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Alt 13.05.2015, 22:51   #1
männlich Hlorridi
 
Dabei seit: 05/2015
Beiträge: 18


Standard Von Träumen und Ängsten

Von Träumen und Ängsten

Prolog

Ein Scheidepunkt des Lebens
- So mag man es nennen -
Wenn Rückblick scheint vergebens
Im steten Vorwärtsrennen.
O tempora, o mores,
Wie´s Cicero schon formulierte,
Klage ich dem Leser,
Als zum dritten Male
In Folge, durch den Wähler,
Die CDU regierte.
Nicht das Leben des Landes
Wird Änderung erfahren.
Die Merkel macht nichts spann´des,
Lässt sich itzo ahnen.
Das Leben eines Bürgers,
Der ist wie tausend and´re,
Er lebt im Griff des Würgers,
Auch wie tausend and´re,
Ändert seine Richtung,
Nein, bekommt erst eine,
Gezeigt in dieser Dichtung.


An der Tür

„Ach mein Kind, da bist du ja!
Na, wie war´s auf hoher See?“,
Sprach die Oma zu dem Enkel,
Lud es ein zu schwarzem Tee.
„Schön war´s, eine tolle Zeit,
Die am Meere ich verbrachte.
Für die Seefahrt bin bereit,
Wie als Kind ich es mir dachte.“,
Kam die Antwort gleich von mir,
Der kürzlich den Abschluss machte.
„Mein Kapitän, bist wohl an Land?
Hast Wetter gut und Wind gehabt?
Der Opa hat den Mast gelegt
Und das Boot an Land geslipt,
In der Halle steht es jetzt,
Und der Motor hoch gekippt.“
„Gern hätt´ ich dich unterstützt,
Aber selbst war ich noch fern.
Seefahrt ist ein lang´ Geschäft
Und die Zeit nehm´ ich mir gern.“
So begrüßt´ ich dieser Tage
Oma und Opa an der Tür,
Die man zu besuchen sann
Als die erste Heimatskür.
Aufgedeckt ward reiches Mahl,
Mägen durfte niemand schonen.
Ich genoss das Essen sehr,
Manchmal war es schlecht gewesen,
And´rer Essen auf dem Meer.
Davon musste ich genesen.



Schiffsessen

Es war einer dieser Regentage,
An denen draußen niemand bleibt,
Es sei denn es ist deine Lage,
Dass die Pflicht dich dahin treibt.
Steht die Crew – zwei Leute nur –
Draußen, stiert in graue Nebel,
Navigiert und fährt das Schiff,
Bedient allein die großen Segel,
Während Gäste trocken sitzen
Und am Herd das Hemd nass schwitzen.
Ja, das ist die Charterfahrt.
Gäste darf man ja nicht zwingen.
Meckern ist auch keine Art,
Einem würde nichts gelingen.
So hofft man auf warme Dinge
- Mittagessen, gut und reich –
Nein! Zieht zu die Gürtelschlinge!
Leidet an dem Hoffnungsstreich.
„Smutje, sag´: Was gibt´s zu essen?“
„Essen gibt´s heut´ Abend wieder.
Kochen wäre zu vermessen.
Mir fällt nur die Pfanne nieder.
Hungern müsst ihr bitte nicht!
Ihr könnt Frikadellen haben.“
Schauten stumm uns ins Gesicht:
Sind das deren beste Gaben?
Und es kam ´ne Schüssel rauf.
Braune Klumpen grinsen dreist:
Von der Konservierung voll,
Sind wir Köche Liebling meist.
Fett winkte mit Heiterkeit,
Von dem Regen angeschwemmt.
Wenn man trotzdem kleben bleibt,
Ist das Schweinehack uns fremd.

Abends saß man durchgefroren
Drinnen, wartet auf sein Essen.
Und der Magen –kahl geschoren –
Schreit: Ich will jetzt endlich fressen!
Nebst dem Tier ein Stimmlein meint:
Lecker sollt´ es wahrlich schmecken.
Die Industrie sich boshaft zeigt.
Ach, die will uns doch nur necken.
Nein, der Teller ist nicht echt.
Das bilden wir uns doch nur ein.
Denn uns bracht´ ein Sternekoch
Gulaschfleisch im Kerzenschein...
Mit viel Schwein und Majonäse;
Kartoffeln lächelten uns an.
Kartoffelsalat mit Würstchen gab´s.
Das kam viel zu oft noch ran.

„Schmeckt´s mein Kind? Und willst noch was?“
„Danke, Oma, ich bin satt.“



SMS

Satt gegessen am Tische sitzend,
Fühlt´ ich meine Tasche brummen.
Die Finger, in die Hose flitzend,
Griffen sich das leise Summen.
Nachricht hatte ich erhalten.
Mein Handy hat es mir gesteckt.
Stets hab´ ich es angeschaltet,
Damit Google es auch hackt.
Ja Handy? Was willst du sagen?
Was nervst du beim Essen mich?
Oh, Mira lässt dezent anfragen,
Wie´s mir geht, na sicherlich!
„Na, wer hat dir jetzt geschrieben,
Dass du an dein Handy gehst?“
„Nichts Papa, wenn sie belieben,
Schaut´ ich nur, wie ist´s jetzt spät.“



Zeitspannen

„Schau, es ist schon spät geworden.
Früh muss ich das Bett verlassen.
Reise morgen strikt gen Norden.“
Wie musst´ ich ans Herz mir fassen!
„Die Feier wird noch lange währen.
Jetzt schon willst den Saale räumen.“
Zweifel musst´ ihr Blicke nähren.
„Doch ich will den Schlaf nicht säumen.
Außerdem sind jene weg,
Welche gerne ich hier sah.“
Sah mir in die Augen fest:
„Aber ich, ich bin noch da.“
Ja, dacht ´ ich. Du bist noch hier.
Das ist auch so kostbar gar.
Und dein Kleid als Geistes Zier
Ist das Schönste dieser Schar.
„Weiß ich, Mira, ganz gewiss.“
Mehr fiel mir dazu nicht ein.
Stand nur da und schwieg sie an.
Länger konnt´ ich da nicht sein.
Drückte sie an meine Brust,
War zum Weinen außer Stande.
„Wir sehen uns bald im August.“
So schritt ich zu Saales Rande.
Für vier Monde, dachte ich,
Sei ihr Anblick mir verwehrt,
Währte doch so lange nicht,
Wurde ich alsbald belehrt.

„Mein Kind, du warst sehr lange weg.
Willst uns nicht etwas berichten?“
„Stimmt nicht, einen Monat nur
Musstet ihr auf mich verzichten.
Konnte dann schon Urlaub nehmen,
Weil wir nichts zum Fahren hatten.
Schon stand ich vor eurer Tür,
In des hohen Giebels Schatten.“
„Vieles hast du gar verpasst!
Eine Trauung war dabei.
Urlaub hast du nicht gemacht.
Feiern waren allerlei.“
„Das ist wahr, ich hab´ gefehlt
In Familienkreises Mitte.
Habe keine Müh´ verhehlt,
Zu fahren. So verzeiht mir bitte.
Dieses ist der Seefahrt Los.
Lang´ ist man der Heimat fern.
Schob mich nun des Lebens Floß
Hinaus zum hellen Seefahrtsstern.“
„So sag´ an. Was ist der Plan?
Wie willst deinen Traum erfüllen?
Was machst du, bist du so weit,
Gegen Stürme an zu brüllen?“
Der Vater war´s, ich ahnte schon:
Musste ihn erneut vertrösten.
„Nächstes Jahr, mit bess´rem Lohn,
Wenn sich Winters Kälten lösten,
Fahre ich ein weit´res Jahr.
Diesmal aus den Niederlanden.
Ist der Sommer fertig da,
Will ich in Enkhuizen landen,
Wo zur Seefahrtsschul´ ich geh´.
Dann hab´ ich den ersten Schein.“
„Weißt doch, was ich gerne seh´:
Wird´s ein richt´ger Abschluss sein?“



