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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 11.12.2020, 21:05   #1
männlich Sinneswandler
 
Dabei seit: 12/2020
Ort: in einer besseren Welt
Beiträge: 159

Standard Vermutlich Darum

Warum seh ich die Zukunft schwarz?
Warum fehlt mir der Sinn?
Warum steht keiner auf und kämpft?
Warum nehmen wir's hin?
Warum sieht jeder einfach zu?
Warum nimmt man's in Kauf?
Warum machen wir weiter so?
Warum hörn wir nicht auf?
Warum haben wir ständig Angst?
Warum sind wir nicht frei?
Warum schützen wir Umwelt nicht?
Warum stehn wir dabei?
Ich glaub, der Grund dafür ist klar, doch ich versteh ihn nicht !!!
Es ist den meisten scheissegal, doch wär es unsre Pflicht.
Sinneswandler ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.12.2020, 22:26   #2
weiblich Ilka-Maria
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Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.076

Tja, warum tut niemand etwas?

Wer käme denn auf die absurde Idee, man selbst könnte damit anfangen und sich alle Warums sparen? Das wäre halt mühsam. Alle anderen zu fragen und in die Verantwortung zu nehmen ist viel bequemer. Der Teufel ist immer der andere. Da ist man selbst fein raus.

Solche Gedanken haben Menschen, die noch am Schnuller lutschen und in die Windeln machen.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.12.2020, 19:40   #3
Trembalo
 
Dabei seit: 03/2014
Beiträge: 756

Warum.
Das, was wir kennen, ist einfach und bequem,
ein Teil der Masse zu sein, Schwarmverhalten,
erzeugt Sicherheit.
Sich dort heraus trauen,
seine eigene Welt bauen
ist mühselig, unsicher
und gefährlich.
Früher überlebten die Menschen nicht
ohne ihre Gruppe,
vielleicht ist es auch die Angst,
die einen aufhält,
die Angst vor dem, was einen erwartet
und letztendlich zu versagen.

alles Liebe Dir
Sinneswandler
Trembalo ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.12.2020, 19:59   #4
Ex-Fourwaystreet
Gast
 
Beiträge: n/a

Zitat:
Zitat von Trembalo Beitrag anzeigen
Früher überlebten die Menschen nicht
ohne ihre Gruppe,
Hallo zusammen,

@ Trembalo
genau, diese Angst des AusgestossenSeins steckt zutiefst in uns. Vor nicht allzu vielen Generationen noch, wurden Menschen ja aus der Dorfgemeinschaft / der Stadt verstossen und mussten außerhalb der Stadtmauern als Geächtete und Vogelfreie leben, wenn sie nicht dazu gehörten.

Dazu kommt noch die spezielle Färbung, die die "deutsche" Psyche durch die Nazizeit erhalten hat. Noch vor 71 Jahren (1949) wurde mit dem Tode bestraft, wer Menschlichkeit, Klarheit und Liebe über Hass und Gewalt hochhielt. 71 Jahre ist noch nicht so sehr lange her, dass sich neue und gesündere Verhaltensmechanismen in der Seele etablieren konnten.
Insbesondere deswegen nicht, weil die Geschichte nie grundlegend aufgearbeitet worden ist.
Papa Hitler ist hopps gegangen; die Obergauner wurden noch verhandelt und bestraft ... - dann ging volk postwendend zur Tagesordnung über und stampfte das Wirtschaftswunder aus dem Drecksboden.

Fourwaystreet
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Alt 12.12.2020, 20:59   #5
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.076

Zitat:
Zitat von Fourwaystreet Beitrag anzeigen
Vor nicht allzu vielen Generationen noch, wurden Menschen ja aus der Dorfgemeinschaft / der Stadt verstossen und mussten außerhalb der Stadtmauern als Geächtete und Vogelfreie leben, wenn sie nicht dazu gehörten.
Das ist noch heute so, nur stehen dafür andere, subtile Mittel zur Verfügung. Ausgrenzung geschieht auf der psychischen Ebene, kappt von sozialen Bindungen und Erwerbsquellen und erzeugt Depressionen. Psychische Erkrankungen sind im Vormarsch, und noch nie hatten so viele Menschen Angst vor der Zukunft gehabt, trotz ihres Wohlstandes. Unser Problem ist nicht das Erbe der Nazizeit oder die Auswüchse des Kapitalismus, sondern es sind die Medien, die pausenlos eine Sau nach der anderen durchs Dorf jagen.

