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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 18.06.2018, 08:49   #1
männlich Ex-DrKarg
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Standard Sprache ist Leben!

Sprache ist Leben!

©Hans Hartmut Karg
2018

Worte sterben, werden geboren,
Können verderben, sind neu erkoren,
Denn Sprache bleibt Gestaltung, Kunst,
Zeigt uns an, wo Frust, wo Gunst.

Manches hat sich abgeschliffen,
Weil es zu oft aufgegriffen,
Anderes harrt der Entdeckung,
Will so gerne Deine Neckung!

Wird mit Metrikmaß vermessen,
Darf man Neues gern vergessen.
Wo gesucht nach starrer Norm,
Geht Sprache dudenkonform.

Dabei will der Mensch gestalten,
Nicht Grammatik nur verwalten,
Sich mit Neuem gern verwöhnen
Und nicht unter Regeln stöhnen.

Deshalb, Freund, sei auf der Hut:
Dein Sprachgefühl ist mutig, gut!
Bleib' Dein eigener Daseinstöpfer,
Selbst formender Sprachenschöpfer.

*
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.06.2018, 12:43   #2
Thing
R.I.P.
 
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Standard Liebet Dr.Karg

necken, die Neckung, das Necken -

die haben es Dir angetan?!?
Ich denke an die geneckte und/oder neckende Lende.
Meine andren Einwände würdest Du sicher nicht lesen wollen.

LG
v.
Thing
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Alt 19.06.2018, 09:11   #3
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Sprache ist Leben!

Oh, liebe Thing,
da gibt es eine Menge Einwendungen gegen das Gedicht!
Aber - wie Du richtig vermutest! - kommt es mir wohl
doch viel zu sehr auf die Neckung an. Sie kann auch
Teil der Ironie sein....
Herzliche Grüße DIR!
H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2018, 12:47   #4
männlich gelberhund
 
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Das kleine Ding ist gut. Kudos, Dr!
gelberhund ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2018, 07:23   #5
weiblich DieSilbermöwe
 
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Zitat:
.Wird mit Metrikmaß vermessen,
Darf man Neues gern vergessen.
Wo gesucht nach starrer Norm,
Geht Sprache dudenkonform.
Hier musste ich wirklich lachen.

Flüssiger wäre es:
"Wo gesucht nach starrer Norm,
geht die Sprach' mit Duden nicht konform."
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2018, 08:05   #6
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Sprache ist Leben!

Liebe Silbermöwe,
ich wollte ein wenig Melodie in meinen Vers bringen.
LG H. H. Karg
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Alt 22.06.2018, 08:08   #7
weiblich DieSilbermöwe
 
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???? Sorry, das versteh ich jetzt nicht so ganz.
So wie ich es geschrieben habe, ist es doch rhythmischer/melodischer.

Sprich es mal laut aus
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2018, 08:13   #8
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Sprache ist Leben!

Liebe Silbermöwe,
nein, das ist eben nicht melodischer - auch wenn ich es laut vor mir hersage.
Außerdem würde Dein Vorschlag nicht mehr meiner Aussage, meinem Sinn entsprechen.
Herzliche Grüße!
H. H. Karg
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Alt 22.06.2018, 08:15   #9
weiblich DieSilbermöwe
 
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Dann lasse ich das mal so stehen. Vielleicht äußert sich ja noch jemand zum Rhythmus.
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2018, 08:44   #10
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Sprache ist Leben!

Liebe Silbermöwe,
ja, warten wir's ab.
LG HHK
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Alt 22.06.2018, 10:59   #11
weiblich Unar die Weise
 
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Standard So vielleicht?

"Wo gesucht wird, nach starrer Norm,
geht Sprache mit Herrn Duden konform."
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Alt 22.06.2018, 12:01   #12
weiblich Ilka-Maria
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Ich kann seit Jahren in unserer deutschen Sprache nichts Schöpferisches mehr feststellen. Das Gegenteil ist der Fall: Wörter sterben aus, Redewendungen werden vermieden und Begriffe falsch verwendet, und die Grammatik wird zunehmend gestutzt. Das alles begann mit der unsäglichen "Schlechtschreibreform", die zu einer totalen Verunsicherung geführt hat, weshalb man lieber seinen Sprachschatz reduziert und auf Synonyme ausweicht, anstatt einen Fehler zu riskieren, und setzte sich fort im Überwachungseifer einer Sprachpolizei, die nach "political correcness" schreit, noch bevor ein diskriminierungsverdächtiges Wort fertig ausgesprochen worden ist.
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Alt 22.06.2018, 21:01   #13
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Der Wandel der Sprache ist unaufhaltbar, ob in Bereichen der Grammatik, Rechtschreibung, der Häufigkeit mit welcher ein Wort benutzt wird oder welche Worte man überhaupt noch sagen "darf". Das ist nicht gut, nicht schlecht, das ist einfach so. Das Spannende daran ist doch, dass man so auch heute noch das Zeitgeschehen in der Sprache lesen kann und nicht nur im Text.
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Alt 22.06.2018, 21:45   #14
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von undefined Beitrag anzeigen
Das ist nicht gut, nicht schlecht, das ist einfach so.
Es ist eben nicht "einfach so". Es gibt einen Unterschied zwischen gewachsener Sprache und oktroyierter Sprache. Sprache, die kontrolliert, manipuliert, in bestimmten Teilen zensiert, mit Euphemismen gefüllt und bewusst in unverständlichem Fachchinesisch angewandt wird, gehört zu einem der wichtigsten Instrumente zur Errichtung einer Diktatur. George Orwell hatte das erkannt. In seinem Roman "1984" ist der Gebrauch bestimmter Wörter unter Strafe gestellt. Das ist nicht gut, sondern übel.