Zweifel

„Was werd´ ich zurück wohl lassen,
Wenn ich fern zur Schule gehe?
An die Freunde muss ich denken,
Blöd, wenn ich sie selten sehe.“
„Ehrlich, das kannst du nicht machen.
Du musst deine Träume leben!“
Trotzig musste ich auflachen:
„Wenn sie mir nur Sehnsucht geben?“
„Wenn du hier bleibst, zieht der Rest,
Nach und nach zur Welt hinaus.
Was sich dann nicht ändern lässt:
Dir gehen die Freunde aus.!“
Sicher bleibe ich zurück.
Dich will ich nur nicht verlieren!
Am Scheidepunkt des Lebensglücks
Musst du den Verstand regieren!
„Wirklich.“, sprach sie. „Geh´ aufs Schiff.
Leute kommen von allein.“
Auf der Fahrt gibt´s nur ein Riff
Mit ´nem ganz besond´ren Stein.
„Und, Mira, was machst denn du?
Nachdem die Ferne hast bereist?
Was lassen deine Pläne zu,
Welche du dein eigen heißt?“
„Ich weiß es noch nicht so genau.
Nach London würd´ ich gerne wieder.
Und dann auch auf ein Konzert,
Zu hören meine Lieblingslieder.
Ins Ausland will ich unbedingt!
Ein Jahr ganz woanders sein!
Schreiben, wie es mir gelingt.
Menschen helfen, wäre fein.“
„Planst so viel. Wo ist der Rahmen,
Worin das gelingen soll?“
„Gibt´s nicht, da die Dinge kamen.
Mit denen ist mein Kopf schon voll.“


Vernünftig

„Ich kann´s nicht genau dir sagen.
Ist ein Kapitänspatent.
Damit kann ich Leute fragen,
Ob ihr Schiffer denn noch pennt.“
Kritisch sah er in die Runde,
Gab von meinem Weg mir Kunde:
„Kannst mit Spaß kein Leben fristen!
Segeln sollt´ dein Hobby sein.
Lass´ mich dein Gehirn ausmisten,
Füllen besseres hinein.
Willst in diesem Land was werden,
Musst du einen Abschluss haben.
Denn, bei Gott, mein Sohn, auf Erden,
Verwirf nicht deines Geistes Gaben!
So studier´, was Freude bringt.
Ferien hast dann recht viel.
Wenn dein Lohn mit Reichtum winkt,
Ist dein Boot ein Kinderspiel.“
So schaut´ ich die Zukunft dann,
Besah, was ich für mich gewann.



Peter

Es war einer der grauen Tage
Und Peter fuhr mit Ottos Gabe
Von zuhaus´ zur Arbeit raus.
Vorbei ging´s an gepflegten Gärten,
Aus denen Gartenzwerge wunken,
Die mit tönernen Gefährten
Ihren Café schon getrunken.
Eine Oma grüßt vom Zaune.
War die immer noch am Leben?
Ihr Sohn, der wollt´ das Erb´ antreten
Und das Haus versteigern eben.
Peter gab zurück den Gruß,
Wünschte Glück ihr mit dem Kinde,
Trat dann auf das Gaspedal,
Kühl umweht vom Fahrtenwinde.
Peter strich sich über´n Bauch
- Denn umspannt war er recht enge -
Leer braucht´ er ´nen Doughnut auch,
Schwerlich kam er in die Gänge.
Hielt drauf an der Ampel, rot.
Und ein Schrei drang aus der Ferne.
Glücklos war die Oma tot.
Opfer für des Sohns Konzerne.
Gelb begann die Rauschefahrt,
Vorbei an schicken Eigenheimen.
Meist nach schnöder Kastenart.
Natur und Mensch – mit sich im Reinen.

Auf der Straße abgebogen
Ging es auf das Unigelände.
Mit ´nem großen Schlenkerbogen
War die Ottofahrt zu Ende.
Peter ächzte aus dem Sitz.
Früher ging das leichter mal,
Stolperte gleich ins Café,
Erwarb sich einen Doughnut, schal.
Ins Büro, Bewerbungen lesen.
Wer hat heute sich beworben?
Ursula Bauer – Nachbarsfrau –
Vor Minuten nur gestorben;
Inge Meier – Matura gemacht –
Bewirbt sich auf Hochdeutsch als Wissenschaft.
Joseph Nagels – mit drei - komma – eins –
Auf Tiermedizin, kriegt Kindergeld keins;
Edelbert Bauer – ein BWL Schema –
Wird wohl nur eins: Bestattungsunternehmer.
Hildegard Büsow – die erste auf Erden –
Theologie, will Heilige werden.
Und Erwin Hans Schröder – Hildegards Sohn -
Auf Ahnenerforschung, denn er ist Baron.
Peter macht Stempel, gibt Unterschriften,
Eh´ die Gedanken zur Gattin abdriften:
Mühe will er heut´ nicht scheuen,
Endlich kreativ zu sein
Und sie lyrisch zu erfreuen:

Die Rosen sind rot,
Die Veilchen blau...
Den Rest macht er später,
Ein schläft er, der Peter.


Hlorridi

„Ich bin nicht geschaffen
Für derart´ges Leben.
Arm an Erfahrung wird´s
Gar nichts mir geben.
Nicht nur der Seefahrt
Auf ewig verloren,
Stirbt in mir aus,
Wozu ich erchoren.“


Nach einem dieser Arbeitstage
- In der S-Bahn leise dösend -
Beschaute er den Menschenschlage
- Langeweile von sich lösend.
Gegenüber eine Frau,
Die ein Buch hat aufgeschlagen.
Augen von sehr klarem blau
Leuchten, brennen und verzagen.
Begeist´rung ins Gesicht geschrieben
Schlang sie gand´los Bücherseiten,
Und vergaß, wie beim Verlieben,
Uns´re rauen, schnellen Zeiten.
Der junge Mann mit Ziegenbart
Musst´ ob dieses Eifers lächeln.
Welches Buch ist solcher Art,
Dass Leser vor Begeist´rung hecheln?
Obgleich die Dame klar gefangen,
War die Welt ihr nicht ganz fremd.
Auf blickt´ sie von Zeilenschlangen,
Wer sie in dem Eifer hemmt.
Sah ihn an mit hellen Zügen:
„Der mir gegenüber bist.
Was bereit´ ich dir Vergnügen,
Das Grunde für dein Schmunzeln ist?“
„Verzeiht mir, dass ihr aufgeschreckt
Durch mich aus eurem Lesetraume.
Deshalb hab´ ich euch entdeckt
In dem öffentlichen Raume.
Sagt mir als vertrauend´ Geist,
Was euch Seiten schlingen heißt.“
„Erst seit gestern mir bekannt.
Hatte ich´s geschenkt bekommen.
Seit ich Zeit zum Lesen fand,
Ist der Alltagsblick verschwommen.
Dieser Autor - namenlos –
Ist begabter Dichtersmann.
Worte, hier in meinem Schoß,
Er als Hlorridi ersann.
Eine solche Wortgewalt!
Bilder prasseln auf mich ein!
Im Gegensatz zu ihm gestalt´
Ich den Wortschatz äußerst klein.“
„Mit Verlaub, wie ich es schätze,
Reimt sehr schön ihr eure Sätze.“
„Seltsam ist es, möcht´ ich meinen,
Mir liegt fern, mit dir zu reimen.
„Doch ihr tut´s sehr minniglich.“
Verdattert sah sie rings umher,
Sehr schnell aber fing sie sich,
Wunderte sich gar nicht mehr.
Und er nahm den Faden auf:
„Worum geht´s im Buche denn?“
Lächelnd sagte sie drauf:
„Eine Sammlung der Gedichte,
Die Hlorridi geschaffen hat.
Dazu schrieb er ´ne Geschichte...“
Sagte dann an ihrer statt:
„Eines Drachentöters Lied,
So wie einst die Heldenlieder.
Was ich noch zu sagen mied:
Ihr blicket auf den Dichter nieder.“


