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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 24.03.2008, 23:51   #1
schneewittchen.core
 
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 3

Standard Good bye

„Es tut uns sehr Leid, aber wir müssen ihnen leider mitteilen, das sie zwangsgeräumt werden.“ sagte dieser Mann. Er war mir von Anfang an unsympathisch, mit seinem ach so tollen Anzug und seiner Aktentasche. Ich war mir nicht sicher ob ich das auch richtig verstanden hatte. Wir mussten weg. Weg von hier, weg aus diesem Haus in dem ich aufgewachsen bin, einfach weg von dem Ort an dem ich eine tolle Kindheit verbrachte, wo wir eine glückliche Familie waren, weg von unserem Garten mit dem Sandkasten und den Erinnerungen die ich mit diesem Haus und der Straße verbinde, und wo die Welt noch in Ordnung war. Er sagte das einfach so, ohne mit der Wimper zu zucken. Er zerstörte mein Leben und dafür hasse ich ihn heute noch. „Geh in dein Zimmer“ ist das einzige was ich noch höre und ich stolperte die Treppe nach oben. Meine Mama fängt an zu weinen, fassungslos von dem, was sie gerade hörte. Ich weiß wie sie sich fühlen musste, mindestens genauso wie ich, ahnungslos was jetzt passieren würde, hilflos, traurig, verärgert...und das einfach alles auf einmal. „Sie haben zwei Wochen“ hörte ich ihn zu meinem Papa sagen, als ich, wie schon so oft, an der Treppe stand und lauschte „dann kommen die Möbelpacker und werden ihnen beim packen helfen. Wenn sie bis dahin noch keine neue Wohnung gefunden haben, werden wir ihre Möbel in einem Lagerhaus unterbringen. Gut, das wars fürs erste...Ich melde mich bei ihnen.“ So still hatte ich meinen Papa noch nie erlebt. Als dieser Mann endlich gegangen war, trat Stille ein. Irgendwann als nur noch das Schluchzen von meiner Mama zu hören war ging ich in mein Zimmer und vergrub mich in meinem Kissen. Was in den nächsten zwei Wochen passierte, realisierte ich nicht wirklich. Es wurden Wohnungen besichtigt und Kisten gepackt. Bald darauf kamen die Möbelpacker und eh ich mich versah waren wir in unserem neuen „Zuhause“ in Plaußig. Ich hasste es. Ein kleines Dorf, was genau aus einer Straße besteht und wo absolut nichts los ist. Aber okay. Es gibt schlimmeres, dachte ich mir. Wir packten aus und richteten uns ein. Ich hatte eigentlich keinen Grund mich zu beschweren, denn wir warn alle noch zusammen, eine Familie, doch die Stimmung war sehr bedrückend. Unsere Eltern versuchten etwas vor uns Geheim zu halten, doch wir merkten sofort das etwas nicht stimmte. Also gingen meine Zwillingsschwester und ich zu ihnen und fragten was los sei. „Papa ist Arbeitslos, denn die Firma die er mit seinem Freund aufgebaut hatte ist pleite gegangen und deshalb mussten wir umziehen“ erwiderte Mama. „Es wird doch alles wieder gut, oder? Ich meine, es ist doch jetzt vorbei, jetzt wohnen wir doch hier und die Wohnung ist doch nicht so teuer“, ich wurde durch die Türklingel unterbrochen und ging auf Wunsch meines Papas in mein Zimmer. Ich ging auf den Balkon und sah das Polizeiauto vor der Tür stehen. Ich war total geschockt und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Etwas später kam mein Papa nach oben und sagte: „ich muss für ne Weile weg, mach dir keine Sorgen“. Mehr als okay hab ich nicht rausgekriegt. Ich wüsste nicht was los ist, wieso das alles geschieht und wieso vor allem uns. Nachts hörte ich nur meine Mama und