Sibirisches Drama in drei Akten bei Poetry.de

WFHeiko · 10.04.2021, 09:12

1. Akt

Ein Wind pfeift durch die Birkenwälder
und über Seen, die sind schon kälter
als Flechten, Moose und auch Gräser.
Fernab die letzten Pflanzenäser.

Da taucht plötzlich ein Mädchen auf.
Geschwind steigt sie den Hang hinauf,
um oben dann nach ihrem Gang
ringsum die Weiten zu betrachten.
Daß sie nun hat ausreichend Luft,
zeigt Irina, die suchend ruft:
„Sergej!“

Doch nichts durchdringt nach kurzer Dauer
des Windes nunmehr kalten Schauer.
Einzig von fern weht schwach hervor
der Wölfe Heulen an ihr Ohr.

2. Akt

Es bläst der Wind in gleichem Maße.
Das Licht neigt sich zur Abendphase.
Weil kürzer werden Wochentage,
ist lang tabu die Mückenplage.

Stramm kommt von seitwärts angelaufen
Aljoscha jetzt, als wollt er raufen.
Hingegen auf des Hügels Saum
kann er das Muß nicht unterdrücken,
gleichfalls die Weiten zu erspähen
und einen Ruf hinaus zu sähen:
„Sergej!“

Nur ist’s der Wind, der stur sich windet
und keine Antwort für ihn findet,
als wie bereits einmal vernommen;
den Wolfsgesang, etwas verschwommen.

3. Akt

Nichts ändert sich an Windes Stärke.
Bereits im Dunkeln sind die Berge
an Firmamentes weiter Ferne.
Matt leuchten drüber erste Sterne.

Nun sind die beiden jungen Leute
sich einig, daß sie rufen heute
gemeinsam nach dem beider Freund.
Und daß der Schall noch weiter fließe,
halten sie so wie einen Trichter
die Hände an die Lippen dichter:
„Sergej!“

Da scheint‘s, als ob der Wind sich neigt
und Stille durch die Tundra steigt
und nur die Wölfe hört man kratzen
und köstlich bei dem Mahle schmatzen.

Zaubersee · 11.04.2021, 12:37

Hallo WFHeiko,

Dein "Sibirisches Drama in drei Akten" sollte nicht unkommentiert bleiben; ich habe es voller Spannung gelesen und genossen, obwohl ich den Ausgang schon beim ersten Wölfeheulen ahnte, wusste ich es aber dennoch nicht. Klasse, tolle Idee. Laut lesen macht Freude.
Ich bin leider nicht der Metrikexperte. Dennoch meine ich, dass die Hebungen und Senkungen nicht ganz koscher sind ... vielleicht kannst Du nochmal jemanden drüberschauen lassen, der es drauf hat.

Ich habe es gerade versucht ... Chaos *lach* ... neee ... vielleicht trügt mich mein Gefühl auch.

Gern gelesen
LG
Zaubersee

WFHeiko · 11.04.2021, 17:40

Vielen Dank für deinen Kommentar.

Jaja, die Metrik. Die Hebungen und Senkungen. Das ist schon eine Sache für sich. Zumindest für mich.

Gewiß spreche ich die einzelnen Verse halblaut vor. Und eigentlich fließt es für mich gewissermaßen harmonisch, wenn man bedenkt, daß ich nicht jede Zeile automatisch, mechanisch monoton abarbeite.

Vielleicht als Beispiel:
Es gibt eine Geschichte über die Wichtigkeit der Zeichensetzung.
Jemand soll hingerichtet werden und der Herrscher schreibt:
Hängen nicht laufen lassen

Was denn nun? Wie betont man das? Was soll der Scharfrichter tun?

Hängen ! Nicht laufen lassen ! oder Hängen nicht ! Laufen lassen !

Und so ähnlich mache ich es auch oft in meinen Versen. Vielleicht nicht klar erkennbar.

???

Dennoch, nochmals vielen Dank!