Hoffnung

„Dichten, deine Leidenschaft,
Pflegst du gar mit großem Eifer.
Bewund´rer deiner Worte Kraft
Gibt es. Doch du bist schon reifer.
Leben lässt sich schwerlich von.“,
Schloss sie ab, mit meinem Traume,
Der wohl wahr utopisch ist,
Eingeht an des Lebens Baume.
Zukunft, die in Rosen schwelgt,
Frei von Sorgen und dergleichen,
Lässt sich freilich doch nur denken,
Da die Dinge niemals reichen.
Dennoch ist des Menschen Gabe
-Schöner als man denken mag-
Hoffnung in der schlimmsten Lage,
Die zu motivieren pflag:


„..Im Sommertraum seh´ ich,
Seh´ ich nur dich.“
Bevor das Ende ward gesprochen,
Konnt´ ich´s in den Augen lesen.
Und mein Wille ward gebrochen,
Ein Erfolg ist´s nicht gewesen.
Nicht bezaubern sollten sie,
Hart erdachte Segensworte.
Sollten und sie konnten nie
Zu der Zeit an diesem Orte.
Hilflos in der Peinlichkeit,
Die mein Handeln uns bescherte,
Schwiegen wir geraume Zeit,
Die uns das Gemüt beschwerte.
„Kann nicht geben, was du suchst,
Will nicht glauben, was nicht ist,
Nur weil du es in mir rufst.
Bitte bleibe, wie du bist.“
Ich wollt´ flieh´n, doch konnte nicht.
Schreien, weinen, weinen , fallen.
Stand nur da und konnte nicht,
Spürte Blut im Innern wallen.
Ich weiß nicht, was ich drauf sagte.
Besser, ich vergess´ es schnell.
Kummer mich die Tage plagte,
Als sie wurden endlich hell.
„Ich will dir nicht weh tun.“
Oh lass diesen Satz!
Denn, wenn man ihn hört,
Wird Troste zum Schatz.
„Doch wenn es noch geht,
Soll´n Freunde wir bleiben.“
So sei es denn wohl.
Ich will es versuchen.
Denn ohne dich würd´ ich
Gewiss mich verfluchen.
Die Hoffnung trug mich,
Ich mög´ es aushalten,
Wenn in dem Körper
Hormone wild schalten.


Eitelkeit

„Mama, nicht länger bin ich ein Kind,
Das alle Talente im Schoße gedenkt,
Mit denen es die Welt bestimmt,
Wenn man ihm Berühmtheit schenkt.
Dieses ist nur ein Versuch,
Den ich wirklich wagen will
Für mein allererstes Buch.“
„Ja, versuch´ es unbedingt.
Manchmal ist es ein Erfolg...“
Auch wenn es verlockend klingt:
Auf dem Markt gibt´s Zwielichtsvolk.


Der Tag ist ganz normal gewesen
Bis ich meine Emails checkte.
Zwei von drei hab´ ich gelesen,
Eine mein Interesse weckte:

Wir gratulieren ihnen.
Ihr Werk hat uns berührt.
Die Worte, die so trefflich schienen
Haben uns doch stark verführt.
Den Vertrag, den bieten wir.
Lassen sie ihr Buch verlegen!
Einen Rabatt von 20%
Möchten wir da auch noch geben.
Ihre Antwort sehnlichst´ erwartend
Freut sich ihr Verlage sehr.

Das Gesicht ganz leicht entartend,
Wusste ich vor Feud´ nicht mehr,
Was ich da noch denken sollte.
Niemals hätte ich gedacht,
Dass man mich doch nehmen wollte!
Der Text war genial.
Ich hatt´ es geahnt,
Wenn man so schnell,
Mein Buche plant.
Einen Kinospot dazu!
Damit wollt´ man mich bewerben.
Millionär werd´ ich im Nu,
Kinder dann Milliarden erben!
Ja, ich werde jetzt berühmt!
Endlich, endlich ist es wahr,
Dass Unsterblichkeit erblüht
In der edlen Dichterschar.
Hlorridi sollt ihr mich nennen!
Bis ans Weltenende kennen!
Wie Donner durch die Wolken schallt,
Mein Name lang im Äther hallt!
Dante, Goethe, Ovid, Vergil!
Begrüßt mich im erlauchten Kreise!
Das wird einst gelesen viel!
Gewinnt jedweden Dichterpreise!

„Freue dich, bedenke nur:
Jeder wird das wohl bekommen.
Du bezahlst ganz trefflich für.
Ist die Gier nach Ruhm entglommen?
Sicher hast du´s wohl verdient.
Klasse war, was ich gelesen.
Wie´s doch sich für Märkte ziemt,
Ist der Grund Profit gewesen.
Ein Verlag verlangt kein Geld.
Nein, er gibt´s dir für ein Buch.
Weit ist der Betrüger Feld
Und die List ein echter Fluch.“

Mira! Mira! Die Vernunft!
Gesonnt war ich in Euphorie.
Behüte mich vor solcher Brunft,
Sonst gelingt mein Plane nie!
Blind war ich für deren Neid!
Blind vor lauter Eitelkeit!


Zorn der Einsamkeit


„Wovon handelt dein Gedicht?“,
Fragte Oma int´ressiert.
„Vom Drachentöter oder nicht?
Vom Nibelungen hast zitiert.“
„Nein nicht wirklich. Davon nicht.
Dabei geht´s um Einsamkeit.
Von auf Liebende Verzicht,
Deren Unerreichbarkeit.“


„Du! Der Dichter?!
Lass mich erfahren,
Was dich sonst im Leben treibt.
Da ist etwas in den Haaren.“
„Oh.“, sprach er und zog heraus
Ein sehr buntes Lindenblatt.
Grün war es fast gar nicht mehr.
Dafür rot und golden satt.
„Ich fahr´ zur See, den Sommer über,
Das mit Gästen unter Tüchern.
Wenn der Sommer ist vorüber,
Bin ich hier mit meinen Büchern.“
„Einen Sommer auf dem Schiff?
Ist das nicht sehr einsam dann?
Von Familie getrennt.
Da ist sehr viel Übles dran.
Vieles gibst du dafür auf,
Für die Art von Lebenslauf.
Dauerhaft kannst du´s nicht machen.
Willst bestimmt Familie haben,
Später mit den Enkeln lachen.
Solcher Mangel zeichnet Narben.“
Tränen drangen in die Augen.
Zweifel, die sich angestaut,
Wollten ihm die Sinne rauben,
Sprach er drum zum Mädchen laut:
„Was glaubst du sagen alle mir,
Die von dieser Arbeit hören?
Eine riesen Masse schier
Will mir meine Pläne stören!
Frau und Kind kann ich nicht haben.
Freunde sind nicht immer da.
Eltern ohn´ mich scheinbar darben.
Alle wissen´s scheinbar, ja!
Schon von klein an war´s mein Traum!
Endlich könnte ich ihn leben,
Und es winkt am Lebenssaum
Jeder, will ein and´res Leben.
Alle wissen, was zu tun,
Dass ich glücklich werden kann.
Keiner wird von ihnen ruh´n,
Zeitlich sind sie sehr knapp dran.
Keine Zeit gibt es für mich!
Denn sie leben ganz erfüllt.
Und sie wachsen sicherlich.
Neblig nur bin ich umhüllt!
Nichts hab´ ich an Land verloren.
Alle rasen, ich stagniere.
Zu warten hatt´ ich mir geschworen,
Deshalb ich mich selbst verliere!
Ich bin einsam, denn die Liebe
Führt ihr Leben ohne mich.
All die vielen Seitenhiebe
An Land. Gewiss! Zur See fahr´ ich!“
Fassungslos sah sie ihn an.
Gerührt war sie den Tränen nah.
In der Zornesworte Bann
Sie sein Inn´res Zweifeln sah.

„Was ist denn mit deiner Mira?
Ist was Neues denn gescheh´n?“
„Oma, diese eine Mira
Wird die eig´nen Wege geh´n.“



Nichts passiert

Peter fährt erholt nach Haus´.
Ausgeruht hat er sich gut.
Und was für die Hasimaus.
Was man denn nicht alles tut.

