Filmriss

[Perry]

Der letzte Schluck brachte den Kick,
diesen gewissen Wattemillimeter
über dem Boden zu schweben,
der zwar nicht zu sehen,
dafür bei jedem Schritt zu spüren ist.

Auf schwankendem Hovercraft,
an rotweißen Zahnpastastreifen vorbei,
das Daunenmeer angepeilt,
hatte der späte Film ein Happy End,
wie man beim Frühstück erzählte.

[densely]

Hallo Perry,

schönes Gedicht über einen Vollrausch, mit stimmigen Bildern. Auf mich wirkt es allerdings ein wenig verklärt, erinnert mich an die Art, wie Jack London über Alkohol geschrieben hat; wer musste denn das Bad sauber machen, und wer frühstückt überhaupt am nächsten Morgen, mit so einem Kater? Auch der eingetretene Erinnerungsverlust (für mich der Hauptgrund, vorher auf Wasser umzusteigen) wird sehr neutral beschrieben, das Happy-End scheint mir für diese Art Film eher untypisch, weil selten.

Ich denke allerdings, dass mir das nur einfällt, weil letztes Jahr die Kosten für die Krankenhausbehandlung alkoholvergifteter Kinder auf über 10 Millionen Euro gestiegen sind, weil sich in den Nachrichten die Meldungen über Tequilla-Flatrate-Orgien-Katastrophen wie Zecken festbeissen und weil ich gestern Nachmittag, Karnevalssonntag, in Köln auf den Schull-un-Väädelszöch das erste Mal überall Schüler in der Ecke liegen sah. Ich gehe dort mit meinen Kindern seit fünf Jahren hin, diesmal war es anders als sonst. Die Sanitäter, die sonst stundenlang rumgestanden haben, waren echt beschäftigt.

Sonst wäre ich nach dem ersten Satz schon fast fertig gewesen und müsste nur noch hinzufügen: Gelungene Beschreibung einer Wahrnehmungsveränderung, mit unverbrauchten, phantasievollen Metaphern. Gefällt mir gut.
Viele Grüße
2634

[Perry]

Hallo 2634,
ja leider gibt es nicht immer ein Happy End und schon gar nicht wenn Minderjährige mit Alkohol in Verbindung kommen. Mein Szenario spielt sich mehr im häuslichen Umfeld ab (Spätfilm etc.) und ist eher ironisch gemeint.
Danke für deine lobende Einschätzung der Umsetzung und LG
Perry