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Alt 04.10.2013, 03:19   #1
männlich Max K.
 
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Standard Der Stuhl der Juedin (Part 1)

Ich glaube kaum, dass es irgend ein Wesen auf dieser Welt gibt, welches sich um einen alten, klapprigen Holzstuhl scheren wuerde. Warum auch? Dieser Stuhl ist sochein nutzloser Gegenstand. Setzt man sich auf jenen Stuhl, so bricht er aller Warscheinlichkeit nach zusammen. Auch hat er nichts sehenswertes an sich. Er sieht einfallslos aus, ist also auch keine Augenweide.
Doch trotz alldem hat jener Stuhl eine tiefere Bedeutung, doch man muss tief in der Geschichte jenes Stuhles graben, um diese zu enthuellen. Vielleicht gibt es jemanden, fuer den dieser alte Stuhl mehr ist als nur ein alter Stuhl. Und es gab solch eine Person. Hannes Krauzweder war sein Name, eine Person, welche nichts weiter war als eine von mehreren Billionen. Niemandem sagte dieser Name irgendetwas, ausgenommen dem uebrigen Rest seiner Familie und einiger unbedeutender Freunde, welche allesamt kurz vor dem Ende standen. Doch Hannes wird vom unbedeutenden Einzelgaenger zu einer entscheidenden Schluesselfigur, wenn man zur Geschichte jenes alten Stuhles zurueckkehrt. Denn fuer Hannes und seine Familie war jener Stuhl ein Beweis von Leid, Tortur und eine durch grobe Gewalt zerrissene Liebe.
Es war ein eiskalter Wintertag, an dem Hannes mit einer Gruppe Scharfschuetzen mitten in den Alpen auf dem Weg zu einem wichtigen Kriegsziel war, Februar 1941. Trotz waermster Winterkleidung wurde den Soldaten bald klar, dass sie es nicht bis zu ihrem Ziel schaffen wuerden und man ihre unterkuelten Leichen in der endlosen, weissen Schneedecke finden wuerde, wenn sie nicht bald ein Feuer zum Aufwaermen faenden. Drei der fuenf Soldaten waren kurz davor, umzukehren, da sie beim Gedanken an den Tod den Verstand verloren, trotz ihres nicht mehr allzu niedrigen Militaerranges, welchen sie sich fuer das Toeten einiger Soldaten und Zivilisten verdient hatten. Auch Hannes begann, der Schwaeche und der Hoffnungslosigkeit zu unterliegen und war dabei, umzukehren, als wie aus dem Nichts ein kleines Licht in der Ferne erschien. Hannes rief voller Begeisterung, dieses Haus waere ihre Rettung, doch obwohl die anderen Soldaten jenes Licht ebenfalls sahen, beschlossen sie, diesen Versuch nicht zu wagen. Trotz Hannes' Versuch, wieder die Hoffnung und den Willen zu ueberleben in den Soldaten zu wecken, drehten sie um und verschwanden bald im dichten Schneesturm, welcher sich langsam auftat und immer dichter wurde. Lediglich zwei Soldaten blieben uebrig, Hannes Krauzweder und Hermann Stattwinger. Beides deutsche Scharfschuetzen, zurueckgelassen in einem gnadenlosen Sturm, ohne Vorraete, jeder nur eine Pistole und ein Gewehr am Leib tragend. Jeder andere Mensch in dieser Situation waere verzweifelt und in Panik geraten, was letztlich auch mit Hermann geschah. Doch Hannes gab nicht auf, er weckte die Hoffnung in Hermann’s Seele, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg gen der vermeindlichen Rettung in Form einer Berghuette inmitten von Sturm und beissender Kaelte.
Obwohl das Haus nicht allzu weit weg schien, war der Fussmarsch eine Tortur fuer beide Soldaten. Es dauerte nicht lange, bis Hermann klagte, er wuerde das Gefuehl in seinem rechten Bein verlieren und zu humpeln begann. Hannes rief ihm zu, sie wuerden es rechtzeitig schaffen, doch sicher war er sich mittlerweile auch nicht mehr. Auch der Gedanke, kein Haus am Ziel vorzufinden, begann in Hannes’ Kopf Gestalt anzunehmen. Auch wusste er, dass dies den Tod beider Soldaten bedeuten wuerde. Doch etwas in Hannes’ Verstand trieb ihn weiter an, sagte ihm, nicht aufzugeben, immer weiter zu gehen, wie kalt und schwer es auch sein mag. Dies tat er auch. Immer naeher kam das kleine Licht, doch Konturen eines Hauses waren nicht erkennbar. Hannes’ schob dies auf den mittlerweile unglaublich dichten Schneesturm. Er beschloss, nach Hermann zu sehen und drehte seinen Kopf nach hinten, doch er sah niemanden. "Hermann! Wo bist du, Soldat? Hermann!" schrie er, doch er hoerte keine Antwort, lediglich das laute Heulen des starken Sturmes. "Hermann, Kamerad! Antworte doch!" Auch beim zweiten Mal bekam Hannes keine Antwort. Er versuchte, durch den dichten Sturm Hermann oder zumindest seine unscharfe Silhouette ausfindig zu machen, konnte jedoch nichts erkennen. Eine ganze Weile stand Hannes im Sturm, die Beine versunken im hohen Schnee und wartete auf seinen Kameraden. Doch nach und nach wurde ihm klar, dass Hermann irgendwo hinter ihm im kniehohen Schnee lag, seine letzten Atemzuege eiskalter Luft machte und langsam die Augen schloss, wartend auf seine Erloesung. Bis heute bereute Hannes, nicht umgekehrt zu sein, auch wenn dies seine Ueberlebenschance immens verringert haette.
