die fernbedienung

[ThePOEMist]

die fernbedienung


ich kannte ihn kaum.
seine versoffene alte kannte ich besser,
das kann man sagen.
ein paar mal hatte ich sie
auf eine schnelle nummer
im fahrradkeller zwischen all dem gerümpel.
während er im supermarkt war —
die leeren flaschen abgeben
und nachschub holen.

und jetzt tragen sie ihn
in einem schwarzen plastiksack
das treppenhaus hinunter.
die sagen er hätte vier tage
oben in der wohnung gelegen —
zwei davon hat er noch gelebt.
ist im wohnzimmer gestürzt
und konnte nicht mehr aufstehen.
dabei lag er die ganze zeit
auf der fernbedienung
und seine besoffene alte
hat ihn einfach liegen lassen,
weiter ferngesehn und gesoffen.

sie mühen sich gerade ab
ihn durch die haustüre
nach draußen zu bringen
und ich denke,
verdammt muß das grauenvoll sein.
vier tage
am stück
RTL.

ich geh jetzt erstmal runter
und räum den fahrradkeller auf.

[Ilka-Maria]

Nüchtern von der häßlichen Seite des Lebens her betrachtet und schnörkellos dargeboten. Die Direktheit gefällt mir, denn so banal ist das Leben für viele Menschen, wenn das überhaupt noch "Leben" genannt werden kann. Sehr gerne gelesen.

[ThePOEMist]

Freut mich, daß es dir gefallen hat! Lg ThePOEMist

[Rosenblüte]

Oha. Vier Tage RTL, der Mann tot und seine Alte merkt nichts. Schockierend und durchaus realistisch. Gefällt mir.

Lieben Gruß
Rosenblüte

[Ringelroth]

Ein klarer Blick unter deutsche Dächer. Hart, kalt und klar. Gefällt mir.
Gruß
Ringelroth

[simbaladung]

Man liest es in der Zeitung, weiß, dass es das gibt, aber es in dieser Form zu lesen ist noch mal etwas ganz anderes! Es packt einen da, wo es wehtut.

gut gemacht!
lg simbaladung

[ThePOEMist]

Danke euch für die netten Kommentare!

[Orakel]

so fern ist die Bedienung gar nicht.....