„Die Rosen sind rot,
Die Veilchen blau,
Ich liebe die Hasi,
Denn du bist so schlau.“

In die Einfahrt fuhr er dann
Und bemerkt im Nachbarsgarten
Uniform in hundert Arten.
Ach die Oma wieder mal
Und als Nachbarin ´ne Qual.
Er öffnet die Tür.
Trat ein in den Flur,
Bereit schon zur Kür,
Als acht schlug die Uhr.
Hasimaus saß geruhsam am Tisch,
Würzte guten, frischen Fisch.
Wie sich Peter zu ihr beugte,
Liebevoll ´nen Kuss zu geben,
Ihm sein dicker Bauch bezeugte:
Beugen war total daneben.
Dann sprach er, was er erdacht,
Hatte Blumen mitgebracht!
Und mit einem Dankesschmatzer
Gab sie ihm ein kühles Biere,
Und verließ den großen Tisch,
Da sie eben telefoniere.

(Nach zehn Minuten)

Peter hing am Krug geduldig.
Erstes Bier war ausgetrunken.
Dieser Fischkopf stiert unschuldig,
In den Totenschlaf versunken.
Eine Frau, die telefonierte.
Peter, bei dem nichts passierte.

(Nach zwanzig weiteren Minuten)

Zweites Bier war angebrochen,
Voll sein großer Krug gegossen.
Anders´ hat der Fisch gerochen,
Drum das Bier nicht ganz genossen.
Eine Frau, die telefonierte.
Peter, bei dem nichts passierte.

(Nach vierzig weiteren Minuten)

Dieser Fisch, er fing schon Fliegen,
Welche sich nicht scheuchen ließen.
Auch ins Biere schon gestiegen,
Sie ihn endlich handeln hießen.
Und die Frau, sie telefonierte,
Peter weiter nichts passierte.

(Nach sechzig weiteren Minuten)

Der Fisch stank gen Himmel!
Dunkel war´s draußen.
Weißblauer Schimmel
Wuchs am Fisch außen.
Und die Frau wird telefonieren,
Peter weiter nichts passieren.
Morgen geht´s von vorne los.
Wieder nur die Uni bloß.
Wieder tote Nachbarsfrauen.
Schleimer, die sich mal bewerben.
Doughnut wird er wieder kauen,
Irgendwann sein Kind beerben.
Frau wird weiter telefonieren.
Weiter wird ihm nichts passieren.


Streit

Traurig blickt´ mich Oma an:
„Einsam aber wirst nicht bleiben.
Was meinst du, wie viele Mädchen
Sich in deinem Leben treiben?“
Nicht konnt´ ich zur Antwort greifen.
Vater fiel mir in das Wort:
„Wenn Romantik wir abstreifen,
Warst du doch sehr einsam dort.,
Beinah´ nichts gab es zu fahren
Und du warst noch stets allein.
Wenn die and´ren fernab waren,
Lebtest in den Tag hinein.
Arbeit durftest nicht verrichten.
Freunde hast du nicht gefunden.
Putzen durftest du, mitnichten,
Mir wär´ längst die Lust entschwunden.
Rosig hört sich das nicht an,
Anderswo wärst besser dran.“
„Dieses war ein schlechtes Jahr
Für die Schiffe, Segler auch.
Das war blöd. Das ist ganz klar.
Das ist wohl des Marktes Brauch.
Bald schon hab´ ich mehr zu tun,
Von der Muße keinen Hauch.“
„Wundern tut das Tief mich nicht,
Kannst damit kein Geld verdienen.
Keiner hat noch Geld dafür,
Für ein solches Hobby schlicht.“
„Schiffe fahr´n Jahrzehnte lang.
Viele Menschen leben so
Und um mich wirst du jetzt bang,
Ich im Leben nicht mehr froh!
Sicher kann man davon leben!
Gut muss man die Sache machen!
Tobi kann die Hand drauf geben:
Unser Markt ist nicht zum Lachen!“
„Und was bist du von Beruf,
Wenn du solche Schiffe fährst?“
Seine Stimme hob er an,
Immer, wenn er sich beschwert.
„Ich will keine Jahre fristen,
Immer wieder schmerzlich wissen,
Dass mein Sohn nichts Richt´ges kann,
Weil er es hat weg geschmissen!“
Zorn mir ins Gesicht geschrieben,
Schrie ich beinah´ ganz von Sinnen:
„Wär´ ich nur daheim geblieben!
Wie soll ich jetzt dem entrinnen?!
Warum soll, was ich mir wünsche
Ganz und gar Verkehrtes sein?!
Weil du es nicht glauben magst?!
Weil du nicht stimmst überein?!“
Wutentbrannt ließ ich sie sitzen,
Stürmte auf die Winterflur.
Dort nie wieder nur zu schwitzen,
Abkehr war mein einz´ger Schwur.



Die Nymphe

Also rannt´ ich ohne Sinnen
Weiter durch die Eiseskälte.
In mir riefen tausend Stimmen,
Keine eine Lösung stellte,
Riefen wild in meinem Kopf:
Mache dies und lasse das.
Flocken stoben durch den Schopf.
Langsam fror, was itzo nass.
Doch kein Schnee konnt´ mich beirren,
Kein Eis mich zum Rutschen bringen,
Mich die Gablung nicht verwirren,
Nicht ein Baum zum Stehen zwingen.
Wild rannt´ ich ins Winterreich,
Schrie, dass bald Lawinen rollten,
Rannte bis mir schmerzt´ das Fleisch.
Übel fühlt´ ich mich gescholten.
So kann ich´s in Worte fassen:
Alle Menschen musst´ ich hassen!
Niemanden, den wollt´ ich seh´n
Und im ungestümen Lauf
Wollt´ ich mit dem Winter geh´n,
Denn er nahm mich tröstend auf.
„Weinst du ob des starren Sinnes,
Dem die Welt verhaftet scheint?
Weinst du ob der schweren Bürde,
Die dich hin zu Tränen greint?“
Stumm blickt´ ich vom Boden auf,
Sah, wer mich so sanftens weckte:
Bildhübsch strahlt ihr klarer Blick,
Der mich fast zum Lächeln neckte.
Gold´nes Haar umrahmte warm
Spitze Nas´ und volle Lippen.
Jedwedes Mangels arm
- Schauernd lief´s durch meine Rippen –
Sprach sie aus solch´ Mitgefühl,
Dass sie meine Tränen barg.
Wärmte mich in ihrem Schoß
Lehnt´ an ihrer Schulter stark.
„Weine nicht. Es geht vorbei.
Finden wirst, wonach du suchst.
Was dir auch im Herzen sei,
Wärme fülle Kopf und Fuß.“
Wünschte nur, es wär´ kein Traum,
Der mich anhielt auszuhalten.
Auf schlug ich die Augen kaum,
Fern von allen Trostgestalten.



