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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 11.10.2016, 23:44   #1
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Standard Zu leben lohnt, zu kämpfen!

Ein Kind, ein kleines, zieht mit blaugefrornen Händen
auf dem Gehweg seinen Schlitten. Kufen kratzen knirschend
über die gestreute Asche. Lauschend bleibt es stehen,
nimmt den Ärmel seiner warmen Jacke, putzt die Nase -
sieht die eisenbeschlagnen Hufe des Pferdes zuerst,
des eingeschirrten Gaules schwere Hufe sieht es,
hört sie stampfen, treffen sie das Pflaster - klirren.

Kaum geräumt ist die glatte, vom Eise beschuhte Straße.
Sicheren Schrittes und gleichmäßig zieht der Gaul den
großberäderten Wagen. Zu schnellerem Gang von dem Kutscher
angetrieben, rutscht er aus - hilflos auf die Kruppe kracht
unter den Flüchen des Kutschers mit schlagenden Hufen das Pferd,
von Kinderaugen, schreckgeweiteten Kinderaugen,
und gaffenden Menschen, höhnisch lachenden, genau gesehen.
Der Pöbel lacht: Ein Gaul ist gestolpert, gestürzt ist `ne Mähre.

Allein das Kind mischt nicht seine Stimme ins Geheul -
tritt hinzu und schaut in die Augen des Pferdes hinein,
sieht, wie Träne auf Träne den Augen des Pferdes entrinnt;
Tropfen um Tropfen verschwindet glitzernd in der geflochtenen Mähne.
Tränen des Mitleids, des hilflosen Zornes entströmen dem Kinde.
"Pferd, nicht weinen! Nicht weinen, mein Pferd!" Das Lachen und Grölen
der Menge ringsum übertönt fast die tröstenden Worte des Kindes:
"Ein bisschen Pferd - auf seine Art ist jeder Pferd."

Vielleicht weil es alt ist und seine Erfahrungen hat, vielleicht
gibt dem Tier der Trost des Kindes die Kraft, denn plötzlich
springt das Pferd mit einem gewaltigen Ruck auf die Beine,
wiehert hell, als gebe es Antwort dem weinenden Kinde,
hebt seinen Schweif und legt sich wieder in das Geschirr,
denkt wohl dabei, ein Füllen sei es - heiter nach Hause
zieht es den Wagen. Ein Kind, ein kleines, sieht und versteht:
Es lohnt sich zu kämpfen, zu leben! Zu leben lohnt, zu kämpfen!

Dieses Gedicht hörte ich mal im Radio in russischer Sprache, ließ es mir von einem Mithörer übersetzen und erfuhr später, dass es im Original von dem russischen Dichter Majakowski stammt; ich versuche hier, so nah wie möglich an Majakowski zu bleiben)
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