10.04.2021, 09:12	#1
WFHeiko Dabei seit: 03/2019 Beiträge: 49 Meine Gedichte	Sibirisches Drama in drei Akten 1. Akt Ein Wind pfeift durch die Birkenwälder und über Seen, die sind schon kälter als Flechten, Moose und auch Gräser. Fernab die letzten Pflanzenäser. Da taucht plötzlich ein Mädchen auf. Geschwind steigt sie den Hang hinauf, um oben dann nach ihrem Gang ringsum die Weiten zu betrachten. Daß sie nun hat ausreichend Luft, zeigt Irina, die suchend ruft: „Sergej!“ Doch nichts durchdringt nach kurzer Dauer des Windes nunmehr kalten Schauer. Einzig von fern weht schwach hervor der Wölfe Heulen an ihr Ohr. 2. Akt Es bläst der Wind in gleichem Maße. Das Licht neigt sich zur Abendphase. Weil kürzer werden Wochentage, ist lang tabu die Mückenplage. Stramm kommt von seitwärts angelaufen Aljoscha jetzt, als wollt er raufen. Hingegen auf des Hügels Saum kann er das Muß nicht unterdrücken, gleichfalls die Weiten zu erspähen und einen Ruf hinaus zu sähen: „Sergej!“ Nur ist’s der Wind, der stur sich windet und keine Antwort für ihn findet, als wie bereits einmal vernommen; den Wolfsgesang, etwas verschwommen. 3. Akt Nichts ändert sich an Windes Stärke. Bereits im Dunkeln sind die Berge an Firmamentes weiter Ferne. Matt leuchten drüber erste Sterne. Nun sind die beiden jungen Leute sich einig, daß sie rufen heute gemeinsam nach dem beider Freund. Und daß der Schall noch weiter fließe, halten sie so wie einen Trichter die Hände an die Lippen dichter: „Sergej!“ Da scheint‘s, als ob der Wind sich neigt und Stille durch die Tundra steigt und nur die Wölfe hört man kratzen und köstlich bei dem Mahle schmatzen.

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11.04.2021, 12:37	#2
Zaubersee Dabei seit: 11/2014 Ort: Das Meer ist mein Garten aus Kristallen und Träumen ... Alter: 66 Beiträge: 2.583 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo WFHeiko, Dein "Sibirisches Drama in drei Akten" sollte nicht unkommentiert bleiben; ich habe es voller Spannung gelesen und genossen, obwohl ich den Ausgang schon beim ersten Wölfeheulen ahnte, wusste ich es aber dennoch nicht. Klasse, tolle Idee. Laut lesen macht Freude. Ich bin leider nicht der Metrikexperte. Dennoch meine ich, dass die Hebungen und Senkungen nicht ganz koscher sind ... vielleicht kannst Du nochmal jemanden drüberschauen lassen, der es drauf hat. Ich habe es gerade versucht ... Chaos lach ... neee ... vielleicht trügt mich mein Gefühl auch. Gern gelesen LG Zaubersee

11.04.2021, 17:40	#3
WFHeiko Dabei seit: 03/2019 Beiträge: 49 Meine Gedichte	Vielen Dank für deinen Kommentar. Jaja, die Metrik. Die Hebungen und Senkungen. Das ist schon eine Sache für sich. Zumindest für mich. Gewiß spreche ich die einzelnen Verse halblaut vor. Und eigentlich fließt es für mich gewissermaßen harmonisch, wenn man bedenkt, daß ich nicht jede Zeile automatisch, mechanisch monoton abarbeite. Vielleicht als Beispiel: Es gibt eine Geschichte über die Wichtigkeit der Zeichensetzung. Jemand soll hingerichtet werden und der Herrscher schreibt: Hängen nicht laufen lassen Was denn nun? Wie betont man das? Was soll der Scharfrichter tun? Hängen ! Nicht laufen lassen ! oder Hängen nicht ! Laufen lassen ! Und so ähnlich mache ich es auch oft in meinen Versen. Vielleicht nicht klar erkennbar. ??? Dennoch, nochmals vielen Dank!