Wahrheit

Eines kalten Winters Abend
Ging hinein ich, mich zu wärmen
Kalte Glieder und Gedanken,
Die im wirren Kopfe schwärmen.
Zeit sollt´s sein, mit ihr zu skypen.
Wochen war im Ausland schon
Helles Licht des Abendsterns,
Weit, weit weg vom Heimattrohn.
Und der Bildschirm barg sein Leuchten,
Strahlen dieser klaren Augen.
Doch dies´ Glänzen nur zu zeigen,
Dazu konnt´ kein Bildschirm taugen.
Schillernd wie des Körpers Tracht
Ward ihr res gestae geschildert.
Nurndurch ihrer Worte Macht
War der Reiseweg bebildert.
Jedes ihrer Worte sog
Auf ich wie ein trock´ner Schwamm.
Immer, wenn ein Lächeln flog,
Wärmte es die Glieder, klamm.
Feuer meiner Lieb´ entfacht,
Fühlt´ ich mich so wohl geborgen.
Was mir auch der Abend bracht,
Nicht dacht´ ich an solche Sorgen.
In den Augen sah ich´s erst:
Klares Blau wurd´ langsam blass,
Alsbald schwand ihr Lächeln dann,
Ihren Blicke wähnt´ ich nass.
Darum fragt´ ich, was ihr sei,
Womit sie so zu kämpfen habe.
Ach es schmerze sie hierbei,
Antwort wär´ auf meine Frage,
Dass sie mir nicht geben könne,
Worauf ich zu hoffen wagte.
Denn sie hätte den gefunden,
Der um ihre Liebe fragte,
Die sie ihm so gerne gab.
Im Versuch, den Sinn zu fassen,
Im Versuch, zu reagieren,
Im Versuch, etwas zu denken,
Im Versuch, nicht zu verlieren...
Im Versuch, so sagt das Wort,
Ist das Scheitern inbegriffen.
Ist dann der Versuch erst fort,
Ist die Maske abgeschliffen.
Unter ihr lag unverborgen
Wahrheit über all mein Streben,
Nackt und töricht in dem Hoffen,
Kindlich gar im ganzen Leben.
Meine Maske war gefallen:
Augen leer, die Seele schwarz,
Tränen, die in Wangen krallen,
Klebten wie des Baumes Harz.
Entblößt stand ich vor einem Menschen,
Der sein Herz vor mir versteckte.
Hielt schon lange meins in Händen,
Wissend, was ich wohl bezweckte,
Und zuletzt zur Antwort greifend,
Die in mir die Leere weckte.
Ohnmacht stand in ihren Augen,
Diesen Schrecken nur zu lindern.
Ohnmacht, das, was mir getan,
Irgendwie auch nur zu mindern.
Bitten konnte sie mich nur,
Irgendwie ihr zu verzeihen.
Fern war sie doch jeder Spur
Dass es wirklich sollte sein.
Gar zerbrochen meine Welt,
Die auf festem Glauben baute.
Durch die Wahrheit gar entstellt,
Als sie an das Licht sich traute.


Kontakte

Gleich zuhause an das Handy
Ging er um dort einzutippen,
Eine Nachricht an die Freunde.
Um mal richtig aus zu flippen,
In die laute Nacht zu flieh´n,
Um von Bar zu Bar zu zieh´n.
Schreiben wird man dann und wann.
Bald wird´s Jas so jauchzend regnen,
Wenn dann einer jetzt nicht kann,
Wird die Nacht ein and´rer segnen.
Bis der erste ihm dann schrieb,
Machte er sich einen Abend.
So vergaß er diesen Hieb,
Sich an neuer Dichtung labend.
Sein Notizbuch aufgeschlagen,
Sah er auf die nächste Seite.
Diese sollte Worte tragen,
Möglichst auch noch sehr gescheite.
Und wie ging das Ganze weiter,
Knüpfte er ans Letzte an?
Andre Menschen, neue Streiter?
Wie erhält er diesen Bann?
Tippen auf den Handyscreen.
Keine neue Nachrichten.
Wieder in die Dichtung flieh´n,
Verse konnt´ er keine sichten.
Schließlich sah er immer länger
Auf das weiße Telefon.
Dem zur Wortjagd schlechten Fänger
Sätze bald zu bröckeln droh´n.
Stets noch blieb die Seite weiß,
Winkte mit dem Potential,
Lachte höhnisch, still und leis´
Ob der kleinen Wörterzahl.
Zynisch grinst sein Handy gar:
Keine Antwort hast erhalten!
Heute war sein Schicksal klar:
Ironie wohl auszuhalten.
Schon der Tag war bittersüß,
Als aus Engelsmund erbrochen,
Ein Bewund´rer seiner Worte
Dunkle Wahrheit hat gesprochen.
Über dieser Szenerie
- Böses Grinsen im Gesicht –
Trohnte garst´ger Ironie
Alllerbitterstes Gericht.


Von Peters Lebensmut

Peter sah ins schale Bier,
Ob es Antwort geben kann:
Was er wirklich mache hier?
Was er tat und das seit wann?
Wohnte in ´nem großen Haus.
Ist das alles, gibt´s noch mehr?
Ja, er ging ja täglich raus,
Arbeitete nebenher.
Das ist alles? Gibt´s nicht mehr?
Das war 40 Jahr´ gelaufen?
Doch Karriere gab´s ja auch:
Chef nun vom Studentenhaufen.
Bist du glücklich mit geworden?
Hast gefunden, was du brauchst?
Ja ´ne Frau stand ihm zur Seit´...
Wegen der du wieder rauchst?
Meinst die Frau, mit der du lebst,
Bis ins hohe Alter rein,
Während du am Doughnut klebst
Und sie ob der Tage greint?
Stets wolltest besonders sein,
Träumtest nur von großen Taten.
Normalitäten holten dich ein,
Die schon früh ins Haus eintraten.
Nichts gibt´s da du existierst,
Das besonders dich bezeichnet.
Nur nach Apple du noch stierst.
Den Konsum lebst ausgezeichnet.
Du hast alles aufgegeben.
Träume deiner Kindertage,
Deren Schatte sich jetzt regen,
Als der Schleier bald versagte.
Du wirst sterben, stinknormal.
Deshalb wirst du bald vergessen.
Unsterblich in der Götter Saal,
Auf den Ruhm warst du versessen.
Doch es erntet, wer es wagt,
Wer auf Erden Neues schafft,
Wer verändert, nicht beklagt,
Dass dort diese Schlucht noch klafft..
Alles, was du niemals wolltest:
Faulheit und Depression.
Was du nie ausleben solltest:
Tatenstreben, Rebellion.
Was hat deinen Will´n gebrochen,
Ließ dich so erbärmlich scheitern?


Traum und Wille

In den Himmel – wolkenscheinend –
Blickt´ ich in den Wintersturm.
Kalter Wind, verbittert schreiend,
Fällt hinab vom Wolkenturm.
Ein so emsig Schneegefolge
Reitet auf dem kalten Hauche.
Lanzenbohrend, emsig schreiend,
Stürzt´ es in mein Haargeraufe.
Was ich tat ich zu jener Stund?
Auf dem kalten Erdenrund?
Sehnte mich nach warmen Trost,
Lief deshalb in klirrend´ Kälte,
War im Innern zornerbost,
Äußerlich der Traumentstellte.
Dachte an mein frühes Sinnen,
Endlich Welten zu entdecken.
War´s ein Wunsch, der schließlich binnen
Kurzer Stunden sollt´ verrecken?
Nicht im Ansatz hatte ich,
Nicht im Kleinsten nur begonnen,
Zu begreifen, was es heißt
In der Arbeit sich zu sonnen.
Ich bin schnell zurück geschreckt,
Krumm gemacht, den graden Rücken.
Warum war´s zum Streit gekommen?
Warum wütend jedermann?
Lang´ in Faulheit bin geschwommen,
Weil ich lang´ kein Land gewonnen.
Hätt´ich mich mal informiert.
Hätt´ ich früher nach gefragt,
Wär´ viel Schlechtes nicht passiert,
Hätt´ nie solch ein Streit getagt.
Ach was taten all die Helden,
Die so frei die See bereisten,
Die nur taten, was sie wollten,
Die dir großen Dinge leisten?
Wie hat´s Cook so weit gebracht?
Wie Australien denn gefunden?
Was hat Drake so reich gemacht,
Von dem Lande ihn entbunden?
Was hat sie so frei gemacht?
Was gab ihnen ihre Stärke,
Nur zu tun, was gut gefiel,
In dem großen Lebenswerke?

Unerhört war nun der Sturm.
Schnee, nur Schnee, so milchig weiß!
Rüttelt schwer an meinem Schal,
Türmt sich um mich wild im Kreis.
In der Wand sah ich Gestalten.
Meine Eltern sah ich streiten,
Was sie von den Plänen halten,
Ob sie anders mich geleiten.
Theo sah mich prüfend an,
Skeptisch wegen meines Wunsches.
Lisa schaut´ vom Stege aus,
Wünscht´ mir eine gute Reise,
Drehte sich und ging hinfort.
Lebte dann auf ihre Weise.
Theo packte seine Sachen,
Zog hinfort nach Heidelberg,
Tom ging noch ins Ausland gar,
Wachsen wird der kleine Zwerg.
Tränen hatt´ ich in den Augen.
Leute, dacht´ ich, geht nicht fort!
Was war denn mit uns´ren Tagen
In Berlin, dem Kindheitsort?
Was tat Cook mit seinen Freunden,
Wenn die Welten er entdeckte?
Mira tauchte vor mir auf,
An der Hand die große Liebe.
Und ihr Blick stach mir den Bauch,
Schmerzlicher als tausend Hiebe.
„Fahr´ zur See, so schnell es geht,
Sonst wirst bitter es bereuen!“

Endlich traf´s mich wie ein Blitz!
Denn ich will! Ich muss es wollen!
Ohne Zweifel, ohne Witz,
Die so groß sind angeschwollen.
Wenn ich etwas wirklich will,
Kann bestimmt ich es erreichen.
Ganz egal wie schnell und still
And´re Träume, Menschen bleichen!
Dieser Schneesturm legte sich.
Stille kehrte um mich ein.
Und so stand ich ohne dich
Ganz allein im Nebelschein.



