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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 04.11.2012, 19:47   #1
weiblich Poetibus
 
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Standard Der reisende Narr

Der reisende Narr

Ein Narr mit Schellenkappe zog durch das weite Land,
trieb Spaß und zeigte Possen - sein Name? Unbekannt.
So kam er eines Tages zu einem Königreich,
wo ihn der Herrscher grüßte: „Nichts kommt dem Schelmen gleich,

der weiß, wie er den König mit Scherz zum Lachen bringt
und Purzelbäume schlagend ein freches Liedchen singt!“
Empört rief sein Berater, der nah am Throne stand:
„Mein Landesherr, der Fremde, von Feinden wohl entsandt,

vermag den Blick zu täuschen, wie könnt ihr sicher sein?
Bedenkt, die letzten Jahre trat mancher Narr herein,
verneigte sich ergeben, begann sein Possenspiel,
recht bald hat sich erwiesen: Nur Zwietracht war das Ziel!“

„Wohl wahr“, sprach der Gebieter, „doch liebe ich den Spott,
das schlaue Spiel des Narren durchbricht den faden Trott
des ewiggleichen Schmeichelns, das mir entgegen klingt,
wenn jeder meiner Barden nur Lobeshymnen singt.

Die Zeit wird es erweisen, ob man ihm trauen kann,
sie schied noch stets den Lügner von einem Ehrenmann.“
Als treuer Diener suchte der Schelm des Herrschers Glück,
trieb seine Scherze unter des Königs mildem Blick.

Schon bald, nach kurzer Weile, vom König anerkannt,
betrat der Narr den Thronsaal im neuen Adelsstand,
trotz zornigem Berater, der eifersüchtig sprach:
„Wie soll ich länger bleiben, des Fremden Schlafgemach

grenzt nunmehr an das meine, er ist mir beigesellt,
die Welt erscheint mir wahrlich wie auf den Kopf gestellt!“
„Du warst mir stets ergeben, doch willst du fort, dann geh,
nur überlege weise die Folgen der Idee.“,

entgegnete der König – und der Berater blieb,
misstraute dennoch allem, was dieser Hofnarr trieb.
Der Landesherr war Dichter, dazu auch Philosoph,
ein Meister der Rhetorik, er führte seinen Hof

geschickt an feinen Fäden, von niemandem bemerkt.
Er sah die Welt als Bühne und sich, vom Spott gestärkt,
als einen Puppenspieler, der mittels Worteskunst
befreit, nach Lust und Laune, die Wirkung seiner Gunst

verwendete, und alle, sie drehten sich im Tanz.
Indes, der Narr erkannte den fehlerhaften Glanz,
begriff, dass eine Rede oft Widerspruch enthielt,
er sah, wie Königsworte, verspottend, wohlgezielt,

nach einem Willen wirkten, der Bauernehre lobt
und Ritterehre fortwinkt – danach im Zorne tobt.
Um sich am Feind zu rächen, ließ sich der König Zeit,
dann brach er auf zum Feldzug, kein Weg war ihm zu weit.

Die Kunst sowie die Güte, vom Narren hoch geehrt,
des Philosophen Worte, ins Gegenteil verkehrt,
betrübten diesen Schelmen bis tief ins Herz hinein,
sein König lobte Wasser und trank stattdessen Wein.

Nun reifte in des Treuen Gemüt ein Plan heran,
von dem er sich erhoffte, der König nähm ihn an,
als eine kleine Lehre, aus Zuneigung gefeilt.
Worauf der Narr als Spiegel des Herrschers Handeln teilt,

zu Anfang mit Bejahung, gefolgt von einem Nein,
verkehrtherum von Werten erzählt, von Schein und Sein.
Doch des Regenten Augen erwiesen sich als blind,
des Narren gute Absicht war Schall und Rauch im Wind.

Der König nahm die Mahnung als Ziel für seinen Hohn,
vergalt's dem Freund mit Schärfe, sie war des Narren Lohn.
So floh der Schelm vom Hofe, ja, mitten in der Nacht,
denn wäre er geblieben, hätt’s ihm nur Leid gebracht.

Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch das weite Land,
treibt Spaß und seine Possen - der Name? Unbekannt.

Geändert von Poetibus (04.11.2012 um 23:50 Uhr)
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Alt 05.11.2012, 12:39   #2
weiblich Ex-Nitribitto
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Standard Der reisende Narr

Hallo Poetibus,

keine Erfindung von mir: Wer lang schreibt, kann nicht kurz schreiben.
Auch metrisch etwas fragwürdig.