Zitat:
Zitat von Fourwaystreet Beitrag anzeigen
dann ging volk postwendend zur Tagesordnung über und stampfte das Wirtschaftswunder aus dem Drecksboden.
Was hätte das Volk deiner Meinung nach tun sollen? In den Trümmern sitzen bleiben und dem Krieg hinterherweinen? Hätten die Frauen, deren Männer nicht aus dem Krieg zurückkamen, nicht arbeiten gehen sollen, um das "böse" Wirtschaftswunder zu vermeiden, statt ihre Kinder satt zu bekommen? Hätten die Bauherren die italienischen Gastarbeiter ablehnen sollen, die dringend gebraucht wurden, um Wohnungen zu schaffen für die Ausgebomten und die Flüchtlingsfamilien aus dem Osten? Was hättest du anstelle Adenauers beschlossen?

Ich bin jedenfalls sehr glücklich darüber, in den 50er Jahren unter der Schirmherrschaft der Amerikaner großgeworden zu sein, anstatt um Nahrungsmittel anstehen und eine kleine Wohnung mit einer anderen Familie teilen zu müssen, wie es für viele andere Menschen noch der Fall war. Und das war noch ein Glücksfall, denn viele Flüchtlingsfamilien wohnten jahrelang in dem Flüchtlingsheim in unserer Straße, wo ich oft hinging, um mit den Kindern zu spielen. So rosig war die Sache mit dem Wirtschaftswunder sowieso nicht, das ist eher ein Mythos. Mein Vater schuftete damals mehr als zehn Stunden am Tag, auch samstags, und zwar in Akkordarbeit. Bezahlt wurde also nach Stückzahl, nicht nach Zeit. Was daran wunderbar gewesen sein soll, erschließt sich mir nicht.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.12.2020, 00:19   #6
männlich Sinneswandler
 
Dabei seit: 12/2020
Ort: in einer besseren Welt
Beiträge: 159

Hallo,
es freut mich, mit meinen Zeilen eine Reaktion hervorzurufen.
Das Tolle daran ist zu sehen, wie man einen Text so vielfältig interpretieren kann, und jeder andere Dinge für sich entdeckt.
So möchte ich mich keinesfalls aus der Verantwortung nehmen, oder mit erhobenem Zeigefinger den Rest der Menschheit verteufeln.
Auch glaub ich nicht, dass jeder der sich gedanklich mit den Begebenheiten
unserer Zeit auseinandersetzt, automatisch ein Wickelkind ist.
Etwas zu hinterfragen sollte in jedem Alter erlaubt sein !

Die Erklärung Warum. find ich toll und da steckt sehr viel Wahrheit drin.
Und auch den Rückblick auf die Gechichte unseres Landes kann ich sehr gut nachvollziehen...
Genauso entspricht dieses komplett der Wahrheit :die Medien, die pausenlos eine Sau nach der anderen durchs Dorf jagen.

Ich wollte damit vermutlich eher jedem, auch mir selbst einen kleinen Denkanstoss geben, dass man manchmal mutiger sein sollte,
und nicht immer nur alles hinnehmen muss...
Es gibt im Alltag so viele Situationen, wo ein simples warum angebracht ist.
Ob man dadurch gleich die Weltherrschaft an sich reißt, sei dahingestellt ...
Auch im Kleinen lässt sich was bewegen.

Liebe Grüsse
Sinneswandler ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.12.2020, 01:39   #7
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.076

