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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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01.10.2012, 17:59 | #1 |
Mutter
Mutter
Du, Mutter, bist gestorben noch vor dem neuen Morgen, hast doch zuletzt verstanden, dass ich aus fernen Landen zu dir in fremde Wiege kam, als ich durch blinden Zufalls Wahl in deinem Schoße Wohnung nahm. Hast aufgegeben zu verstehn und ließest eigne Wege gehen, den du zuletzt sogar geschätzt und was er dir hat vorgeschwätzt, du hast ihn losgelassen, konnt’st ihn nicht länger fassen und mochtest ihn nicht hassen. Mit dir nun ging ein Pol, weiß nicht, warum ich lügen soll, ein finanzieller Halt profan und dergestalt, das nahm ich ihn als Schmerzensgeld, pfiff sorgenlos auf diese Welt und alles, was mich hier erhält. Nun aber bist du fort, die Welt bleibt mir ein fremder Ort, warum du mich geboren hast, das frag ich stets mich ohne Rast, hat mich doch deine Brust genährt und das fürwahr war nicht verkehrt, indes, es hat mich nie geschert. Nun Mutter, lass dir sagen, will dich nicht weiter plagen, du hast mich nie begriffen, mein Wesen nie geschliffen, hast es wohl allzu gut gemeint, doch ich hab mich zu Tod geweint als Balg, dem nie die Sonne scheint. War nie zuhaus bei dir, war nie dir eine Zier, die Hoffnung ging dahin, weil ich ein ganz ein andrer bin, den du nicht lieben wolltest, weil du dich in Erwartung sonntest, an die du nie mich fesseln solltest. Bald hab ich mich befreit, mir zur Freude, dir zum Leid, ich ging als Sohn der Nacht, hab all dein Bangen umgebracht, war grausam oft und roh- nun denn, du warst es ebenso, ich bin darob mitnichten froh. Ich bin dir nichts mehr schuldig, ertrug dein Altern recht geduldig, was du an mir verbrochen hat Gott mit dir besprochen, wohlan, ich sprach für dich, nun spreche du für mich, denn wisse dies- ich liebte dich. 2007 |
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05.10.2012, 03:06 | #2 |
Hat sich schön fließend gelesen, auch wenns vllt etwas traurig ist.
Mir gefällts gut und es hat mich auch zum nachdenken angeregt =) |
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06.10.2012, 00:54 | #3 |
abgemeldet
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Mutter
Nochmals Hi, Desperado, ich komme gerade von "Denn sie wissen..." und finde im Muttergedicht bestätigt, was ich schon sagte: facettenreiches Wirken. Es ist beachtlich, wie Du eine problematische Beziehung zwischen zwei Menschen in packende Worte verwandeln kannst- es ist ergreifend, nachdenklich stimmend und für einen "psychiatrisch denkenden Menschen " eine Fundgrube; ergo: Du bist erkannt -nolens - volens. Lieben Gruss, kipling
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06.10.2012, 09:37 | #4 |
Danke, M.D., freut mich sehr!
Der Tod relativiert alles, Sterben macht vieles vergessen, befreit von Schuldzuweisung und schenkt Versöhnung, kann es jedenfalls. Ich bin also erkannt, kipling. Alles Wichtige und Prägende, was da so stattfand in meiner Kindheit, kann ich mit bestem Wissen als aufgearbeitet und erledigt betrachten, alles bis auf die Fremdheit, zurückreichend bis in die ersten Erinnerungen, die muss ich als ungelöst und gegeben so stehenlassen. Schönen Samstag! Desperado |
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06.10.2012, 10:48 | #5 |
Guten Tag Desperado
nicht angenommen zu werden in unserer Eigen-Art, gehört wohl zum Schlimmsten, was sie uns antun können, unsere Altvorderen. Den Schmerz, den Kampf und die Suche finde ich in diesem Gedicht von Dir. Und den Dichter, Geschichtenschreiber und Maler hier im Forum! Daß ich Deine Bilder genial finde, schrieb ich Dir ja schon. (Deine Geschichten kenne ich noch zu wenig) So malen, kann nur einer, der von außen schauen kann ! So ist Fremdheit, die wehtut, vielleicht auch ein Segen geworden! Exilmuschel |
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06.10.2012, 13:28 | #6 | |
Zitat:
das wird wohl so sein, ob sie selbst freilich je die Chance hatten, ihre Eigenart zu entfalten, steht wieder auf einem anderen Blatt. Innere Dynamik, Entscheidungsfreiheit und Daseinsbewältigung verselbstständigen sich nichtsdestotrotz im Lauf der Jahrzehnte und verlieren jedweden "Konditionierungs"-Charakter, eines Tages greift die Ausrede nicht mehr, etwas wieder mal Verbocktes auf die kaputte Kindheit und somit die lieben Eltern abzuwälzen, in der Eigenverantwortung bist so oder so du auf dich allein gestellt, früher oder später ausschließlich. Aber das "von außen betrachten", dieses "draußen sein", das bleibt erhalten, weil dir ein zerbrochenes Urvertrauen nunmal gründlich vertiefte Überlebensstrategien abverlangt, die sich durchaus in schöpferische Kraft verwandeln lassen können. Danke für Deine verständigen Zeilen! Desperado |
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