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Alt 02.07.2013, 22:21   #1
weiblich Damaris
 
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Standard Kinderkrankheiten

Da entstand ein tiefes Schweigen. Ich schaue von der Dozentin auf das Arbeitsblatt und wieder zur Dozentin. Suche nach Zeichen: Blässe, Augenringe, hormonell bedingte Auffälligkeiten, hängende Mundwinkel – wonach suche ich eigentlich?
Ich finde nichts von alle dem, vor uns steht eine junge, vitale Frau. Kichernd erzählt sie uns, dass sie schon immer Kinderkrankenschwester sein wollte.
„Was hat sie gesagt?“, fragt Barbara flüsternd von links.
„Sie ist das Kind von der Fallstudie.“, raune ich ihr zu.
„Aber sie hat doch selbst ein Kind.“
„Hat sie gesagt.“
„Pst!“, kommt es von rechts.
Die Dozentin lacht schon wieder, das macht sie eigentlich die ganze Zeit seit ihrer Offenbarung. Sie erzählt, dass sie oft zu den Müttern geschickt wird, die alle Hoffnung verloren haben. Damit sie eine Überlebende kennenlernen. Das hilft ihnen. Und dass sie gerne auf der Kinderonkologie arbeitet. So kann sie alles auf der Station, in dem Krankenhaus lassen und hat ihre Freizeit für sich selbst zurückgewonnen. Denn, auch wenn sie nun gesund ist und eigentlich nicht mehr gefährdet als jeder andere, ab und zu muss man darüber reden. Wie wäre das im normalen Leben:
„Ach übrigens, ich hatte Leukämie.“
Schweigen.
„Hey, ich lebe!“
Dann fragt vielleicht einer: „War's schlimm?“
„Ja, es war schlimm. Natürlich war es schlimm.“
Was für eine Frage, aber was sollen sie auch anderes sagen.
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Alt 03.07.2013, 09:11   #2
Ex-zonkeye
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Hallo Damaris,

offenbar handelt es sich bei diesem Text um den Ausriss aus einem längeren, jedenfalls aber um den Teil eines größeren ganzen, da Du den Leser mit Situationen konfrontierst, die er nicht wissen kann: Er muss kombinieren. Auch ist das abrupte Ende des Textes kein echter Schluss, keine Pointe. Ich rate Dir, künftig Textteile als solche zu kennzeichnen, damit sich der Leser darauf einstellen kann.

Natürlich findet man, wie immer, wenn man genau liest, ein paar Tüpflis, die sich scheißen ließen (Consecutio temporum, bessere räumliche Verortung, treffendere adverbiale Zuschreibungen, Konjunktiv I der indirekten Rede etc. pp.), aber das sind nur Kleinigkeiten, die am insgesamt stimmigen, wohltuend knappen Erzählstil nichts Wesentliches ändern. Schau mal:
Zitat:
Da entsteht tiefes Schweigen. Ich schaue von der Dozentin auf das Arbeitsblatt und wieder zurück zur Dozentin, suche nach Zeichen: Blässe, Augenringe, hormonell bedingte Auffälligkeiten, hängende Mundwinkel – wonach suche ich eigentlich?
Ich finde nichts von alledem. Vor uns steht eine junge, vitale Frau. Lächelnd erzählt sie uns, dass sie schon immer Kinderkrankenschwester habe sein wollen.
„Was hat sie gesagt?“, fragt Barbara flüsternd von links.
„Sie ist das Kind (von) der Fallstudie(.)“, raune ich ihr zu.
„Aber sie hat doch selbst ein Kind.“
„Hat sie gesagt.“
„Pst!“, kommt es von rechts.
Die Dozentin lächelt schon wieder, wie eigentlich die ganze Zeit seit ihrer Offenbarung. Sie erzählt, dass sie oft zu (den) Müttern geschickt werde, die alle Hoffnung verloren hätten. Damit sie eine Überlebende kennenlernten. "Das hilft ihnen." Und dass sie gerne auf der Kinderonkologie arbeite. So könne sie alles auf der Station, in dem Krankenhaus, lassen und habe ihre Freizeit für sich selbst zurückgewonnen. (Denn,) Auch wenn sie nun gesund und eigentlich nicht mehr gefährdeter als jeder andere sei, ab und zu müsse man darüber reden. Das liefe dann meist so:
'Ach übrigens, ich hatte Leukämie!' Schweigen. 'Aber hey, ich lebe!' Dann fragt vielleicht einer: 'War's schlimm?'. 'Ja, es war schlimm. Natürlich war es schlimm.' (Was für eine Frage, aber) Was sollten sie auch anderes fragen?"
Vielleicht magst du ja das eine oder andere als für Dich nutzbar erkennen?

lg

z
Ex-zonkeye ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.07.2013, 23:07   #3
weiblich Damaris
 
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Hallo Zonkeye,
vielen Dank für deine Kritik.
Zitat:
ein paar Tüpflis, die sich scheißen ließen
Oho, Schreibfehler oder Absicht?
Die Geschichte entstand aus der Hausaufgabe meiner Autorengruppe, als ersten Satz zu verwenden: Da entstand ein tiefes Schweigen. Mehr hatte ich mit der KKG eigentlich nicht vor. Nun war mir so, als müsste ich doch herausfinden, ob die Kleine groß werden kann.
Deshalb noch mals danke, ich werde sie wachsen lassen.
LG Damaris
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Alt 03.07.2013, 23:31   #4
Ex-zonkeye
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Hieß es wirklich
Zitat:
"... da enstand ein tiefes Schweigen"?
...*grübel*...

Gibt es auch zwei tiefe Schweigen? Oder drei? Und wie kann Schweigen "entstehen"? Es ist doch ein Nichts; das Gegenteil von etwas. Das entsteht nicht, sondern es herrscht. Manchmal tritt es auch ein, stets aber artikellos. Leider fehlt bei Deiner Geschichte der Krach, den's vorher gegeben haben müsste.

Wie fand denn die Gruppe Deine Arbeit?

lg

z

p. s.: Die Tüpfli- oder Düpflischiesser kommen aus dem Berner Oberland: jodelnde Beckmesser. Die scheißen nicht auf den Haufen, sondern "schiesse ufe Hufe".
Ex-zonkeye ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.07.2013, 09:54   #5
weiblich Damaris
 
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Beiträge: 261


die fanden die arbeit gut.
ja, den kracher könnte ich nun vorher bringen.
das schweigen wird mit diesem satz zu einem mysterium, einem ereignis.
das gefällt mir schon.
lg damaris
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Alt 04.07.2013, 21:09   #6
weiblich simbaladung
 
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Beiträge: 3.073


Hallo, Damaris,

Ich hab deine KG auch gern gelesen, war am Ende aber auch ein bisschen enttäuscht. Hatte noch etwas anderes erwartet. Vielleicht ein zufälliges Zusammenstoßen des LIs mit der Dozentin, eine persönliche Begegnung in einer anderen Situation, möglichst zeitnah, einen Höhepunkt. So hängt es für mich in der Luft. Die Idee noch weiter zu schreiben, find ich gut. Und eine kurze Einführung davor, bin gespannt!

lg, simbaladung
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Alt 04.07.2013, 21:17   #7
weiblich Damaris
 
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Danke, liebe Simbaladung. Ich melde mich, wenn ich so weit bin.
LG Damaris
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