Hannes wurde nach einigen weiteren qualvollen Minuten fuer sein Durchhaltevermoegen belohnt. Langsam tauchten Konturen eines Hauses auf, welche immer schaerfer wurden, je mehr Schritte er durch die hohe Schneedecke voranging. Mit letzter Kraft, ohne Gefuehl im Gesicht und mit eiskalten, fast tauben Beinen und Armen erreichte Hans das erhoffte Haus. Ein unbeschreibliches Gefuehl von Glueck, Freude, Trauer und Furcht machte sich in ihm breit. Das letzte, an was Hans sich erinnerte, war, wie er so hart wie moeglich an die hoelzerne Tuer klopfte, bevor alles um ihn herum schwarz wurde.
Hannes’ Situation war kritisch. Verloren in einer weissen Hoelle machte ihm das Schicksal kurz vor der ersehnten Rettung einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Hannes hatte keine Energie mehr uebrig, die beissende Kaelte hatte ihm alles genommen, obwohl sein eiserner Wille ihn doch so weit gebracht hatte. Jeder andere waere im tiefen Schnee versunken und waere in eine bessere Welt uebergetreten, doch dem Anschein nach hatte das Schicksal andere Plaene fuer Hannes. Hannes erzaehlte spaeter, Gott haette ihm eine zweite Chance gegeben oder vielleicht hatte er auch einfach allergroesstes Glueck im Unglueck gehabt, doch Hannes erwachte. Nicht im Schnee, nicht im Himmel, sondern in einem warmen, einfachen Bett vor dem Gesicht einer Frau, welche ihm mit einem heissen Tuch die Stirn abtupfte. Als jene Frau sah, dass Hannes langsam seine Augen oeffnete, sprang sie erschrocken auf, liess das Tuch fallen und schrie: "Mutter, der Nazi ist wach!" Anschliessend verliess sie so schnell es ging den Raum. Hannes verstand nicht, was um ihn herum passierte. Er hatte nicht erwartet, noch einmal aufzuwachen oder zumindest nicht in einem warmen, gemuetlichen Bett. Voellig benebelt versuchte er, sich zu bewegen, doch er spuerte weder seine Beine noch sein Gesicht, lediglich Zeige - und Ringfinger der rechten Hand konnte er mit Muehe bewegen. Waehrend Hannes langsam realisierte, ueberlebt und nicht Hermann’s Schicksal geteilt zu haben, trat eine andere Frau in den Raum. Sie war kraeftig und gross, was jedoch nicht mit ihrem zarten und freundlichen Gesicht harmonierte, welches Hannes eine Mischung von Sorge und gleichermassen viel Verachtung entgegenwarf.
Langsam naeherte sie sich dem schwachen Soldaten, setzte sich und begann zu sprechen: "Ich moechte, dass du weisst, dass ich dich nicht retten wollte. Offen gesagt wollte ich dich im Schnee liegen und erfrieren lassen, denn so jemand wie du hat keine Gnade und erst recht keine Rettung verdient. Doch mein Herz hat mich eines anderen belehrt und mich ueberzeugt, dein erbaermliches Leben zu retten. So soll es sein. Doch sobald du dich wieder bewegen und dein kleines Hirn wieder irgendwelche Rechten Gedanken produzieren kann, moechte ich, dass du dieses Haus verlaesst und nie mehr wieder kommst. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrueckt."
Hannes nickte, so deutlich wie nur irgend moeglich. "Gut" , sagte sie, "Ich werde dir einen Tee kochen, damit du dich auch von innen aufwaermen kannst. Nicht dass du eine Wahl haettest, aber bleib liegen und bewege dich nicht. Deine Waffen wirst du so schnell nicht wiederfinden, genauso wenig wie deine erbaermliche Uniform." Die Frau stand auf, drehte sich um und verschwand, nachdem sie durch eine knarrende Tuer aus dem Raum trat und jene Tuer laut ins Schloss fiel. Hannes lag wortlos in seinem Bett. Anscheinend war er in diesen Haus nicht willkommen. Er verstand nicht ganz, warum, doch es hatte hoechtwarscheinlich etwas mit seiner Zugehoerigkeit zur Wehrmacht zu tun. Er beschloss, nicht weiter darueber nachzudenken, er war sowieso viel zu schwach, an irgendetwas zu denken. Erschoepft atmete Hans langsam ein und aus und versuchte dabei, den entstehenden Schmerz zu ignorieren. Auch dachte er an seinen Kameraden Hermann, welcher es nicht bis zum Haus dieser guetigen Menschen geschafft hatte. Warscheinlich war es den Soldaten, welche umkehrten auch nicht besser ergangen als Hermann. Hannes entspannte sich wieder, doch jeder Versuch, irgendwelche Extrimitaeten seines Koerpers zu bewegen, schlug fehl. Hannes realisierte, dass es noch eine Weile dauern wuerde, bis er faehig war, sich zu bewegen. Allerlei Gedanken schwirrten ihm mittlerweile durch den Kopf. Er dachte an seine Geschwister in Bonn, welche voller Sorge um ihren Bruder sehnsuechtig auf Briefe warteten. Er dachte an seine hoechstwarscheinlich bereits toten Kameraden, die so frueh die Hoffnung auf Rettung und anschliessend auch ihr Leben verloren hatten. Auch dachte er an jene Frau, welche ihn trotz ihres innigen Hasses gegen ihn gerettet und aufgenommen hatte. Dieses viele Nachdenken weckte eine unbaendige Muedigkeit in Hannes, welche ihn bald in einen tiefen Schlaf verfallen liess.

