Gesunder Selbstabstand bei Poetry.de

Aquaria · 16.02.2010, 12:19

Bei all den Träumen, die ich hatte,
bei all den Wundern, die ich sah,
bei all den Menschen, die ich kannte,
bei all der Liebe, die mir war:
War ich, war mir, durch mich, mit mir,
ich selbst mir selbst zu fern zu nah.

Zu fern von mir heißt unbeteiligt.
Zu nah birgt tückisch allzu kleinlich.
Zufrieden immer, glücklich nie.
Eine Lebensphilosophie?

Der Bauch ist oft gedankenlos,
Verstand frisst Wunsch durch Schärfe,
Herz holt sich Wunsch zum Glück zurück,
Geist benimmt sich mittellos,
Verstand vergiftet Stück um Stück
das Herz mag sich nicht irren
und opfert, was es opfern muss
zum Preis des totgeschwächten Glücks

C.Alvarez · 17.02.2010, 18:43

Wow, sowas hätte ich auch gern geschrieben.

Liebe Aquaria,

dein Gedicht beeindruckt mich. Vom Thema, von der Ausführung.
Die Art wie du diese Gedanken beschreibst, so nüchtern und gerade darum so tief und so berührend. Finde ich super.
Dein Text hat eine emotionale Eleganz, die man nicht oft findet.

Kompliment!

Eine Frage:
"bei all der Liebe, die mir war:"

warum nicht
"bei all der Liebe, die in mir war:"

Liebe Grüsse

Corazon

Aquaria · 17.02.2010, 19:16

Danke, danke, fühle mich sehr geschmeichelt

"Die Liebe, die mir war" ist ein alter, possesiver (besitzanzeigender) Dativ, ist heute so nicht mehr gebräuchlich, wie: "Ehre sei Gott", oder "mir ist angst und bange". Ich hab es einerseits wegen dem Metrum so geschrieben und andererseits, weil die erste Strophe dann irgendwie antik klingt. Kann man zurecht drüber stolpern, dir entgeht nichts

Danke nochmal, du hast mich echt motiviert!

16.02.2010, 12:19	#1
Aquaria Dabei seit: 02/2010 Alter: 42 Beiträge: 521 Meine Gedichte	Gesunder Selbstabstand Bei all den Träumen, die ich hatte, bei all den Wundern, die ich sah, bei all den Menschen, die ich kannte, bei all der Liebe, die mir war: War ich, war mir, durch mich, mit mir, ich selbst mir selbst zu fern zu nah. Zu fern von mir heißt unbeteiligt. Zu nah birgt tückisch allzu kleinlich. Zufrieden immer, glücklich nie. Eine Lebensphilosophie? Der Bauch ist oft gedankenlos, Verstand frisst Wunsch durch Schärfe, Herz holt sich Wunsch zum Glück zurück, Geist benimmt sich mittellos, Verstand vergiftet Stück um Stück das Herz mag sich nicht irren und opfert, was es opfern muss zum Preis des totgeschwächten Glücks

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17.02.2010, 18:43	#2
C.Alvarez Dabei seit: 07/2006 Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici Beiträge: 4.889 Meine Gedichte Meine Favoriten	Wow, sowas hätte ich auch gern geschrieben. Liebe Aquaria, dein Gedicht beeindruckt mich. Vom Thema, von der Ausführung. Die Art wie du diese Gedanken beschreibst, so nüchtern und gerade darum so tief und so berührend. Finde ich super. Dein Text hat eine emotionale Eleganz, die man nicht oft findet. Kompliment! Eine Frage: "bei all der Liebe, die mir war:" warum nicht "bei all der Liebe, die in mir war:" Liebe Grüsse Corazon

17.02.2010, 19:16	#3
Aquaria Dabei seit: 02/2010 Alter: 42 Beiträge: 521 Meine Gedichte	Danke, danke, fühle mich sehr geschmeichelt "Die Liebe, die mir war" ist ein alter, possesiver (besitzanzeigender) Dativ, ist heute so nicht mehr gebräuchlich, wie: "Ehre sei Gott", oder "mir ist angst und bange". Ich hab es einerseits wegen dem Metrum so geschrieben und andererseits, weil die erste Strophe dann irgendwie antik klingt. Kann man zurecht drüber stolpern, dir entgeht nichts Danke nochmal, du hast mich echt motiviert!