meine Schwester um die Wette heulen, doch ich lag einfach nur da und starrte an die Decke, völlig davon überzeugt das alles bald vorbei ist und Papa nach Hause kommt und es ihm gut geht. Meine Mutter erklärte uns am nächsten morgen was los ist. „Sie bringen Papa in das Gefängnis in Torgau, weil wir unsere Schulden nicht bezahlen können“. Sofort fing sie wieder an mit weinen und wir gingen sie trösten, denn mehr konnten wir auch nicht tun. Wir waren alle drei total fertig mit der Welt und wussten nicht wie lange Papa noch im Gefängnis sitzen würde. Wir bekamen Briefe, doch uns schreib er immer nur das es ihm gut ginge und das wir uns keine Sorgen machen sollten. Doch meine Mama bekam andere Briefe...sehr traurige Briefe, die mich zum weinen brachten. Er schreib, dass es ihm sehr schlecht geht und das es sehr schlimm dort ist. „Die Wände und alles ist hier sehr kalt. Ich will hier raus...bitte tu was damit ich hier raus komme, Ich halt es hier drin nicht mehr aus.“ Nun war Papa schon 4 Tage im Gefängnis und am Abend bekamen wir einen Anruf. „Ich wollte sie darüber in Kenntnis setzen, das ihr Mann einen Herzinfarkt erlitten hat und sich zur Zeit in der Herzklinik in Leipzig aufhält“ sagte die Frau am Telefon. Sofort sprangen wir ins Auto und fuhren hin. „Es war zwar nur ein leichter Infarkt, aber trotzdem sollte ihr Mann jegliche Art von Stress vermeiden.“ Er durfte zum Glück nun endlich wieder nach hause. Und ich war der festen Überzeugung alles ist nun endlich wieder in Ordnung, doch bald darauf erlitt er wieder einen Infarkt. An diesem morgen hatte ich zum letzten Mal mit meinem Papa gesprochen. Er wurde wieder in die Klinik eingeliefert und bald darauf ins künstliche Koma versetzt. Wir hörten um uns rum immer nur „ach das wird schon wieder, macht euch keine sorgen“, doch was würdet ihr tun? Wir wussten es nicht. Wir hofften einfach nur das dieser Albtraum bald vorbei sein würde und wir wieder die glückliche Familie sein konnten, die wir einmal waren. Doch das sollte nicht sein. Am Freitag, den 8.April.2005 bekamen wir um 22.34 Uhr einen Anruf aus dem Krankenhaus. „Es tut uns sehr Leid, aber ihr Mann wird diese Nacht versterben“. Wir kapierten gar nichts mehr...es ging alles so schnell, wir riefen uns ein Taxi und bald darauf kamen wir im Krankenhaus an, in dem wir uns mit meinen anderen Schwestern trafen. Wir gingen nach oben. Wir alle hatten die Hoffnung uns noch von ihm verabschieden zu können, ich wollte nicht das der letzte Satz den ich zu ihm sagte:“ danke das du mein Fahrrad repariert hast“ ist, doch so war es. Als wir ankamen sagte uns der Arzt er sei vor 10 Minuten gestorben. Wir standen einfach da und starrten den Arzt an. Wir fingen an zu weinen und der Arzt fragte ob wir ihn noch einmal sehen wollten. Ich ging nicht mit, denn das hätte ich nicht ertragen. Wir fuhren nach Hause und schliefen alle bei meiner Mama, denn keiner von uns wollte diese Nacht alleine sein. Am Montag gingen wir in die Schule und alle schauten uns so bemitleidenswert an, und sagten uns das sie genau wüssten wie wir uns fühlten, aber woher denn? Sie haben keine Elternteil verloren. Sie haben einfach keine Ahnung.Das komischste ist, das mein Papa mit mal erzählt hat das er zu seinem 19. Geburtstag bei einer Wahrsagerin wahr, und sie ihm gesagt hat erwürde mit 48 Jahren sterben...
Und das ist tatsächlich eingetreten.
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