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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 14.04.2012, 00:01   #1
weiblich FrauBiene
 
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Beiträge: 63

Standard wir wollenden

auf dem Prüfstand
schlängelt
eine ungeborene Seele
die unter dem Deckmantel
der anderen ihre häute speist

ganz neu sortiert in feinster Erde
besprenkelt sie die Lust am Sein
gibt allen draußen ein Lebenszeichen
den Traurigen, den Glücklichen, den Liebenden

fürstlich thront ihr Haupt auf vergangener
sie sieht ihre Schönheit und traut derer nicht
weil fremdartige im süßen Zucker ihr Pech vergruben
was ist so süß trägt Bitterkeit

fürwahr alle die begrüßen was in Ebbe kreucht
auf abgetragener Flut, auf hoher See, auf stürmischer Saat
wenn Körner bewegen was stumm befunden
schreit die Seele in den Kampf
zwischen Götter und Krieger

trägt Wunden durch ungesagte Tränen
die Erdolchte ertränkt
weil sie stirbt für einen Funken
der im Glück die Lust spiegelt
die auf dem Prüfstand
ein ja behauptet
und ihre Häute in Sehnsucht
tränkt

Copyright by Sabine Mocek
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Alt 14.04.2012, 04:50   #2
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.111

Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, diesen Text ernst zu nehmen. Das erste, was ich assoziierte, war der nächste TÜV-Termin für mein Auto.

Das konnte ich nicht hinnehmen, also habe ich den Text wiederholt gelesen, aber da kam jedesmal wieder der Prüfstand ins Spiel.

Also nochmal lesen. Und dann diese saukomische Stelle:

Zitat:
fürwahr alle die begrüßen was in Ebbe kreucht
auf abgetragener Flut, auf hoher See, auf stürmischer Saat
wenn Körner bewegen was stumm befunden
schreit die Seele in den Kampf
zwischen Götter und Krieger
So bin ich doch noch auf meine Kosten gekommen.

Mit manchen Texten muß man eben Geduld haben, sie erschließen sich erst nach harter Arbeit. Günter Grass meinte zwar, ein Gedicht müsse klar in seiner Aussage sein, aber offensichtlich hat das noch nicht die Runde im Kreise selbstberufener Dichter gemacht.

Egal, ich habe ja etwas für mich rausgequetscht: einen herzhaften Lacher.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.04.2012, 05:48   #3
männlich Ex-Gamma
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Beiträge: 1.194

Ja immer wieder werde ich dieses Gedicht lesen, bis alle Farben sich bewegen, damit auch der Verstand nicht hinken muss.
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Alt 14.04.2012, 11:27   #4
weiblich FrauBiene
 
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Beiträge: 63

Hi Ilka,
interessant, dass mein Gedicht bei dir zu einer Belustigung führt. So ist es doch eher anzusiedeln in der traurigen, sentimentalen und lethargischen Ecke.

Meine Verse thematisieren das Leiden der Seele und die Lust nach Freiheit. Diese Freiheit und da beziehe ich mich auf Aristoteles, soll durch kathartische Wirkung erzielt werden. Es entsteht eine Divergenz, die durch die Metamorphose ausgelöst wird. Die Seele befindet sich auf dem Prüfstand, um die Sphäre der Verwandlung erlangen zu können und so schreit sie in den Kampf.

Kurzum die therapeutische Wirkung durch eine Psychoanalyse ergibt sich aus dem Erkennen und Zulassen der verletzten Seele (Reinigung durch das Durchleben der Gefühle) und findet ihre Vollendung, wenn man von einer Vollendung sprechen kann, in der Wiedergeburt einer neuen reinen und unvergifteten Seele.

Kann der Mensch Freiheit erlangen, wenn er in seiner Seele gefangen ist?

FrauBiene
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Alt 14.04.2012, 11:47   #5
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.111

Zitat:
Zitat von FrauBiene Beitrag anzeigen
Kann der Mensch Freiheit erlangen, wenn er in seiner Seele gefangen ist?

FrauBiene
Was Katharsis ist, weiß ich, Biene, auch wenn ich es anders erklärt hätte. Ich weiß jedoch nicht, was Freiheit in ihrer reinen Form ist, das konnte mir noch niemand definieren. Vielleicht gibt es das gar nicht. Wahrscheinlich läßt sich Freiheit nur durch die Abgrenzung von Unfreiheit erkennen - etwa so, wie es keinen Raum geben kann, wenn nichts in ihm ist.
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Alt 14.04.2012, 11:47   #6
Ex-zonkeye
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Dabei seit: 05/2011
Beiträge: 504

Zonkeye hat nicht gequetscht und nicht gelacht,

sondern sich aus der Form des Gedichts Amsterdam gedacht mit seinen roten, gelben und blauen Blumenmeeren in ebbe gewordenen Landschaften, den Kreislauf gesehen zwischen dem Werden, Altern und Sterben, millionenfach scheinbar gleich und doch einmalig in dem Moment, in dem die Tulpe (trotzdem!) zum Brautstrauß wird.

Wenn sie mit ihrer Interpretation nicht genau das getroffen haben sollte, was @FrauBiene uns wirklich zeigen wollte, bittet sie um großmütige Nachsicht. Sie ist nur ein Avatar, der gerade mit Jet-Lag in einem New Yorker Hotelzimmer herumlungert und mit dem Boy vom Room-Service flirtet.

zonkeye
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