Zitat:
Zitat von Sinneswandler Beitrag anzeigen
Und auch den Rückblick auf die Gechichte unseres Landes kann ich sehr gut nachvollziehen...
Genauso entspricht dieses komplett der Wahrheit :die Medien, die pausenlos eine Sau nach der anderen durchs Dorf jagen.
Sorry, wenn ich auf den Kommentar von Fourwaystreet etwas harsch reagiert habe. Der feindselige Unterton ihrer Formulierung ("Wirtschaftswunder aus dem Drecksboden gestampft") hatte mich dazu veranlasst. Es ist ziemlich einfach, aus der Perspektive der Nachgeborenen auf die Leute herabzusehen, die zwei Weltkriege miterlebt hatten und unter ganz anderen Vorzeichen durch diese schweren Zeiten gehen mussten, als wir uns das heute vorstellen können. Da wird mit Halbwahrheiten und Vereinfachungen umgegangen, die nicht akzeptabel sind. Wenn darauf hingewiesen wird, dass die Todesstrafe in Deutschland bis 1949 ausgeführt wurde, sollte man schon genauer sein und von Westdeutschland sprechen und darüber, dass die Etablierung des Grundgesetzes mit ihrer Abschaffung zu tun hatte. In der DDR wurde die Todesstrafe nämlich noch mehr als 30 Jahre seit ihrer Gründung angewandt.

Es stimmt auch nicht, dass in Westdeutschland überhaupt keine Aufarbeitung der Nazizeit stattgefunden hat. Natürlich redeten die Leute nicht gerne darüber, schon gar nicht, wenn sie durch ihre Erfahrungen an der Front oder in den Konzentrationslagern traumatisiert waren. Es ist das gute Recht eines Menschen, sich durch Schweigen der Tortur zu entziehen, schreckliche Ereignisse noch einmal im Geiste durchleben zu müssen. Dennoch war es ein Deutscher, der Eichmann aufspürte, und es war das deutsche Fernsehen, das täglich über den Eichmann-Prozess in Israel berichtete, und zwar so ausführlich und erschütternd, dass ich mich noch heute an die Mitschnitte erinnern kann, obwohl ich noch ein Kind war. Auch die Kulturschaffenden hatten sich mit der Nazizeit und den Nachwirkungen des Krieges auseinandergesetzt, so z.B. in dem Kinofilm "Die Mörder sind unter uns" von 1946 (!). Das Fernsehen konfrontierte in den 50er und 60er Jahren außerdem regelmäßig mit Dokumentationen, in denen gezeigt wurde, wie die Toten mit Baggern aus den Konzentrationslagern geschaufelt wurden, und das weiß ich deshalb so genau, weil ich sie gesehen habe. Damals wurde auf die Befindlichkeiten der Zuschauer nämlich nicht die gleiche Rücksicht genommen wie heute. Wer diese Bilder nicht aushielt, hatte eben Pech gehabt, und wenn man das als Kind mitbekam, war es eben so und niemand wäre auf den Gedanken gekommen, das könne einen psychischen Schaden anrichten.

Diese oberlehrerhaften Urteile über die angeblich ignoranten "Wir-sind-wieder-wer"-Deutschen werden nicht wahrer, indem man sie aufschnappt und weiterverbreitet. Wer sich informieren wollte, konnte dies immer tun, aber schließlich hatten die Leute auch noch etwas anderes zu erledigen, nämlich Schutt wegzuräumen, Wohnungen zu bauen, zwei eisige Winter zu überstehen und sich um genügend Nahrungsmittel zu kümmern. Wer weiß denn heute noch, dass in den beiden Nachkriegswintern jede Menge Leute schlicht und einfach erfroren, weil kein Heizmaterial da war? Oder dass die Menschen in ganz Europa hungerten und auf Rationen angewiesen waren? Wie Bert Brecht sagte, kommt erst der Bauch, dann die Moral.

Du hast schon recht, Sinneswandel, die Frage nach dem Warum zu fordern, und nach Möglichkeit auch die Antworten darauf. Bei dem Thema, um das es mir hier geht, wurde gefragt, nämlich von der Generation, die einfach zu jung gewesen war, um das im Fernsehen gesehen zu haben, was ich noch zu sehen bekommen hatte. Die "Aufarbeitung", wie sie in den 70er Jahren stattfand, wurde durch die Serie "Holocaust" ausgelöst, damals einer der teuersten ARD-Einkäufe aus den U.S.A. Es kann aber nicht sein, dass sich diese bis dahin ahnungslose Generation moralisch über ihre Eltern und Großeltern erhebt, ohne selbst in einer von Ideologien beherrschten Welt gelebt zu haben, in der ein falsches Wort den Tod hätte bedeuten können. Wer Vergangenes verstehen will, muss die Perspektive der Menschen in ihrer Zeit einnehmen, mit dem Ritt auf dem hohen Ross ist es nicht getan.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
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