Poet in Love

[muse]

Beim leisen Knistern im Kamin
und flackernd’ Kerzenschein
lässt Ungeduld des Herzens ihn,
gestärkt durch süßen, schweren Wein,
mit zitternd’ Hand zur Feder greifen
und die Gefühle sichtbar machen,
die in seiner Seele reifen
und Sehnsuchtsschmerz in ihm entfachen.

Erneut am lieblich’ Rotwein nippen,
und des Blutes Rauschen spüren,
als würde er mit seinen Lippen
die ihren heiß und sanft berühren.
Die Federführung leicht und schwebend,
die Verse ranken sich um Seiten,
als würden seine Finger, bebend,
durch ihre zarte Haut gleiten.

Er riecht des Weines herben Duft,
lässt ihn in seinen Traum begleiten,
noch hört er wie die Lerche ruft,
spürt Feder seiner Hand entgleiten.
Noch dringt kein Licht durch seine Pforte,
und nur der schwache Kerzenschein
wirft Schatten auf die letzten Worte:
…AUF EWIG DEIN!

[Ilka-Maria]

Das ist sehr, sehr gut - der letzte Vers der Mittelstrophe kommt ein bißchen aus dem Takt, aber da kann ich ein Auge zudrücken.

Große Klasse!

LG
Ilka-M.

[Thing]

Ja, wirklich schön.

Wenn nur die vielen Apostrophe nicht wären!
In meinen Augen schaden sie dem Gedicht.

(durch ihre weichen Haare gleiten...?)


Thing

[muse]

Vielen Dank, ihr beiden. Ich freue mich über die positive Resonanz.

@ Thing:
zu den Apostrophen: sie sind leider unvermeidlich, will man die Metrik erhalten; ist vielleicht Geschmacksache, aber, ich finde nicht, dass sie die Qualität mindern
zum zweiten Punkt: du hast absolut recht, die Finger können nicht durch die Haut gleiten(grammatischer Fehler); dein Vorschlag ist gut, nehme ich!

[Kurier]

Hi Muse,
Sehnsucht lässt die Träume wandern, Liebe eine der stärksten Emotionen im Miteinander bestimmt –erinnerungsträchtig- oft das Denken und Handeln, so schreibt man mit dem Herzen.
Zeit und Ort sind für mich etwas unscharf, der Kerzenschein irritiert etwas, die Feder als Metapher ist aber passend.
Ein schönes Gedicht.
HG Kurier

[muse]

Hallo Kurier,
danke für dein Interesse. Ich frage mich, warum Zeit und Ort für dich so wichtig sind, wo es doch um Stunden voller Sehnsucht geht. Kaminknistern und Kerzenschein dienen als Rahmen, um die romantische Stimmung hervorzuheben.
Und die Feder ist einfach nur eine Feder(Schreibutensil).
Nichtsdestotrotz, würde mich deine Metapher sehr interessieren.

[Kurier]

Hi Muse

Zitat von muse

Ich frage mich, warum Zeit und Ort für dich so wichtig sind, die Feder ist einfach nur eine Feder(Schreibutensil).
Nichtsdestotrotz, würde mich deine Metapher sehr interessieren.

bei diesen Lichtverhältnissen kommt, auch wenn der Schreiber von Sehnsucht getrieben und in Liebe verbunden handelt, nicht klar heraus, wann (hier meine ich wirklich die zeitliche Bindung) er dies getan hat; in heutiger Zeit (Strom) fällt ein Liebesbrief bei Kerzenschein doch wohl sehr aus dem Rahmen.
... Mit zitternd' Hand zur Feder greifen ... ist eine gebräuchliche Metapher, eine Redewendung mit übertragener bildlicher Bedeutung, hier für: schreiben.
HG Kurier

[muse]

Natürlich hast du recht, ich habe mich für die Zeit vor Edisons Glühbirne entschieden. Denn bei flackernder, surrender Neonröhre kommt bei mir nur Leichenhallenstimmung auf. Trotzdem sind explizite Zeit- und Raumerwähnung nicht beabsichtigt. Auch der Poet ist keine bestimmte Person.
"Zur Feder greifen" ist für mich zu eindeutig, um eine Metapher zu sein. Heute würde man zum Stift greifen. Und damals war's halt die Feder.

[Kurier]

Zitat von muse

... zum Stift greifen.

Das ist eine Wendung mit übertragener Bedeutung (etwas schreiben), also auch eine Metapher.

[Schmuddelkind]

Das ist wirklich sehr, sehr schön!

Das Beste, was ich bislang von dir gelesen habe! Musste es gleich zwei mal lesen. Hätte ein paar Kleinigkeiten zu bemäkeln, aber bei einem so gefühlvollen Text fällt mir das sehr schwer. Also lasse ich es einfach und genieße die dritte Lektüre des Gedichts.

LG

[muse]

Danke, Schmuddelkind!

Die Schwachstellen würde ich trotzdem gerne wissen.

[Schmuddelkind]

Also gut - hier meine Kleinigkeiten, die teilweise aber schon angesprochen wurden:

Der letzte Vers der zweiten Strophe passt rhythmisch nicht ganz. "Duft" reimt sich nicht sauber auf "ruft". Dann meinte ich, gestern noch einen Grammatikfehler gesehen zu haben, aber jetzt kann ich ihn nicht finden. Vielleicht hab ich mich aber auch vertan. Aber, wie gesagt: Alles marginale Kleinigkeiten vor dem Hintergrund der Schönheit dieses Gedichts.

LG

[muse]

Den groben Fehler hat Thing gesehen.

Ich bin keine Perfektionistin, was Reime angeht. Ich würde auch küssen/ schießen nehmen. Der stimmige Inhalt ist mir generell wichtiger.
Trotzdem, danke für deine Meinung.

[Ilka-Maria]

Der letzte Vers der zweiten Strophe passt rhythmisch nicht ganz. "Duft" reimt sich nicht sauber auf "ruft".

Wenn Heinz Erhardt in dieser Weise reimen durfte, darfst Du das auch. Dem war kurz oder lang auch wurst.

[Ria Roos]

Wahrhaftig gut, da kann ich mich allem Gesagten voll anschließen,
auch den Haaren statt der Haut.
Bin begeistert!

Danke

[muse]

Ich danke dir, Ria Roos