Gruß, Nitribitto
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Alt 05.11.2012, 13:08   #3
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Hallo, Nitribitto,

beim fragwürdigen Metrum handelt es sich um die "Neue Nibelungenstrophe".

Es wäre sehr hilfreich für mich, eine kompetente Beratung zu erhalten. Daher würde ich gerne wissen, wie viele Silben ein Vers und wie viele Verse ein Gedicht enthalten darf, damit es noch kurz ist und natürlich auch jeweils wie viele um zu lang zu sein.

Ach ja, das kommt mir gerade so in den Sinn: 3 Quartette + zweizeiliges heroic couplet = Englisches Sonett.

Ich freue mich immer, kompetente Beiträge zu Gedichten lesen zu dürfen.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 05.11.2012, 13:34   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Poetibus Beitrag anzeigen
Es wäre sehr hilfreich für mich, eine kompetente Beratung zu erhalten. Daher würde ich gerne wissen, wie viele Silben ein Vers und wie viele Verse ein Gedicht enthalten darf, damit es noch kurz ist und natürlich auch jeweils wie viele um zu lang zu sein.
Schlag nach bei Schiller! Seine "Glocke" enthält Verse von drei Silben bis zu zwölf Silben,dazwischen mal mehr, mal weniger, und davon eine ganze Menge. Aber er hat auch wesentlich längere Gedichte geschrieben.

Mit gefällt Dein episches Gedicht sehr gut, Poetibus.

LG
Ilka
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Alt 05.11.2012, 14:02   #5
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Hallo, Ilka-Maria,

vielen Dank für dein Lob. Diesem Gedicht liegt eine tatsächliche Begebenheit zugrunde, die ich beim Schreiben gewissermaßen sprachlich in die Vergangenheit "versetzt" habe, wo sie auch hingehört.

Danke, wenn dir dieses Spiel mit der Sprache gefallen hat.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 06.11.2012, 11:52   #6
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Hallo, Risiko,


Zitat:
Ein Narr mit Schellenkappe, des namens unbekannt,
trieb Späße, zeigte Possen, zog durch das weite Land.
So kam er eines Tages zu einem Königreich,

Halt! Hier liegt der Fehler!
Er zog durch die Welt, von Land zu Land und kam zu einem Königreich.
So meinst du das. Aber es klingt für mich unlogisch und verwirrt mich,
wenn da steht "er zog durch das weite Land" und traf auf ein Königreich.

Hat denn dieses Land zwei Könige?
Also aufgeteilt in zwei Reiche?
Gab es das je?
Vielen Dank, dass du mich auf diesen Logikfehler aufmerksam machst! Tststs, Betriebsblindheit, Fehlassoziation, würde ich sagen. Ja, ei verflixt, was nun, sprach Zeus ...
Das erfordert ein wenig Denkarbeit, denn ich muss hier zwei Verse umarbeiten, und dann in der letzten Strophe ebenfalls. Hm - mal sehen, vielleicht so:

Zitat:
Ein Narr mit Schellenkappe zog durch die weite Welt,
trieb Spaß und zeigte Possen - sein Name? Freigestellt.
So kam er eines Tages zu einem Königreich,
wo ihn der Herrscher grüßte: „Nichts kommt dem Schelmen gleich,

Ein Narr mit Schellenkappe zog durch die weite Welt,
trieb Spaß und zeigte Possen - sein Name? Wie's gefällt.
So kam er eines Tages zu einem Königreich,
wo ihn der Herrscher grüßte: „Nichts kommt dem Schelmen gleich,
Was meinst du? (Vorschläge sind natürlich auch willkommen!) Ich folge jetzt dem Verlauf, die Änderungen an der letzten Strophe zeige ich dann am Ende auf. (Persönlich, aufgrund des Sprachduktus, bevorzuge ich "Version 2".)

Zitat:
geschickt an feinen Fäden, von niemandem bemerkt.
Er sah die Welt als Bühne und sich, vom Spott gestärkt,
als Marionettenspieler, der mittels Worteskunst
befreit, nach Lust und Laune, die Wirkung seiner Gunst
Hier schmunzle ich ein wenig, denn ich wollte zuerst Marionettenspieler schreiben, entschied mich dann für Puppenspieler, weil das Wort "Marionette" korrekt 5 Silben enthält, also: "Ma-ri-o-net-te" (XxxXx). Regional bedingt wird es zwar auch als "Mar-jo-net-te" (XxXx), also viersilbig gesprochen (würde so ins Metrum passen - aber ich dachte, da wird unter Umständen jemand mäkeln. ) Und offen gesagt, gefällt mir Marionette zwar auch besser, aber ich selbst spreche tatsächlich "Ma-ri-o-net-te", daher kam es mir doch etwas "gebogen" vor.

