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Alt 11.03.2008, 19:32   #1
Narph
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 7


Standard Über Ruhe und Nähe

Über Ruhe und Nähe

Langsam geht meine Hand zum Schwert. Vor mir baut sich der unbekannte Böse auf, mit der Absicht mich zu töten. Mein Herz fängt an schneller zu schlagen. Wir schauen uns gegenseitig tief in die Augen und wissen, eine Bewegung und es ist vorbei. Plötzlich ertönt ein lautes grelles geräusch und alles um mich herum wird schwarz.

Meine Augenlieder sind schwer und mein Körper wirkt träge. Es ist eine angenehme Trägheit. Dieses unerträgliche, grelle Geräusch ist immer noch da. Langsam öffne ich meine Augen. Es ist nicht einfach und es fühlt sich an als wenn ich Sand in den Augen hätte. Ich drehe mich um und suche meinen Wecker. Ich schalte ihn aus. Es ist halb Sieben. Ich quäle mich aus dem Bett, setze den Kaffe auf und wandle schlaftrunken in das Badezimmer. Alles ist still. Ich höre nichts und ich genieße es. Nach meinem Morgendlichen Bad und dem Frühstück verlasse ich die Wohnung.

Die ersten Vögel sind schon am singen und ein leichter Windhauch fegt mir durch mein Gesicht. Er bringt den duft von den Blumen mit, die bei meinem Nachbarn im Beet stehen. Ein schöner Duft. Irgendwie löst dieser Geruch in mir ein Gefühl von Glück aus. Ich Atme tief ein und schlendere los.

Der Bus kommt gleich an der Haltestelle an. Ich komme dort an und stehe zwischen vielen Menschen. Alle sind am reden, die Autos rauschen am laufenden Band an mir vorbei. Es ist vorbei. Alle Ruhe ist nun weg und in mir macht sich ein unbehagliches Gefühl breit. Ich stelle mich ein Stück von der Haltestelle entfernt hin, um dem Stress der von den anderen Leuten ausgeht etwas zu entkommen.

An der Kreuzung steht schon der Bus vor der roten Ampel. Ein großer Metallkasten auf Rädern, geschaffen, um viele Menschen dicht aufeinander gedrängt von einem Ort zum anderen zu bringen. Der Bus fährt los. Ich beobachte etwas distanziert, wie sich alle Wartenden auf einen kleinen Fleck auf dem Bürgersteig zusammendrängeln, wo vermutlich gleich der Einstieg des Busses ist. Es wird geschubst und gedrängelt. Ich beobachte dieses Verhalten angewiedert. Alles Egoisten! Alle sind nur darauf bedacht noch einen guten Platz zu erwischen, koste es was es wolle. Ich steige ein.

Langsam bekomme ich von dem Krach Kopfschmerzen. Kinder schreien und quieken, Jugendliche und Erwachsene brummeln vor sich hin. ich kann nirgendwo hin, bin für kurze Zeit gefangen. Von links lehnt sich ein übergewichtiger Mann leicht an mich an. Er riecht stark nach Schweiß. Von rechts atmet mir ein alter Mann ins Gesicht. Sein Atem riecht nach faulen Eiern, gepaart mit Amonjak und Zigarrettenqualm. Mir wird schlecht. Menschen, mit denen ich im Normalfall nicht einmal sprechen würde, in meiner direkten Nähe. Eine unangenehme Nähe. Wenn ich an meine Freundin angekuschelt im Bett liege, ist das eine schöne Nähe, bei der ich mich fühle wie ein Fisch im Wasser, doch hier im Bus bei den fremden Menschen ist Nähe ekelhaft.

Ich kann nirgendwo hin. Ich will hier raus. Ich verzweifle und werde wütend von dieser Verzweiflung. An einer Haltestelle öffnet sich die Tür. Eine Welle von frischer Luft durchströmt den Bus. Ich atme tief ein, denn ich weis, das es gleich wieder stickig wird. Der Bus hält an der Haltestelle an, wo ich aussteige. Ich gehe aus dem Bus und ein kühler Wind kommt mir entgegen. Ich gehe langsam richtung Schule. Neben mir die lauten Autos, in meiner Lunge ihre Abgase. Ich gehe schneller.

In meiner Schulklasse angekommen, werde ich von einem ohrenbetäubendem Lärm empfangen. Die einen reden, andere lachen und wieder andere schreinen rum. 4 oder 5 Handys spielen gleichzeitig Musik. Jedes eine andere Musikrichtung. Es herrscht eine Geräuschkulisse, wie in einer Kneipe, in der freie Getränke ausgeschänkt werden. Meine Kopfschmerzen werden immer schlimmer.

Nun sitze ich schon 6 Stunden hier. Immer wenn der Lehrer etwas abgelenkt wird, wird die Klasse wieder laut. Respektlos. Ich will raus hier. Ich will nach hause. Nach dem Klingeln stürmen alle Schüler aus dem Schulgebäude und hetzen zur Haltestelle. Ich gehe langsam und beobachte, wie sich alle abhetzen, wie sich alle selber Stress machen.

Die Busfahrt nach hause läuft ab wie immer. Nur Nachmittags dann noch viel lauter. Die Leute sind nicht mehr müde, so wie es morgens ist. Sie sind aufgeregt und unruhig von den Ereignissen des Tages.

Ich steige aus dem Bus aus und gehe nach hause. Ich betrete meine Wohnung. Schlecht gelaunt und aggressiv, von dem Tag. Mein Kopf dröhnt und ich fühle mich benebelt. Die Personen, an die ich niemals etwas rankommen lassen würde bekommen meine Laune ab. Mein Vater, meine Großeltern, meine Freundin. Die Laune meiner Freundin verschlechtert sich dadurch täglich.

Ich muss noch Hausarbeiten erledigen und für die Schule lernen, aber ich setze mich erst mal hin und schalte ab. Dann gehe ich ins Bett.
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Alt 24.03.2008, 09:12   #2
Hans Werner
 
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 84


Hallo Narph,

gerade habe ich Deine Geschichte gelesen, die eigentlich eher ein Stimmungsbild darstellt. Es sind die widersprüchlichen Gefühle eines Schülers, der seinen Schulalltag erlebt und unter den lauten Begleiterscheinungen innerlich leidet. Der Text hat mich sehr berührt, weil ich selbst als alter Lehrer viel mit Schülern zu tun hatte und gut nachvollziehen kann, wie gerade junge, sensible Menschen unter dem aggressiven Verhalten der andern leiden können.

Wenn Du mir gestattest, würde ich gerne einige sprachliche Kleinigkeiten verbessern. Du schreibst:

Zitat:
Ich beobachte etwas distanziert, wie sich alle Wartenden auf einen kleinen Fleck auf dem Bürgersteig zusammendrängeln, wo vermutlich gleich der Einstieg des Busses ist. Es wird geschubst und gedrängelt. Ich beobachte dieses Verhalten angewiedert.
Ich würde sagen: "zusammendrängen", und "angewidert" sollte man ohne e schreiben.

Auch würde man "Amonjak" anders schreiben: Ammoniak.

Abgesehen von diesen Kleinigkeiten gefällt mir Dein Stil sehr. Denn er passt so richtig zu der Denkungsart und Ausdrucksweise der halbwüchsigen Schüler.

Mit herzlichem Gruß

Hans Werner
Hans Werner ist offline   Mit Zitat antworten
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