Kauboi

[Desperado]

So mancher der dekadenten Volltrottel, die sich neuerdings im Südwesten breitmachen, ruft dem andern Hirndübel bei meinem Anblick begeistert zu: „Guck mal da, ein Kauboi!“

Ich scher mich nicht drum, zum einen ist es keineswegs eine Beleidigung für mich, Cowboy genannt zu werden, obwohl ich ja in meiner Berufstätigkeit als Cowpuncher oder Cow-hand im ehemaligen Mexiko eigentlich Vaquero geheißen werden müsste, meinetwegen auch Buckaroo, ob nun mit oder ohne Riata am Sattelhorn, das bei meiner Präriehuhnschlinge aus Holz ist, die nun so absolut nichts mit einem massiven, ledernen Cowboysattel gemein hat, der neben der festen Sitzgelegenheit nichts anderes ist als eine Arbeitsfläche, auf der ein hart arbeitender Mann seine gesamte Ausrüstung unterbringen muss, auch ruht mein prairie-chicken-snare nicht auf einer zusammengelegten schweren Schlafdecke, und einmal davon abgesehen, dass ich keine stabilen Chaps um die Hosenbeine meiner aus Denim geschneiderten Levis trage, weder aus Leder noch aus Schaffell, um diese vor dem harten texanischen Dornengestrüpp zu schützen oder vor dem schneidenden Blizzard, uneingedenk der Nebensächlichkeit, dass an meinen Stiefeln keine Sporen, schon gar keine schweren und verzierten mit losen Rädchen klingeln, die nicht nur die getriebenen Rinder an die stete Gegenwart des reitenden Treibers erinnern, diese nicht in langen, hölzernen Steigbügeln stecken, deren breite Riemschilde zum einen das schweißende Pferd vor Wundscheuern schützen und zum andern das Reiterbein vor Nässe, meine -wenn auch weichledrigen- Stiefel nicht besonders auffällig verziert sind und keine hohen, nach vorn abgeschrägten Absätze aufweisen, um diese trittsicher in den Boden stemmen zu können, wenn am andern Ende des Lassos ein wildes Kalb zerrt, und ich nicht andauernd ein fettes Baumwoll-Bandanna um den Hals trage, das sowohl als Staubmaske zu gebrauchen ist als auch zum Wasserfiltern und im Falle eines Falles als Notverband, ungeachtet all dessen muss ich mich nun wirklich nicht fragen, wie jemand, der noch nicht einmal das einfache amerikanische Wort für Kuhjunge richtig buchstabieren kann, in der Lage sein soll, mir meine regional angemessene, spanische Berufsbezeichnung zukommen zu lassen -geschweige denn mich als Desperado auszumachen-, zum andern trage ich wie der Kauboi einen Stetson auf meinem verwitterten Kopf, weil es einfach keine bessere Kopfbedeckung gibt als diesen breitkrempigen Hut aus dem Hause John Batterson Stetson, der einen bestens vor Sonne, Wind, Regen und Schnee schützt und unter anderem hervorragend zum kühlenden Wedeln bei großer Hitze sowie zum Wasserschöpfen taugt, etwa um sein durstiges Pferd damit zu tränken, was eine Verwechslung so gesehen immerhin nicht gänzlich ausschließt und in Anbetracht der kläglichen Unwissenheit der Zugereisten von einem Desperado mit der stoischen Geduld des Alteingesessenen gleichmütig hingenommen werden kann.

Wer keine blasse Ahnung hat, der hat nun mal keine, und ich sehe keinerlei Veranlassung, ihm auch nur den Hauch einer solchen zuwedeln zu wollen oder sollen.

[Ringelroth]

Wer keine blasse Ahnung hat, der hat nun mal keine, und ich sehe keinerlei Veranlassung, ihm auch nur den Hauch einer solchen zuwedeln zu wollen oder sollen.

Nun, nachdem ich deinen aufklärenden Text gelesen habe, muss ich sagen, du hast mir - entgegen deinem Schlusssatz - sicherlich einen winzigen Hauch Ahnung mit deinem Stetson zugewedelt.

Gruß
Ringelroth

[simbaladung]

Interessant, interresant!

Ich grüße dich, Desperado.

Verrätst du mir, wie ein Desperado grüßt? Berührt er die Krempe seiner überaus nützlichen Kopfbedeckung nur kurz mit einem Zeigefinger oder zieht er seinen Hut noch ein bisschen tiefer ins Gesicht, damit man nicht in seine durchdringenden Augen sehen kann oder ...?

Gern gelesen,
simba

[Desperado]

Klar doch, Ringelroth,
es wäre unlauter, etwas richtig zu stellen, ohne dass jemand etwas davon hat.

Wärst du doch in Düsseldorf geblieben, schöner Playboy, du wirst nie ein Cowboy sein... ich will nen Cowboyii a-als Mann... auf dem Rücken unsrer Pferde wohnt das ganze Glück der Erde...

Ursprünglich war Cowboy nichts weiter als eine nüchterne Berufsbezeichnung, und die Erweiterung vielmehr Verfremdung, die der Begriff durchgemacht hat, ist in etwa zu vergleichen mit dem Kumpel aus dem Bergbau. Lass uns Cowboy und Indianer spielen! Sie greifen an! Was insofern interessant ist, dass es zwischen Viehtreibern und ansässigen Indianerstämmen nur äußerst selten zu ernsthaften Reibereien kam, im Gegenteil, namhafte Häuptlinge zeichneten sich durch freundliche Hilfsbereitschaft aus und führten die Rinderherden auf sicheren Wegen durch ihr Land. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Tjamei, simbaladung,
das kommt immer ganz darauf an, wen ein Desperado wann und wo unter welchen Umständen begrüßt oder nicht, das geht von antippen bis mit dem Finger über die Krempe fahren bis lüpfen bis lüften, von über die Augen ziehen bis kurz anheben bis wedeln bis in die Luft werfen, feste Regeln gibt es da eigentlich nicht, da hat jeder seinen ganz eigenen Stil.

Danke für Euer Interesse!
Desperado

[Desperado]

Das Geheimnis ist gelüftet, das Rätsel gelöst und die Ursache anhaltender Verwechslung geklärt!

Der Kauboi lebt in Dortmund, heißt Jürgen Stranzikowski oder so ähnlich, reitet auf seinem Braunen durch die Stadt zum Bäcker und hat eine ganze Koppel voll herrlicher Pferde. Betreffs Anfragen und Mutmaßungen über den Berufsstand des Cowboy bitte in Zukunft an seine Person wenden.

Sehr verbunden
Desperado