Zitat:
nach einem Willen wirkten, der Bauernehre lobt
und Ritterehre fortwinkt – danach im Zorne tobt.

Wer tobt? König? Narr? Bin verwirrt!

Um sich am Feind zu rächen, ließ sich der König Zeit,
dann brach er auf zum Feldzug, kein Weg war ihm zu weit.
Das ist die Schwierigkeit, wenn ein sinninhaltlicher "Einschub" verwendet wird, das ist immer eine kleine "Gratwanderung". Hier tobt "der Wille" - "Ein Wille, der Bauernehre lobt", "Ein Wille, der Ritterehre fortwinkt", "Ein Wille, (der) danach im Zorne tobt". Zur zusätzlichen Erklärung: Der Wille (des Königs), durch die Worte "Wille, Bauern- und Ritterehre" aber auch eine Anspielung auf einen ganz bestimmten Philosophen, den der "König" verehrt. Ich hoffe, das "Bild" wird jetzt etwas "klarer". (Und ganz kurz noch: Die Geschichte enthält - sozusagen zwischen den Zeilen - auch durch die Unterscheidung von Narr und König zwei "Arten" von Spott: Den "gutmütigen" und den "bösartigen, verletzenden".)
Zitat:
Der König nahm die Mahnung als Ziel für seinen Hohn,
vergalt's dem Freund mit Schärfe,

Wäre „Strafe“ nicht klarer?


sie war des Narren Lohn.
So floh der Schelm vom Hofe, ja, mitten in der Nacht,
denn wäre er geblieben, hätt’s ihm nur Leid gebracht.
Damit hast du recht, ich habe diesen Vers sogar drei Mal umformuliert, aber dieses Gedicht beruht ja, wie ich schrieb, auf einem "realen" Vorgang. Es gab keine "direkte" Strafe (im "physischen" Sinn), dafür (verbale) "Schärfe". Allerdings ist das ebenfalls eine Art "Strafe", daher: Wo du recht hast, hast du recht. Ich übernehme "Strafe".

Zitat:
Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch das weite Land,
treibt Späße und zeigt Possen, des namens unbekannt!
Danke, gar nicht schlecht, aber wie weiter oben bereits von mir geschrieben, machen die Änderungen in der ersten Strophe jetzt entsprechende Änderungen in der letzten notwendig, daher muss ich sehen, wie sich dein Vorschlag damit "zusammenfügt". Mal sehen:

Zitat:
Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch die weite Welt,
treibt Späße und zeigt Possen - sein Name? Freigestellt.

Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch die weite Welt,
treibt Späße und zeigt Possen - sein Name? Wie's gefällt.
Den Plural "Späße" übernehme ich auf jeden Fall, das ist ein guter Vorschlag, da ich das "zeigt" beibehalten kann (wie so oft - auf das Einfachste kommt man selbst zuletzt). Ich denke allerdings, dass sich ja nun die Aussage verändert hat. Der Name ist nicht unbekannt, sondern "frei", jeder mag den Narren also "nennen, wie es beliebt", daher denke ich, es erfordert hier keine Änderung mehr.

Das "Ergebnis":

Der reisende Narr

Ein Narr mit Schellenkappe zog durch die weite Welt,
trieb Spaß und zeigte Possen - sein Name? Freigestellt.
So kam er eines Tages zu einem Königreich,
wo ihn der Herrscher grüßte: „Nichts kommt dem Schelmen gleich,

oder:

Ein Narr mit Schellenkappe zog durch die weite Welt,
trieb Spaß und zeigte Possen - sein Name? Wie's gefällt.
So kam er eines Tages zu einem Königreich,
wo ihn der Herrscher grüßte: „Nichts kommt dem Schelmen gleich,

der weiß, wie er den König mit Scherz zum Lachen bringt
und Purzelbäume schlagend ein freches Liedchen singt!“
Empört rief sein Berater, der nah am Throne stand:
„Mein Landesherr, der Fremde, von Feinden wohl entsandt,

vermag den Blick zu täuschen, wie könnt ihr sicher sein?
Bedenkt, die letzten Jahre trat mancher Narr herein,
verneigte sich ergeben, begann sein Possenspiel,
recht bald hat sich erwiesen: Nur Zwietracht war das Ziel!“

„Wohl wahr“, sprach der Gebieter, „doch liebe ich den Spott,
das schlaue Spiel des Narren durchbricht den faden Trott
des ewiggleichen Schmeichelns, das mir entgegen klingt,
wenn jeder meiner Barden nur Lobeshymnen singt.