Loslassen

Aufgewühlt und kreidebleich
Lief der Dichter auf und ab.
Arme lang und Beine weich,
Fühlte er sich endlos schlapp.
Aber sitzen konnt´ er nicht,
Ruhe war ihm nicht vergönnt.
Tränentau versperrt die Sicht:
„Schön, dass ihr auch ohn´ mich könnt.“
Jetzt und hier musst´ er was ändern,
Durfte weiter nicht stagnieren,
Diese Stadt mit ihren Bändern;
In ihr kroch er schon auf vieren!
Ja, als Bürger zweier Welten
Wollte er es nie aufgeben,
Hier zu bleiben, wenn auch selten
Er erhielt den Urlaubssegen.
Weil er dieses Sein sich wählte,
Überall doch fremd zu sein,
Ist auch das, was ihm dort fehlte
In Berlin ein bloßer Schein.
Er musst´ tun, was er nicht konnte:
Endlich sich von allem trennen,
Das Vergang´ne liegen lassen,
Um die Zukunft zu benennen.
Also nahm er seinen Mantel,
Steckte sein Notizbuch ein,
Ging mit schnellen, harschen Schritten
In den Nebelwald hinein.


In den Nebel

Peter hielt´s nicht länger aus.
Alles ließ er steh´n und liegen.
Schnell jetzt weg und endlich raus,
Eh´ die Stimmen ihn besiegen.
Falschen Träumen nach gejagt.
Und das gar ein Leben lang!
Niemals hat er nach gefragt,
Was ihn denn zur Abkehr zwang.
Einen klaren Kopf wollt´ er.
Den bekam er nur am Stege,
Darum schritt er in den Wald,
Kreuzt´ mit and´ren seine Wege.


Das Treffen

Durch den Nebel schritt ich langsam,
Kaum sah ich den rechten Pfad.
Doch der Wille führte mich
Durch des Winters trübe Saat.
Dort schon sah ich Bäume lichten,
Und erkannt´ den See dahinter,
Konnte zwei Gestalten sichten,
Emsig klagend in dem Winter.
Unentdeckt blieb ich im Nebel,
Um den beiden still zu lauschen:
„Sag´, was treibt dich her zu mir,
Dass du mir Gesellschaft leistest?
Wollt´ ich doch alleine sein,
Ohne dass du mich verheißest,
Meine Schatten zu erläutern,
Die mir mein Gemüt beschweren.“,
Sang der Schlank´re dieser beiden
Zu dem korpulenten Mann,
Der – gewohnt, dies zu vermeiden –
Über eine Antwort sann:
„Hab´ mir das nicht ausgesucht.“,
War die Antwort kurz und knapp.
„Doch ich gehe keineswegs.“
So wandt´ er sich von ihm ab.
Ersterer, der Ruhe fremd,
Die sein Gegenüber kannte,
Echauffierte wild sich drehend,
Weil sein Herz im Schatten brannte.
„Wie kannst du so stoisch sein?!
Weißt doch nicht, welch böser Geist
Mein Gemüt zur Hölle macht!
Oh wie er mein Herz zerreißt!“
„ Du bist nicht der einz´ge, man“,
Fuhr der Dick´re ihn nun an,
„Der sein Leiden tauschen will!
Ich erfahr´ auch keine Bill!“
Aufgeschreckt der Lange sich
Über seinen Barte strich.
Und so sanft wie es nur kann,
Sprach er diesen Dick´ren an:
„Ach verzeiht, ich hab´ vergessen,
Ganz besessen von dem Leiden,
Dass auch and´re Menschen sind.
Hast du´s ärger von uns beiden?“
„Was weiß ich. Kenn´ ich dein Leiden.
Nie zuvor war´n wir geseh´n.
Dennoch wisse, was es sei:
Um mein Leben ist´s gescheh´n.
Also liegt es wohl an mir,
Schlimm´ren Part sich zuzuschreiben.“
Auf des bärt´gen weißer Stirn,
Sah ich Furchen sich drum scheiden.
„Du bereust, was schon gescheh´n.
Aber ich, was kommen mag.
An dem Alter muss man seh´n,
Wo das rechte Urteil lag.“
„Doch ist meins durchs Leben recht
Weit und umfangreich gebildet.
Deins ist noch von Fehlern schlecht.“,
Sprach er doch so eingebildet.
Auch der Langbart musst´ dies denken.
Schatten flog auf sein Gesicht.
„Sicher ist, dass auch dein Alter
Fehler macht in der Geschichte.
Denn worüber grämst du dich,
Wenn es denn kein Fehler war?
Warum bist an diesem See
Und sprichst vom Lebensleiden gar?“
„Ja, tatsächlich ist´s ein Fehler,
40 Jahre nunmehr her.
Viel zu weit lag er zurück,
Offenbart sich plötzlich schwer.“
„Dann bist arge du wohl dran,
Wenn es ist, wie ich es denke
Sieht´s man auch dem Urteil an,
Da liegt´s in des Fehlers senke!“
In des Mannes Blick lag Schmerz,
Der wohl von Enttäuschung sprach.
Ersterer fasst sich ans Herz,
Er verstand des Alten Schmach.
Wie sein Trauern offenbart,
Heulte der Wind nicht leis´.
Und der Nebel teilt sich,
Gab den Blick auf mich dann preis.
„Noch ein müder Wandersmann,
Der dort aus dem Nebel tritt.
Aus des Winters Eis und Schnee.
Bringst uns noch mehr Kummer mit?“,
Sagte drauf der Bartesmann,
Der den Ort wohl bestens kannte.
Wer hier auch zum Stege lief,
Tiefes Leid nach außen sandte.
„Scheint als soll´s Bestimmung sein,
Dass sich Trauernde vereinen.
Gründe gibt´s doch Tausende,
Warum Menschen schmerzlich greinen.“
„Wahr ist, was du eben meintest.“,
Sprach der Ält´re ferner blickend.
„Steht für mich doch eines fest.“
-Atemwölkchen weltwärts schickend –
„Dass die Schwere uns´rer Gründe
Nur das Leben kann betreffen
In den wahrlich langen Jahren,
Die noch kommen oder kamen.“
„Weiß nicht, was mir schlimmer deucht:
Tun oder getan zu haben,
Wenn man selbst im Staube fleucht,
Platt gedrückt von Schicksalsgaben.“,
Mischte ich mich endlich ein,
Als ich schließlich ward entdeckt.
„Auch ich kam des Leidens wegen,
Das schon lange in mir steckt.“
Einer – mir an Größe gleich –
Lächelte in seinen Bart,
Eh´ er wieder ernst und bleich
Schaute nach des Lehrers Art.
„Wahrlich mir fällt eins nur ein“,
Hob er nun zum Reden an,
„Das in deiner Jugendzeit
Schweremut verbreiten kann.“
„Wenn das auch recht schnell geschlossen,
Was zu Fehlern gern verleitet,
Liegst du doch im Ganzen richtig.“
Dieses Lob hat er genossen.
Etwas eitel schien er mir,
Nur ganz selten, so wie hier.
„Als ich jung in meinen Jahren
Hatt´ ich Kummer, ohne Frage.
Doch ich habe lang´ gesucht:
Hasimaus erhellt die Tage.“
An dem Klang der Trostesworte,
Da erkannte ich sein Stutzen.
Hasimaus, der helle Stern,
Hatte destruktiven Nutzen.
Auch dem Barte nicht entgangen,
War der Klang des Kosenamens.
Setzte so zum Sprechen an,
Tiefer noch im Sumpf zu graben:
„War sie gar die falsche Wahl?“
„Nie und nimmer würd´ ich´s sagen!“,
Brauste er mit Eifer auf.
„Nur, was wir geworden sind,
Ist mit Jammer zu beklagen.“
„Was so hell geleuchtet hat,
Ist gar Alltag trist geworden.
Durch Gewohnheit allzu matt
Liegt das Glück auf hohen Borden.“
Schweigend sahen wir uns an,
Ohne dass nur einer sprach.
Schließlich war´s der dicke Mann,
Der die Stille wieder brach.
Ersterem wandt´ er sich zu:
„Nur du bleibst Mysterium.
Was ist´s, das dich hier her trieb
In das Eisrefugium?“
Sein Gesicht wandt´ er zum Wasser,
Schien – die Worte sorgsam wählend –
Ganz entrückt in eine Sphäre ,
Sich in Ungewissheit quälend.
Dann begann er zu erzählen.



