Der Narzist

[Rolli]

Ich bin kein bisschen überheblich
und habe trotzdem immer recht.
Mein Genie ist nicht alltäglich,
ich bin fürwahr ein toller Hecht.

Mein Intellekt kennt keine Grenzen,
ich bin so schlau, dazu noch schön.
Der Fülle meiner Kompetenzen
kann selbst ich nicht widerstehen.

Selbstvertrauen hab ich reichlich
und für Bedenken keine Zeit.
Ich bin einfach unvergleichlich
in meiner Einzigartigkeit.

Da, wo ich bin, da ist oben,
ein Grund mehr mich zu beneiden,
doch ich will mich gar nicht loben,
dafür bin ich zu bescheiden.

[dunkler Traum]

... tolle Zeilen, die allerdings keinen Narzisst beschreiben, sondern einen "bescheidenen" eingebildeten Schönling. Ein Narzisst liebt nur sich selbst, zusätzlich manipuliert er andere. Das kommt meiner Meinung nach nicht so richtig raus. Trotzdem, gern gelesen.

wsT
dT

[Ilka-Maria]

Sehe ich ebenso wie dunkler Traum. Das Gedicht beschreibt einen Angeber, ein Narzisst ist eine andere Hausnummer. Narzissten verfügen über ein gewaltiges Potential an Manipulationswaffen, die sie mit Charme einzusetzen vermögen, um aus ihren Opfern möglichst viel herauszuholen. Klappt das nicht, werden sie zu Todfeinden.

Der Narzisst schreibt sich mit Doppel-s, denn er leitet sich von Narzissus ab.

LG
Ilka

[Rolli]

Hallo Ilka und dunkler Traum,

danke fürs Lesen und die Richtigstellung. Da die Möglichkeit noch gegeben war, habe ich den Titel konsequent und provokant in "Ich, ein Großkotz?" geändert.

LG Rolli

[Nöck]

Hallo Rolli,

deine Verse gefallen mir, allerdings beschreiben sie auch den Großkotz nicht perfekt. Aber du hast den Titel ja mit einem Fragezeichen versehen.

LG Nöck

[Heinz]

Hallo Rolli,
weshalb die Titeländerung?
Ich habe selten so eine genaue Charakterisierung meiner Person gelesen - nur kein Neid!!! Übertroffen wird sie nur von der Bass-Arie aus "Zar und Zimmermann":

O sancta justitia! Ich möchte rasen,
Von früh bis spät lauf ich herum;
Ich bin von Amtspflicht ganz aufgeblasen,
Das Wohl der Stadt bringt mich noch um.

Plerique hominum auf dieser Erde,
Sie ruhn doch mal von Qual und Beschwerde;
Doch kaum schaut der Morgen in meine Kammer,
So rufen die Akten mein Genie,
Und bis zur Nacht bin ich, o Jammer,
Re vera übler noch dran als ein Vieh!

Kein Zugpferd in der Tat hat's so schlimm,
Als ein Vorstand und Rat.
Ein Glück, daß ich mein Amt verstehe,
Und sapientissime alles wend und drehe,
Daß mein Ingenium Akten weiß zu schmieren
Und das Consilium am Gängelband zu führen.

Denn ich weiß zu bombardieren,
Zu rationieren und zu expektorieren,
Zu inspizieren, zu räsonieren,
Zu echauffieren und zu malträtieren.

Rem publicam hab ich stets im Sinn.
Man weiß es ja, daß ich ein Codex bin.
Alt und jung ruft mir zum Preise,
Ich bin Saardams größtes Licht.
O ich bin klug und weise,
Und mich betrügt man nicht.
Diese ausdrucksvollen Züge,
Dieses Aug', wie ein Flambeau,
Künden meines Geistes Siege,
Ich bin ein zweiter Salomo.
Dazu der Corpus noch in petto,
Mit einem Wort, ich bin ganz netto.

Man glaub' mir's, daß ich nie mich trüge
Et eo ipso momento
Gleich über jedes Crimen siege.
Ich wühl mich in Prozesse ein
Und schlichte sie sehr schlau und fein.
O ich bin klug und weise,
Und mich betrügt man nicht.
Diese ausdrucksvollen Züge,
Dieses Aug', wie ein Flambeau,
Verkünden meines Geistes Siege,
Ich bin ein zweiter Salomo.

Denn ich weiß zu bombardieren,
Zu rationieren, zu expektorieren,
Zu blamieren, inspizieren,
Echauffieren, räsonieren, malträtieren,
Und zu ieren, zieren, rühren,
Führen, schmieren, ratifizieren.

Mit einem Wort, man sieht mir's an,
Ich bin ad speciem ein ganzer Mann!

Liebe Grüße!
Heinz

[Nöck]

Lieber Heinz,

das ist sicher nur eine unvollständige Aufzählung deiner positiven Eigenschaften oder?

LG Nöck

[Heinz]

Lieber Nöck,
meine angeborene Bescheidenheit verbietet mir, weitere Glanzlichter aufblühen zu lassen. Du wirst es mir nachempfinden können: Es ist nicht leicht primus inter pares zu sein.
Liebe Grüße,
Heinz

[Rolli]

Hallo Heinz,

wäre mir die rein zufällige Ähnlichkeit des "Ich" mit Deiner Person bewusst gewesen, gilt bei aller Lobhudelei doch sicherlich: "dafür ist er zu bescheiden"!

LG Rolli