Die Zeit wird es erweisen, ob man ihm trauen kann,
sie schied noch stets den Lügner von einem Ehrenmann.“
Als treuer Diener suchte der Schelm des Herrschers Glück,
trieb seine Scherze unter des Königs mildem Blick.

Schon bald, nach kurzer Weile, vom König anerkannt,
betrat der Narr den Thronsaal im neuen Adelsstand,
trotz zornigem Berater, der eifersüchtig sprach:
„Wie soll ich länger bleiben, des Fremden Schlafgemach

grenzt nunmehr an das meine, er ist mir beigesellt,
die Welt erscheint mir wahrlich wie auf den Kopf gestellt!“
„Du warst mir stets ergeben, doch willst du fort, dann geh,
nur überlege weise die Folgen der Idee.“,

entgegnete der König – und der Berater blieb,
misstraute dennoch allem, was dieser Hofnarr trieb.
Der Landesherr war Dichter, dazu auch Philosoph,
ein Meister der Rhetorik, er führte seinen Hof

geschickt an feinen Fäden, von niemandem bemerkt.
Er sah die Welt als Bühne und sich, vom Spott gestärkt,
als einen Puppenspieler, der mittels Worteskunst
befreit, nach Lust und Laune, die Wirkung seiner Gunst

verwendete, und alle, sie drehten sich im Tanz.
Indes, der Narr erkannte den fehlerhaften Glanz,
begriff, dass eine Rede oft Widerspruch enthielt,
er sah, wie Königsworte, verspottend, wohlgezielt,

nach einem Willen wirkten, der Bauernehre lobt
und Ritterehre fortwinkt – danach im Zorne tobt.
Um sich am Feind zu rächen, ließ sich der König Zeit,
dann brach er auf zum Feldzug, kein Weg war ihm zu weit.

Die Kunst sowie die Güte, vom Narren hoch geehrt,
des Philosophen Worte, ins Gegenteil verkehrt,
betrübten diesen Schelmen bis tief ins Herz hinein,
sein König lobte Wasser und trank stattdessen Wein.

Nun reifte in des Treuen Gemüt ein Plan heran,
von dem er sich erhoffte, der König nähm ihn an,
als eine kleine Lehre, aus Zuneigung gefeilt.
Worauf der Narr als Spiegel des Herrschers Handeln teilt,

zu Anfang mit Bejahung, gefolgt von einem Nein,
verkehrtherum von Werten erzählt, von Schein und Sein.
Doch des Regenten Augen erwiesen sich als blind,
des Narren gute Absicht war Schall und Rauch im Wind.

Der König nahm die Mahnung als Ziel für seinen Hohn,
vergalt's dem Freund mit Strafe, sie war des Narren Lohn.
So floh der Schelm vom Hofe, ja, mitten in der Nacht,
denn wäre er geblieben, hätt’s ihm nur Leid gebracht.

Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch die weite Welt,
treibt Späße und zeigt Possen - sein Name? Freigestellt.

oder:

Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch die weite Welt,
treibt Späße und zeigt Possen - sein Name? Wie's gefällt.
Zitat:
Interessante, wenn auch nicht immer einfach zu verstehende Geschichte.
Gern gelesen!
Dankeschön, wenn du die Geschichte trotzdem gern gelesen hast. Ich möchte mich aber vor allem sehr herzlich für die konstruktive Kritik bedanken!

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 06.11.2012, 23:56   #7
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Hallo, Risiko,

jetzt habe ich es sicherheitshalber noch zwei Mal überprüft: Einmal mit dem Duden = Ma-ri-o-net-te (XxxXx); einmal mit etwas (Entschuldige, das ist natürlich nur meine persönliche Meinung) "Weiterentwickelterem" als Metrix - dem "Metricalizer²" = Ma-ri-o-net-te (XxxXx).

Es ist Geschmackssache, ich bin mit der gemeinsam ausgearbeiteten Version jetzt sehr zufrieden (mich stört das "und" nicht). Aber es macht mir nichts aus, das "und" in der ersten Strophe zu entfernen. Nur ehrlich: des Namens - mit (dem) Namen (lt. Duden) - diese Formulierung würde bedeuten "der Name ist: Unbekannt". Das müsste ich also alles groß schreiben. "des Namens Unbekannt" / "des Namens Poetibus" / "des Namens Risiko". Geht wirklich nicht, da wird der Name "festgelegt" - der Narr heißt Herr Unbekannt.