Fortsetzung folgt...
Max K. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.10.2013, 13:22   #2
männlich Jeronimo
gesperrt
 
Dabei seit: 10/2011
Alter: 70
Beiträge: 4.237


Hallo Max,

die Absätze! Das Lesen wird sonst zur Qual.
Die Geschichte ist interessant, weil nicht vorhersehbar, der Knalleffekt mit dem Stuhl kommt erst noch.
Diesmal warst du etwas zu detailverliebt, der Story hätte etwas Straffung nicht geschadet (Leser sind faul, sie wollen, dass man zur Sache kommt).
Versuche Plattitüden wie

Jeder andere Mensch in dieser Situation waere verzweifelt und in Panik geraten

zu vermeiden. Erzähle eine Geschichte, lasse aber den Leser bewerten.
Ich will nicht kritisieren, sondern nur helfen, weil du eine gute Schreibe hast. Du hast Fantasie und machst etwas daraus.
Auch der Titel ist toll.
Wörtliche Rede musst du vom Text isolieren, die Namen hingegen sind gut gewählt (worauf man alles achten muss).

Mehr habe ich nicht zu meckern. Die Geschichte gefällt mir!

Jeronimo
Jeronimo ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.10.2013, 13:35   #3
männlich Max K.
 
Benutzerbild von Max K.
 
Dabei seit: 08/2012
Ort: Meine eigene, kleine Welt
Alter: 25
Beiträge: 98


Hi Jeronimo,
Dein Feedback hat mich zu einem Rewriting inspiriert! Danke Part 2 wird bald herauskommen dann kannst du weiterlesen und ja, der Stuhl wird schon ziemlich bald eine Rolle spielen
Meine Erzaehlung ueberarbeitend,
Max K.
Max K. ist offline   Mit Zitat antworten
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