Aus dem Leben des Dichters

„Immer hatte ich zwei Träume,
Denen ich nie müde war.
Die Freiheit und die wahre Liebe,
Einst war ich noch beidem bar.
Dann geschah, was ich so sehnte:
Ganz von ihr war ich erfüllt,
Wie es so im Buche steht,
Wenn dein Herz unendlich schwillt,
Doch ich wollte ihretwegen
Nicht von and´ren Traume lassen
Und die ganze Welt bereisen.
Diese Chance wollt´ ich nicht passen.
Also fuhr ich auch zur See,
Vieles wollt´ auch sie noch tun.
All zu sehr tat´s mir nicht weh,
Bald schon wollt´ ich bei ihr ruh´n.
Doch ich lebt´ in beiden Welten,
Von der Fülle wollt´ ich kosten,
Ohne gierig mich zu schelten.
Was war ich doch für ein Vollpfosten.
Während ich in Freiheit lebte,
Sehnt´ ich mich zu ihr zurück,
Merkt´ nicht, wie der Kosmos bebte,
Fest gebaut auf Gier nach Glück.
Viel zu viel war´n wir getrennt .
Jeder war auf sich gestellt.
So verloren wir einander,
Da zerriss, was niemals hält.
Wollte mich zu Freunden wenden,
Doch erkannten wir nicht wieder.
Dies´, mein Schicksal sollt´ so enden:
Einstge Heimat barst darnieder.
Durch den Bruch der ersten Welt
Ward die zweite auch erfasst.
Nicht Erfüllung, sondern Flucht,
Eine schwere Lebenslast.
Meine Gier hat mich getrieben,
Alles Glück der Welt zu haschen,
Und verlor die, die mich liebten,
Hing in meinen eig´nen Maschen.
Konnt´ vor vielem mich bewahren,
Nicht vor eigenem Gebaren.“
Betroffen blickten wir zu Boden,
Nichts vermochten wir zu sagen,
Bis der nächste – hoch erhoben –
Antwort gab auf stille Fragen.



Lang währender Irrtum

„Nicht weiß ich, was zu erwidern
Deinen Worten angemessen,
All mein Troste klänge hohl:
Darauf bin ich nicht versessen.
Lass mich fortfahr´n,
Lasst mich reden:
Ja, auch ich hatt´ große Träume.
Kapitän, der wollt´ ich werden.
Eh´ich es zu sagen säume:
And´re Bahn wählt ich auf Erden.
Für ein Leben, nur zu zweit
War bereit ich viel zu opfern.
Also blieb ich wohl an Land,
Warf mich in die Studienzeit.
Ich war gut und fühlt´mich wohl,
Bin am gleichen Platz geblieben.
Ahnte nichts und lebt´ dahin,
Hab´ mein früh´ren Schwur gemieden.
Lange hab´ ich´s nicht bemerkt,
Doch ich hab´ mich selbst belogen.
Für die Frau, die ich doch liebte,
Hab´ uns beide ich betrogen.
Ideale aufgegeben,
Wofür ich gestorben wär´,
Tauscht´ sie für ein sich´res Leben,
Dies ist des Vergessens Mär.
Meine Frau liebt mich nicht mehr,
Denn den Mann, der da einst war,
Gibt es wahrlich nimmermehr.
Es wird kommen, wie ich´s sah:
Mit Gedichten wird sie gehen,
Die ich einst für sie geschrieben,
In Erinnerung an den Mann,
Der sich selbst hat tot geschwiegen.“



Der Jüngste

Was ihr schon vergangen nennt,
Dies als Leiden in mir brennt.
Ihr seid Spiegel meiner Ängste:
Was ich niemals werden wollte.
Nur der Rat ist endlos fern,
Den ich lang´schon finden sollte.“
„Leicht ist´s doch“, so sprach der Dicke,
„Da du uns ja hören konntest.
Besser mach´s, als wir es taten.
Dazu sei dir nur geraten.“
„Auch weiß ich, was scheitern ließ,
Kann ich´s doch nicht anders machen,
Nur ein Schiff und nur ihr Herz!
Nur die beiden, simplen Sachen!
Wenn vielleicht ich auch gezwungen,
Irgendetwas aufzugeben,
Noch bin ich dazu zu jung!
Will nicht trauern, sondern leben!
Wie´s auch immer kommen mag.
Ich lass´ euch mein Ende wissen.
Morgen ist ein neuer Tag;
Lasst den Tatendrang nicht missen!“
Überrascht, ob dieser Worte,
Aufgespült vom tiefsten Grunde,
Drehte ich mich rittlings um,
Ging hinaus zur selben Stunde.



Zusammenstoß

Still döste im Rücksitz ich
- Finster in die Runde schauend.
Nicht ein Wort ward ausgetauscht
Und das Schweigen nicht erbauend.
Fühlt´ mich wie ein kleines Kind,
Dumm gescholten für den Streich.
Schlimmer, weil ich klein nicht war,
Groß genug, an Plänen reich.
Lange konnt´ ich nicht mehr bleiben.
Kindeszeit war abgelaufen.
Wollt´ ich eigenständig leben,
Musst´ ich mich zusammenraufen.
Süßes, kleines Enkelkind
Bin ich letztes Mal gewesen.
Treffen wir uns wieder bald,
Bin von alldem ich genesen.
Aus stieg ich, allein zu fahren,
Irgendwen noch zu besuchen.
Durch die Stadt, fern meiner Laren,
Durft´ ich endlich lauthals fluchen.
Auf die Rage ganz versessen,
Blieb ich blind für and´re Leute.
Jener hat den Schritt vermesse,
Und wir wurden Unfallsbeute,
Hielt mir meinen Kopf vor Schmerzen,
Blutete an meiner Stirn,
Fluchte laut aus ganzem Herzen,
Denn zermatscht war faules Hirn.
Der Passant, ein dicker Herr,
Schimpfte erst und fluchte dann.
Als er meine Wunde sah,
Er sich anders doch besann.
„Oh verzeiht! Wie konnt´ ich nur
Kopflos gar zum Bahnhof hechten?
Denn ich seh´, du blutest stark!
Soll ich schauen nach dem Rechten?
Schmerzt es auch nicht allzu arg?“
Ich besah mir seine Tasche,
Die beim Stürzen aufgegangen.
War in Eile wohl gepackt,
Da zerknüllt die Sachen drangen,
Doch ein wenig Platz zu kriegen,
Ausgebreitet da zu liegen.
Dieser Mann aufs Wasser will,
Was ich aus dem Ölzeug schloss.
„Nein, es geht, ein Kratzer nur.“,
Woraus gar kein Blut mehr floss.
„Trotzdem tut´s mir höllisch leid!
Warum muss das jetzt passieren?
Ziemlich knapp ist meine Zeit.
Diese darf ich nicht verlieren!“
„Gehen Sie, mir geht es gut.“,
Sucht´ ich ihm den Pein zu mildern.
„Spurten Sie nur schnell zum Zug,
Statt bekanntes Leid zu schildern.“
„Dankesehr, ich danke dir. Doch - “,
Er zog ein Buch hervor –
„Lass mich dir noch dieses geben...“
„Ja! Ihr Wort in Gottes Ohr!“
Und er rannte mit der Tasche,
Ließ mich auf dem Platze liegen.
Doch in meiner Seele Asche
Konnten sich nun Verse wiegen.
Eines Dichters Buch es war,
Das in Stunden ich verschlang.
Und aus all der Worte Schar
Dieser Briefe zu mir drang:



Von Träumen und Ängsten

Liebe Mira,
Mir ist, als kenn´ ich dich schon ewig,
Obwohl es erst zwei Jahre sind.
So vertrauten wir einander,
Vertrauten uns so arg geschwind,
Dass ich ganz vergessen habe,
Wie es wohl gewesen ist,
Dich irgendwann mal kenn´ zu lernen,
Als nichts war, wie es jetzt ist.
Und denk´ ich an die letzten Jahre,
Die wir so viel teilten,
Kommt´s mir trotzdem noch so vor,
Als ob wir kopflos durcheilten,
Als ob wir uns zwei Jahre lang
Wahrlich selten mal getroffen,
Als ob ich in der Ecke stand,
Um nichts zu tun und nur zu hoffen.
Ich weiß, die Wahrheit ist das nicht.
Ich weiß, wir haben viel getan.
Letztlich war´s der eine Wunsch,
Dass wir immer uns nur sah´n.
Ein Abschied macht es so dramatisch,
Wie es gar nicht nötig wär´.
Doch dieser macht´s auch so endgültig,
Holt Vergang´nes zu mir her.
Für alle Momente packt´ mich Gram,
Die ich dich nicht ganz genossen,
Weil Ärger in mein Inn´res kam,
Wenn die Worte so verflossen.
Stunden sprachen wir zusammen,
In denen ich dir alles sagte.
Was ich dir nur sagen wollte,
Stets ich einem and´rem klagte.
Das versetzt´ mich so in Ärger,
Dass ich nur noch gehen wollte.
Minuten, die ich mich verfluchte,
Wenn mein ganzes Wesen grollte.
Sie kamen oft, war ich allein,
Wenn ich sehnlichst an dich dachte.
Jeder Scheiß fiel mir dann ein,
Wie mein Sein zusammen krachte:
Weil ich dich nicht haben könnte,
Weil du einen and´ren liebtest,
Weil die Zeit so knapp bemessen,
Weil du mir von dir abrietest.
Wie schmerzte es in meiner Brust,
Wenn am Tisch du zu mir meintest,
Dass du mich entzaubern wolltest,
Du über meine Treue greintest.
Ich weiß, ich mach´ es uns nicht leicht,
Da Freundschaft mir ja nicht genug.
Ich tu´ uns beiden ständig weh,
Grab´ im Acker mit stumpfen Pflug.
Vielleicht bin ich auch einfach dumm,
Nicht fähig, neu mich zu verlieben.
Doch sag´ ich mir dann, sei es drum.
Wer weiß, wovon mein Herz getrieben?
Bevor du alles gleich zerknüllst,
Lass es mich noch vor dir sagen:
Das ist Kitsch und das ist Müll
Mit abgenutzten Wortesphrasen.
Warum ich es dennoch tu,
Ist wohl dann die leicht´re Frage.
Das Thema lässt mich nicht in Ruh´,
Schon gar nicht diese letzten Tage.
Ich muss doch damit fertig werden!
Das kann ich nur beim steten Schreiben!
Mein größter Fehler ist´s auf Erden,
Dass ich dies nicht kann vermeiden.
Dass ich diese Zeilen dichte,
Beweist doch nur mein Unvermögen.
Hilflos in der Weltgeschichte
Mit ihren tausend Spannungsbögen.
So muss ich mich an wenig klammern,
Das mir Halt im Leben bietet.
Dazu gehört wohl mein Talent,
Mit Worten vor mir her zu schmeißen
Und, was man wohl Träume nennt,
Die wir allzeit wichtig heißen.
Ich hab´ nur zwei. Ich bin bescheiden,
Könnte man erstmal vermuten.
Doch weil sie nicht zusammen passen,
Stürz´ ich mich in Widerfluten.
Auch das kannst du gar nicht leiden:
Über Zukunft nach zu denken.
Leider mach ich´s immer wieder,
Statt anderem die Zeit zu schenken.
Ich habe nur grob überschlagen,
Dass die nächsten zwei, drei Jahre
Selten wir uns sehen werden.
Deshalb rauf´ ich mir die Haare!
Auch, wenn das noch lange hin:
Uns´re Pläne passen nicht.
Wir wollten gern zusammen sein
Und leider Gottes geht es nicht?
Mira, ich hab´ vor gegriffen:
„Gemeinsam“ sag´ ich all die Zeit
Und weiß doch nicht, ob du´s so siehst.
Geh´ ich etwa viel zu weit?
Vielleicht, doch lass´ mich eines sagen:
Ich glaub´, du fühlst dasselbe auch.
Willst es nicht nach außen tragen.
Tief schlummert´s in deinem Bauch.
„Hast du ein Schiff, werd´ ich mit fahren.“,
Sagtest du so oft zu mir.
Wirst du dies´ Versprechen wahren?
Kommt es tief, ganz tief aus dir?
Wenn du so sprichst, freu´ ich mich
Und komm´ doch nicht umhin zu fragen:
Damit du mir, dein Herz mir schenkst,
Muss ich erst ein Schiff beitragen?
Oder meinst du´s anders gar?
Habe ich dich missverstanden?
Sagst du es so leicht dahin?
Willst nur ab und zu drauf landen?
Ich weiß es nicht. Sag´ du es mir.
Wünschen kann ich mir nur eins:
Dass ich mich nicht irren mag
Und du´s wirklich ehrlich meinst.
Doch weil ich dich nicht zwingen kann,
Zu spielen nach des Toren Karten,
Vertraue ich dir dieses an:
Wenn du willst, so werd´ ich warten.
Hlorridi

Armer Tor, was spricht er da?
Will er sich determinieren?
Indem er´s lenkt auf diese Bahn,
Kann sein Leben viel verlieren.
Er baut sich zu, lässt vieles liegen,
Was ihn könnte doch ergetzen.
Wenn Jahre ihn dann einst besiegen,
Ist Verlust sehr hoch zu schätzen.
Ist´s das Wert? Für eine Liebe
Vielleicht sein Leben lang zu warten?
Hin nimmt er so viele Hiebe
Sich die Chance, ganz neu zu starten.
Doch zeigt es nicht auf and´re Art
Seinen unbeugsamen Willen,
Indem er seine Träume jagt,
Ganz bewusst und auch im Stillen?
Ob er wirklich recht behält,
Sich an sein Versprechen hält,
Ob er damit muss einst brechen
Mit diesem mutigen Versprechen,
Kann allein die Zeit entscheiden.
Mit Weisheit wird sie uns beschenken.
Niemand kann die Zukunft planen,
Noch versuchen, sie zu lenken.
Armer Tor, er träumt so viel,
Wiegt sich in der Hoffnung Reigen,
Doch eines hat er schon geschafft:
Des Dichters Ruhm, der ist ihm eigen.
Denn das war sein dritter Traum.
Hlorridi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.05.2015, 22:33   #2
männlich Ex-Ralfchen
abgemeldet
 
Dabei seit: 10/2009
Alter: 77
Beiträge: 17.302


das ist keine kurzgeschichte, sondern lyrik und die ist so lang dass die niemand liest...egal...willkommen.
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.05.2015, 23:00   #3
männlich Hlorridi
 
Dabei seit: 05/2015
Beiträge: 18


Nun in die Forenklassifizierung muss ich mich wohl noch einfinden. Auf den ersten Blick schien mir die Abteilung "Geschichten" das treffendste. Davon mal abgesehen dachte ich auch erst, das sei sehr lang, aber es lässt sich recht schnell lesen, finde ich.
Hlorridi ist offline   Mit Zitat antworten
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