"Marionette" stelle ich als "Alternativvers" mit ein - ist zwar nicht richtig, aber auch nicht falsch.

Ich kann auch nicht bereits am Anfang "entmannt" schreiben - da haben die Ereignisse ja noch gar nicht stattgefunden. "Vorab entmannt" geht eher nicht - jedenfalls hoffe ich das doch.

Also: Nicht übelnehmen, aber jetzt möchte ich das Gedicht doch so belassen, mir gefällt es, nachdem du mir beim "Feinschliff" geholfen hast, wirklich gut.

"Endfassung":

Der reisende Narr

Ein Narr mit Schellenkappe zog durch die weite Welt,
trieb Späße, zeigte Possen - sein Name? Wie's gefällt.
So kam er eines Tages zu einem Königreich,
wo ihn der Herrscher grüßte: „Nichts kommt dem Schelmen gleich,

der weiß, wie er den König mit Scherz zum Lachen bringt
und Purzelbäume schlagend ein freches Liedchen singt!“
Empört rief sein Berater, der nah am Throne stand:
„Mein Landesherr, der Fremde, von Feinden wohl entsandt,

vermag den Blick zu täuschen, wie könnt ihr sicher sein?
Bedenkt, die letzten Jahre trat mancher Narr herein,
verneigte sich ergeben, begann sein Possenspiel,
recht bald hat sich erwiesen: Nur Zwietracht war das Ziel!“

„Wohl wahr“, sprach der Gebieter, „doch liebe ich den Spott,
das schlaue Spiel des Narren durchbricht den faden Trott
des ewiggleichen Schmeichelns, das mir entgegen klingt,
wenn jeder meiner Barden nur Lobeshymnen singt.

Die Zeit wird es erweisen, ob man ihm trauen kann,
sie schied noch stets den Lügner von einem Ehrenmann.“
Als treuer Diener suchte der Schelm des Herrschers Glück,
trieb seine Scherze unter des Königs mildem Blick.

Schon bald, nach kurzer Weile, vom König anerkannt,
betrat der Narr den Thronsaal im neuen Adelsstand,
trotz zornigem Berater, der eifersüchtig sprach:
„Wie soll ich länger bleiben, des Fremden Schlafgemach

grenzt nunmehr an das meine, er ist mir beigesellt,
die Welt erscheint mir wahrlich wie auf den Kopf gestellt!“
„Du warst mir stets ergeben, doch willst du fort, dann geh,
nur überlege weise die Folgen der Idee.“,

entgegnete der König – und der Berater blieb,
misstraute dennoch allem, was dieser Hofnarr trieb.
Der Landesherr war Dichter, dazu auch Philosoph,
ein Meister der Rhetorik, er führte seinen Hof

geschickt an feinen Fäden, von niemandem bemerkt.
Er sah die Welt als Bühne und sich, vom Spott gestärkt,
als einen Puppenspieler, der mittels Worteskunst
(als Marionettenspieler, der mittels Worteskunst - Alternative)
befreit, nach Lust und Laune, die Wirkung seiner Gunst

verwendete, und alle, sie drehten sich im Tanz.
Indes, der Narr erkannte den fehlerhaften Glanz,
begriff, dass eine Rede oft Widerspruch enthielt,
er sah, wie Königsworte, verspottend, wohlgezielt,

nach einem Willen wirkten, der Bauernehre lobt
und Ritterehre fortwinkt – danach im Zorne tobt.
Um sich am Feind zu rächen, ließ sich der König Zeit,
dann brach er auf zum Feldzug, kein Weg war ihm zu weit.

Die Kunst sowie die Güte, vom Narren hoch geehrt,
des Philosophen Worte, ins Gegenteil verkehrt,
betrübten diesen Schelmen bis tief ins Herz hinein,
sein König lobte Wasser und trank stattdessen Wein.

Nun reifte in des Treuen Gemüt ein Plan heran,
von dem er sich erhoffte, der König nähm ihn an,
als eine kleine Lehre, aus Zuneigung gefeilt.
Worauf der Narr als Spiegel des Herrschers Handeln teilt,

zu Anfang mit Bejahung, gefolgt von einem Nein,
verkehrtherum von Werten erzählt, von Schein und Sein.
Doch des Regenten Augen erwiesen sich als blind,
des Narren gute Absicht war Schall und Rauch im Wind.

