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Alt 01.10.2006, 16:52   #1
tom.ecker
 
Dabei seit: 09/2006
Beiträge: 15


Standard Parasit

In einer Wohnung, im dritten Stock eines alten fast schon baufälligen Hochhauses, liegt ein junger halb angezogener Mann auf dem Bett und starrt an die Decke. Sein Zimmer ist kahl, sehr spartanisch eingerichtet. Doch immer weiter starrt er gedankenverloren an die Decke:
„Ach wie wird das schön. Wir Fünf gleich bei Antoine. Es wird sicher wieder lecker was seine Frau uns auf den Tisch zaubert. Ein Treffen unter Freunden, wie in alten Zeiten. Nichts kann uns auseinander bringen. Wie hieß es doch immer an der Schule? ... Ach ich kann mich nicht erinnern. Ist auch egal. Soll ich nun die neue Hose anziehen? Was wird Antoine wohl darüber sagen? Ich glaube die Alte tut es auch noch. Sonst denkt John noch ich hätte Geld über.
Allgemein scheint es, wie mir Simone (Antoines Frau) erzählt hat, nicht besonders gut bei ihm zu laufen. Sein Abenteuer an der Börse hat er teuer bezahlen müssen und jetzt dürfen wir uns ständig seine Konzepte und tollen zukunftsweisenden Ideen anhören. Furchtbar! Wir sind doch nur zum geselligen Beisammensein und nicht bei einem Geschäftsessen. Aber wer kann es ihm verübeln? Letztlich hat er nur Angst um seine eigene Haut. Das ist dann eben eine willkommene Gelegenheit für ihn.
Genau wie für Paul, allerdings für ihn um sich endlich mal wieder ordentlich zu betrinken. Es scheint ihm das aber in letzter Zeit nicht genug zu sein. Das Vorteilhafteste ist für ihn, dass er bei uns die Drinks kostenlos bekommt. Nachdem er damals betrunken im Auto erwischt worden ist hat er alles verloren. Arbeitslos, Alkoholsüchtig, ohne Zukunft. Doch wir sind seine Freunde, auf uns kann er sich verlassen. Zudem ist er eine gute Gesellschaft, immer freundlich und solange es ihm möglich ist zuvorkommend. Er weiß ja was er an uns hat.
Vor allem an Simone. Mit ihr hat er eine Leidensgenossin gefunden. Sie leidet sehr. Nachdem sie im letzten Jahr diese Depressionen hatte ist sie wie ausgewechselt. Während ihr Mann weiter zu „Heldentaten“ aufbricht. Darunter zerbricht sie fast und auch für sie ist es jedes Mal schön wir bei ihr sind und sie nicht mehr mit ihrem angeberischen Mann alleine.
Aber bei unseren Treffen kann er es auch nicht lassen. Ständig muss er uns von seinen, wie er meint, Heldentaten berichten. Doch als Gastgeber kann man ihn auch nicht auffordern still zu sein. Wir sind sein Publikum, sein Einziges seit er diesen Schreibtischjob hat. Und Simone ist seinen Faxen ja auch schon länger überdrüssig. Er braucht uns. Wir müssen ihm auf die Schulter klopfen und sagen wie toll er doch ist.
Hehe, es ist lustig, anscheinend braucht jeder die Anderen. Was für schwache Gestalten wir doch sind. Doch Moment, was für schwache Gestalten SIE doch sind. Ich, ich will ja nichts verkaufen, angeben, der Hilflosigkeit entrinnen oder mich betrinken. Ich bin rein freundschaftlich, frei von Eigennützigen Motiven, bei dieser Gesellschaft anwesend. Oder doch?
Bin ich nicht der Schlimmste von allen?
Geht es mir nicht darum gut zu essen? Hier gibt es doch nur Fast-Food und ich selbst bin zu faul mir etwas zu machen. Und dann noch meine Neugier, diese Menschen sind wie ich gerade zeigte doch mehr meine Patienten, meine Studienobjekte.
Ich bin der Schlimmste! Ich bin ein Parasit!
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