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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 12.01.2019, 13:57   #1
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Standard Bannstein

Ein nackter Stein auf kahlem Feld
zentriert mein ganzes Leben
er nimmt mir irgendwann mein Geld
und wird dafür nichts geben

Jahr für Jahr zieht er mich an
als wollte er nach Nähe streben
Stück für Stück lockt mich sein Bann
was darf ich noch erleben

Am Ende stehen wir im Lot
der Bann wird so gebrochen
in Erde ruht das hölzern Boot
nichts kann mehr unterjochen
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Alt 12.01.2019, 19:00   #2
weiblich AlteLyrikerin
 
Benutzerbild von AlteLyrikerin
 
Dabei seit: 11/2018
Ort: Burglengenfeld
Alter: 73
Beiträge: 1.706

Lieber Gylon,
gefällt mir sehr gut Dein Gedicht. Ich lese den Stein, um den es geht, als den Grabstein des LyrI. Die Zeile 6 scheint mir etwasxaus dem übrigen Rhythmusxauszubrechen, oder?
Das Bild vom "hölzern Boot" verstehe ich nicht. Aber das mager Tatsache geschuldet sein, dass ich die zentrale Aussage des Gedichts nicht erfasst habe.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.
AlteLyrikerin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2019, 11:20   #3
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Liebe AlteLyrikerin,
das hölzerne Boot ist ein Sarg.
Anstatt in einem Sarg, halt in einem Boot. Ein offener Sarg sieht ja auch Boots ähnlich aus und im frühen Skandinavien und anderen Regionen gab es auch Begräbnisse in einem Boot.
Die Idee zu dem Text kam mir durch eine Film Szene wo ein Grabstein ganz allein auf einer großen Grasfläche stand.

Die Story könnte man so verstehen, dass sich jemand zu Lebzeiten schon seinen Grabstein auf die Wiese gestellt hat und seitdem magisch von ihm angezogen wird.
Er guckt ihn jeden Tag an und hat das Gefühl das der Stein nach ihm ruft. Erlösung von diesem Joch findet er erst durch den eigenen tot. Also keine zentrale Aussage, sondern nur eine Story.

Der Rhythmus ist nicht gleichmäßig wie bei den meisten meiner Texte.
Es freut mich sehr, dass du gefallen an dem Text finden konntest. Dankeschön!

Liebe Grüße Gylon
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.01.2019, 08:09   #4
weiblich Ex-Serpentina
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697

Hallo Gylon,

von deinem Bannstein angezogen, möchte ich ein paar Gedanken hier lassen.
Da der Tod ein zentrales Thema in Dichtung und Philosophie ist, wäre ich ohne dein Kommentar erst einmal nicht darauf gekommen, dass dein Gedicht von jemanden handelt, der von seinem eigenen Tod in der Art eingenommen wird.
Mir gelingt ein Perspektivenwechsel auch nur bedingt. Möglichweise ist das Gedicht, diesen Punkt betreffend, für mich nicht ausführend genug, bzw. legt das zentrale Thema und die gelungenen Bilder, die dafür verwendet hast, einen Bann darüber, so dass ich jetzt selbst um den Stein kreise und zu keinem eindeutigen Schluss komme.
Kurz: Hut ab! Titel und Gedicht haben es in sich und das gefällt mir.

Sehr gerne gelesen,
Serpentina
Ex-Serpentina ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.01.2019, 09:26   #5
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Schön geschrieben, lieber Gylon. Evtl. noch vor Jahr und Stück eine unbetonte Silbe (von, und) setzen.

Gebannt gelesen.

Steinerne Grüße von
gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.01.2019, 11:55   #6
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Lieber Gylon,

über den eigenen Tod nachzudenken ist normal, sich nach ihm zu sehnen, weniger. Der Stein ist ein Zeitzeuge, fast für die Ewigkeit.

Zitat:
Zitat von Gylon
er nimmt mir irgendwann mein Geld
und wird dafür nichts geben
Das finde ich weniger poetisch, es passt für mich nicht so recht in dein schönes Gedicht. Was hältst du z.B. hiervon?

Er, der schon lange Wache hält,
wird einst mir Ruhe geben.

Zitat:
Zitat von Gylon
in Erde ruht das hölzern Boot
Das gefällt mir sehr gut, für die Wikinger war es Untersatz für die lange Reise.

Liebe Grüße
Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.01.2019, 19:07   #7
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Lieber gummibaum,
danke für die Verbesserungsvorschläge zum Rhythmus, die ich gerne übernommen habe!


Lieber Nöck,
du legst den Finger in die Wunde. Um die Stelle bin ich schon öfter herumgeschwirrt und habe nach einer alternative gesucht. Leider erfolglos.

Deine gefällt mir ausgezeichnet und ich habe sie gerne übernommen.
Sie wäre mir niemals eingefallen, weil sie einfach nicht meinem Sprachgebrauch entspricht.


Ich danke euch für eure mithilfe und euren Besuch!

Liebe Grüße Gylon


Hier also die überarbeitete Fassung:


Bannstein


Ein nackter Stein auf kahlem Feld
zentriert mein ganzes Leben
er der schon lange Wache hält
wird einst mir Ruhe geben

von Jahr zu Jahr zieht er mich an
als wollte er nach Nähe streben
und Stück für Stück lockt mich sein Bann
was darf ich noch erleben

Am Ende stehen wir im Lot
der Bann wird so gebrochen
in Erde ruht das hölzern Boot
nichts kann mehr unterjochen
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.01.2019, 20:35   #8
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Lieber Gylon, freut mich, dass dir mein Vorschlag zusagt. Geben und nehmen.

Liebe Grüße
Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.01.2019, 23:44   #9
weiblich Ex-Letreo71
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2014
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 4.032

Ein Gedicht, welches, mit wenig Überarbeitung, hervorsticht, lieber Gylon.

Lieben Gruß

Letreo im Kom(m)a
Ex-Letreo71 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2019, 00:58   #10
männlich Ex-Ralfchen
abgemeldet
 
Dabei seit: 10/2009
Alter: 77
Beiträge: 17.302

servus Gylon -

eine der schönsten grabstein-karma-gorien, die ich je lesen durfte. macht einem fast lust aufs sterben und mitten auf einem feld verscharrt zu werden.

lieben gruß
der deine -
Rchen
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2019, 10:49   #11
weiblich Ex-Serpentina
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697

Hallo Gylon,

besonder gefällt mir die letzte Strophe.
Auch wenn du hier möglicherweise an die endende Obsession des LI dachtest,
greift diese Strophe gekonnt den zentralen Gedanken auf,
den Tod auch als Erlösung sehen zu können.

LG,
S.
Ex-Serpentina ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2019, 18:55   #12
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Liebe letero71, Serpentina, lieber Ralfchen,
ich danke euch ganz herzlich!

Wie ihr nachlesen könnt, hatte ich für den finalen Schliff etwas Hilfe von kundigen Händen. Aber jetzt ist es doch eine schöne Gemeinschaftsarbeit geworden.

Liebe Grüße Gylon
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
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