Engel der Wut

[Crystaloser]

1. Meine Nacht wird immer länger,
mein Erdloch immer enger,
und ich warte Tag für Tag
auf den neuen Schicksalsschlag,
auf des dünnen Fadens Reißen,
dass du einfach mich verlässt,
Hunde mich zu Tode beißen,
und die Angst gibt mir den Rest.

2. Ich werde nicht mehr aufstehen,
schon gar nicht jemals aufrecht gehen,
fühl' den Schmerz wie tausend Stiche,
versuch', von allem fort zu kriechen,
versuch', den Glauben zu zerstören,
ich wäre noch auf dieser Welt,
nur einen Laut will ich hören:
wie mein böses Herz verfällt.

Doch wenn fließt aus alten Wunden
Blut,
wenn es brennt auf der Haut wie
Glut,
dann ist etwas vielleicht noch
gut,
wenn er lebt, mein
Engel der Wut.

Engel der Wut, stirb niemals!
Sollt’ ich brechen mir endlich den Hals,
sollt’ ich stürzen und mir brechen das Genick,
geh für immer fort, doch zuvor
sei mit mir nur einen Augenblick.

3. Du warst allein und hast gelitten,
dir fast die Venen aufgeschnitten,
wie ich bist du den Weg gegangen,
hast immerfort Fehler begangen,
hast auch gelernt aus diesen Fehlern:
Man denkt davor nicht ans Danach,
und Liebe kann das Leid nicht schmälern,
verschlimmert es sogar vielfach.

4. Tristesse und Monotonie,
der dunklen Tage Agonie
sind noch harmlos wie ne Grippe,
Geschmack des Giftes auf den Lippen –
Geschmack des Schweißes ist viel stärker,
des langen Kampfes mit sich selbst,
den ich geführt in meinem Kerker
wie mit dem Kopf gegen Stück Fels.

Und verrinnt aus mir der letzte Tropfen
Blut,
und erfriert zu Eis des Kampfgeistes
Glut,
doch noch etwas macht mir weiterhin
Mut,
wenn er da ist, mein
Engel der Wut.

Engel der Wut, sterbe nie!
Wenn ich gehe vor dem Feind in die Knie,
wenn der letzte Hauch Widerstand verbrennt,
geh für immer fort, doch zuvor
sei mit mir für nur einen Moment.

2003

[Crystaloser]

Schweigen ist Gold, aber
ne klitzekleine Kritik
fände ich toll

[Thing]

Halli Hallo, Crystaloser -

nun denn:

Das ist ein sehr düsteres Stück Lyrik, im gerade strahlenden Sonnenschein nicht leicht zu lesen.
Es steht in der richtigen Rubrik.
Ich weiß inzwischen, daß Du kein Deutsch-Mutter-Sprachler bist.
Darauf sind wohl so manche Inversionen zurückzuführen, die mir nicht sehr gefallen.

In der letzten Strophe hast Du seltsamerweise einen falschen Imperativ verwendet, obwohl er vorher richtig formuliert war (stirb!).
Wenn Du magst und ich viel Zeit habe, gehe ich das Ganze gern Vers für Vers durch mit meinen Anregungen.
Aber ich bin beileibe kein Experte!

Vorerst LG von

Thing

[Crystaloser]

Hallo Thing und danke für deine Kritik!

Dass du kein Experte bist, würde ich bei der Qualität und auch Quantität deiner Gedichte auf keinen Fall behaupten, aber ich bin kein Experte, darüber zu urteilen

Vielleicht könntest du etwas genauer auf die Inversionen hinweisen, die du meinst? Wäre für mich allgemein hilfreich.

stirb/sterbe habe ich extra, bevor ichs hier reingestellt habe, nachgegoogelt: "sterbe" wird manchmal verwendet, obwohl das grammatikalisch natürlich nicht korrekt ist. Für mich ein zwiespältiger Fall. Vielleicht sagt noch jemand seine Meinung dazu...

Gruß von Crys

[Thing]

Halli Hallo,

ja, dann warten wir doch lieber die Meinung der Experten ab...


Thing

[Schattenfuchs]

Zitat von Crystaloser

Dass du kein Experte bist, würde ich bei der Qualität und auch Quantität deiner Gedichte auf keinen Fall behaupten, aber ich bin kein Experte, darüber zu urteilen

Mag sein, dass ich das gerade mit falschem Auge lese, aber das wirkt etwas unverschämt.....

Auch mir missfallen einige Inversionen, da sie mMn auch für den Rhythmus nicht nützlich sind.

>>Doch wenn fließt aus alten Wunden
Blut,<<

geht es dabei nur darum, den Reim zu wahren? Es legt sich irgendwie gegen den Rede- und Lesefluss, wenn du verstehst.

Gruß

Schatti

[Crystaloser]

Mag sein, dass ich das gerade mit falschem Auge lese, aber das wirkt etwas unverschämt.....

Wenn ich diesen Eindruck vermittelt hatte, dann möchte ich mich bei Thing entschuldigen. Für mich war nur seine diezbezügliche Bescheidenheit nicht ganz nachvollziehbar

>>Doch wenn fließt aus alten Wunden
Blut,<<

geht es dabei nur darum, den Reim zu wahren? Es legt sich irgendwie gegen den Rede- und Lesefluss, wenn du verstehst.

Versuch es vielleicht als eine Art Übergang zum Refrain zu lesen mit der Betonung auf jeweils letztes Wort der Zeile

Gruß
Crys

[Schattenfuchs]

Hi again,

ist es denn als Songtext gedacht?

Schatti

[Crystaloser]

Es stammt aus meinen Anfängen, und da hatte ich mich hauptsächlich an liedähnlichen Sachen versucht.
Zu meiner Rechtfertigung kann ich vielleicht sagen, dass die Genreübergänge zwischen einem Lied und einem Gedicht wohl doch fließend sind, denn als Song kann der Text zugegeben kaum durchgehen.

Gruß
Crys

[Thing]

Halli Hallo, Crystaloser -

es kam bei mir genauso an, wie Du es geschrieben hattest:
Das Gegenteil einer "Frechheit". Nämlich als Lob.
Danke!

ich werd mich dem Gedicht bald noch einmal widmen.

Thing


@ Schattenfuchs:

Zuerst lesen. Dann evtl. noch einige Minuten lang mit der Antwort warten.

[Schattenfuchs]

Deshalb habe ich es vorweg relativiert. Ich will ja niemandem etwas Böses.