Der König nahm die Mahnung als Ziel für seinen Hohn,
vergalt's dem Freund mit Strafe, sie war des Narren Lohn.
So floh der Schelm vom Hofe, ja, mitten in der Nacht,
denn wäre er geblieben, hätt’s ihm nur Leid gebracht.

Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch die weite Welt,
treibt Späße und zeigt Possen - sein Name? Wie's gefällt.


Aber ich danke dir erneut herzlich sowohl für die Zeit als auch für die Mühe, die du investiert hast. Ich finde, das Ergebnis kann sich jetzt "sehen lassen".

Freundlichen Gruß,

Poetibus

Geändert von Poetibus (07.11.2012 um 01:28 Uhr)
Poetibus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.11.2012, 07:02   #8
männlich Desperado
 
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Zitat:
Zitat von Poetibus Beitrag anzeigen
zu Anfang mit Bejahung, gefolgt von einem Nein,
verkehrtherum von Werten erzählt, von Schein und Sein.
Doch des Regenten Augen erwiesen sich als blind,
des Narren gute Absicht war Schall und Rauch im Wind.

Im Königreich indessen ist alles wie es war,
die Puppen an den Fäden, sie tanzen wunderbar.
Ein Narr mit Schellenkappe zieht durch die weite Welt,
treibt Späße und zeigt Possen - sein Name? Wie's gefällt.

Hallo Poetibus,

was hast Du da für ein meisterhaftes Gedicht geschaffen! Tiefe Verbeugung.
Es ist müßig, ein unnötiges Wort darüber zu verlieren, das Werk spricht und spricht für sich. Lass mich Dir als Ausdruck der Bewunderung -und Dankbarkeit- eine kleine Geschichte erzählen.

Es ist still geworden.

Ich habe mein Narrenkleid abgelegt und lausche dem Wüstenwind.
Zwei Kojotenwelpen in ihrer Höhle winseln nach ihrer Mammi, von ferne kommt ihr miauendes Heulen als Antwort, oder war's der Pappi? Sie wissen es nicht. Windhosen tanzen über den aufgerissenen Boden, verwehen die Spuren der freien Reiter, die ihrer Wege gezogen sind, weil sie den Brunnen vertrocknet fanden und die Quelle versiegt. Der Silberlöwe streift umher auf der Jagd nach Kaninchen, die Klapperschlange rasselt im Schatten eines zerborstenen Steines, der Ruf des Falken pfeift über der angestauten Hitze.

Die Zeit ist stehengeblieben.

Die alten Mexicanos, die sich unter ihrem Palmdach zur Siesta hingefläzt haben, kennen den einsamen Reiter, der den Hügelkamm entlangzieht.

"Seht ihr das?", murmelt der Älteste von ihnen aus zahnlosem Mund, "er hat sein Gesicht bemalt. Mit gelben Streifen wie die Chiricahua."

"Er ist einer von ihnen", brummt der Bärtige verächtlich und spuckt einen dicken Klumpen Kautabak in den Sand.


Ride on
Desperado
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Alt 12.11.2012, 10:45   #9
männlich Nöck
 
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Hallo Poetibus,

deine Ballade gefällt mir sehr gut, es steckt eine Menge Weisheit in ihr.

Deine erste Version gefällt mir besser, ich denke, dass "Land" auch mehr bedeuten kann, als ein durch Grenzen abgestecktes Gebiet.

Liebe Grüße ... Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.11.2012, 13:40   #10
weiblich Poetibus
 
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Hallo, Desperado,

Zuerst: Freut mich sehr, dass du (doch) wieder da bist.

Ich bedanke mich herzlich. Einmal für dein Lob, vor allem aber für deine "kleine" Geschichte - die ich inhaltlich gar nicht für klein halte.

Der Narr ist immer "einer von ihnen (oder denen)", das liegt in seiner Natur ...

Was dein "Ride on" betrifft: Du auch!

Freundlichen Gruß,

Poetibus


----------------------------------------------------------------


Hallo, Nöck,

auch dir meinen herzlichen Dank.

Zitat:
Deine erste Version gefällt mir besser, ich denke, dass "Land" auch mehr bedeuten kann, als ein durch Grenzen abgestecktes Gebiet.
Ursprünglich war das mein Gedanke dabei. Aber es ist ja nicht schlimm (jedenfalls sehe ich das persönlich so), wenn es jetzt zwei Versionen gibt.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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