einen Fall, da hatte ein fünfjähriges Kind einem Spielkameraden ein Spielzeug gestohlen, obwohl ihm die Eltern das leicht hätten kaufen können - aber dann hätte das Kind ja bis zum Kauf warten müssen, um in den Besitz zu gelangen. In einem anderen Beispiel zog ein Vierjähriger ein Mädchen schmerzhaft an den Haaren, so dass es fürchterlich schrie, was der Junge so spaßig fand, dass er lachen musste und dem Mädchen weiterhin dicke Haarbüschel vom Kopf riss. Ich habe mit eigenen Augen ansehen müssen, wie Kinder eines Kindererholungsheims auf einem Waldspaziergang mit dicken Steinen die Weinbergschnecken auf dem Weg zermatschten, weil sie deren dicke, rotbraunen Körper als eklig empfanden. Diese fleischigen Schnecken bluteten wie angestochene Schweine und wanden sich im Todeskampf.

Das alles hat nichts mit Überlebensstrategien zu tun, sondern damit, dass Kinder sozialisiert werden müssen und Zeit brauchen, sich zu einem Individuum zu entwickeln, das sich seiner selbst als ein Ich bewusst wird und in anderen Individuen das Du zu erkennen vermag. Im Beispiel der zermatschten Schnecken hätten die Erzieher einschreiten müssen - sie haben es nicht getan. Und genau das ist der Punkt: Es geht nicht um das, was Kinder abgucken und nachahmen, oder darum, welchen Emotionen sie den Lauf lassen, sondern darum, sie im Falle von Fehlleitung auf das richtige Gleis zu bringen.

Kinder sind weder Engel noch Teufel. Sie sind auch keine Modelle für Putten. Sie sind nicht niedlich und auch nicht charmant, sondern frech und kess, vorlaut und altklug. Hübsche Kinder haben es leichter als hässliche - aber das ist "altersübergreifend" .

Da fällt mir siedendheiß ein: Ich war ja auch mal ein Kind!

Wie war das damals?

Die Sache mit den Weinbergschnecken hatte mich entsetzt. Aber da war der Nachbarjunge Klaus, der einer Fliege die Flügel ausriss, weil er wissen wollte, wie die Fliege unter diesen veränderten Bedingungen zurecht käme. Damit hatte er mein Interesse geweckt. Aber ich wurde enttäuscht, denn die Fliege, oder besser gesagt, der Rumpf, den die Flügel hinterlassen hatten, kam überhaupt nicht zurecht. Er wollte immerzu abheben, landete aber immer wieder auf den sechs Beinen.

Wobei ich wieder bei meinem Gedicht und der unglücklich brummenden Fliege gelandet bin.

Lassen wir es dabei. Ich kann an den Grausamkeiten dieser Welt nichts ändern. Wer es versucht, wird schnell merken, wie klein er ist.

Das sollte nicht abschrecken. Wer lange genug sucht, findet fünf glatte Steine ...
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