In einem irrte Orwell jedoch. Menschen werden für verbotene Wörter neue Wörter erfinden, weil Sprache ein dynamischer Prozess ist: Sie entwickelt sich trotz aller negativen Einwirkungen weiter. Das ist gut.

Als schlecht ist jedoch zu beurteilen, dass unsere Sprache so, wie es gerade geschieht, nämlich ohne jede Not, ohne Angriff auf unsere Demokratie und ohne Abschaffung unseres Bildungssystems, die Errungenschaften fahren lässt, die für alle Deutschen seit langer Zeit die Grundlage intellektuellen Schaffens gewesen sind. Was sprachlich inzwischen in der Literatur, im Journalismus und in der übrigen schriftlichen Kommunikation abgeliefert wird, lässt mich schaudern.

Damit meine ich nicht Flüchtigkeitsfehler, sondern Dinge, die sich etabliert haben, obwohl sie falsch sind, aber nicht in Frage gestellt werden. Wo bleibt das sprachliche Störgefühl bei einem Ausdruck wie "Affekthascherei"? Meine Güte, wer ist schon scharf darauf, nach Affekten zu haschen, die einen vielleicht ermorden würden, wenn man es zu weit triebe? Richtig wäre "Effektheischerei", nämlich das Bestreben, Eindruck zu schinden.

Mein Lieblingswort ist und bleibt der vielgerühmte "Stehgreif", jener komische Zwitter aus Löwe und Adler, der lieber sitzen als fliegen will. Es handelt sich aber um einen Stegreif, also um den Bügel, in den man den Fuß setzt, wenn man auf ein Pferd steigen will.

Ich könnte die Liste fortsetzen. Endlos.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2018, 22:06   #15
weiblich undefined
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Sie entwickelt sich trotz aller negativen Einwirkungen weiter. Das ist gut.
Dann ist die Lösung für das Problem ja schon erbracht ..?

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Was sprachlich inzwischen in der Literatur, im Journalismus und in der übrigen schriftlichen Kommunikation abgeliefert wird, lässt mich schaudern.
Diesen Punkt verstehe ich eben nicht. Wenn jemand anderes sich in solch einer Art und Weise ausdrückt, warum hat mich das zu stören. Viel mehr bin ich dankbar darüber, über die Ausdrucksweise herausfinden zu können wie wichtig es jemandem ist sich korrekt mitzuteilen, wie viele Gedanken er in seine Wortwahl investiert. Dadurch, dass nicht mehr jeder sprachlich so zurecht gerückt wird, gibt mir das einen weiteren Ansatz durch den ich meinen Gegenüber einschätzen kann.
Nach der Devise, es selbst einfach besser zu machen.
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Alt 22.06.2018, 22:30   #16
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von undefined Beitrag anzeigen
Wenn jemand anderes sich in solch einer Art und Weise ausdrückt, warum hat mich das zu stören.
Weil man dann aneinander vorbeiredet, sich nicht mehr versteht, oder anders gesagt: Es kommt zu Missinterpretationen. Fazit: Ende der Kommunikation, falsche Schlussfolgerungen, Fehlinformationen oder Streit.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2018, 23:02   #17
männlich Ex-Larkin
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Zitat:
Zitat von undefined Beitrag anzeigen
Diesen Punkt verstehe ich eben nicht. Wenn jemand anderes sich in solch einer Art und Weise ausdrückt, warum hat mich das zu stören. Viel mehr bin ich dankbar darüber, über die Ausdrucksweise herausfinden zu können wie wichtig es jemandem ist sich korrekt mitzuteilen, wie viele Gedanken er in seine Wortwahl investiert. Dadurch, dass nicht mehr jeder sprachlich so zurecht gerückt wird, gibt mir das einen weiteren Ansatz durch den ich meinen Gegenüber einschätzen kann.
Nach der Devise, es selbst einfach besser zu machen.

Das Problem beginnt allerdings damit, dass die Konventionen, auf welchen eine Sprache beruht, in letzter Instanz bestimmen, was korrekt innerhalb den Grenzen dieser Sprache ist und was nicht - du könntest also gar nicht determinieren, ob sich jemand korrekt mitteilt, wenn diese linguistischen Konventionen nicht durch dich und das Du, dessen sprachliche Korrektheit du bestimmen möchtest, gleichermaßen anerkannt werden.

Einfach ausgedrückt: Wenn ich bestimmen möchte, ob jemand eine korrekte Sprache führt, dann kann ich das nur durch die Kenntnis dieser Sprache tun - und diese Kenntnis muss ein gewisses Niveau erreicht haben. Wenn diese Konventionen aber nicht für mich und diese zweite Person Geltung besitzen, dann wäre das ungefähr so, als ob ich ein deutsches Gedicht unter dem Blickwinkel französischer oder lateinischer Metrik bewerte.

Ich sage: "Der Herr ist faul" - ich meine, dass der Herr antriebslos ist. Wenn aber definitorische und kontextualistische Konventionen nicht für das Du bestehen wie für mich, so könnte das Du behaupten: "Der Herr lebt noch und nur Leichen können faulen." Mein Satz ist deshalb nicht falsch wie auch das Du per se nicht unrecht hat - es mangelt aber an einem allgemeinen Verständnis (und Übereinkommen), dass die sprachlichen Regularien festsetzt.

Eine Übersetzung erfordert ebendeshalb eine genaue Kenntnis der Konventionen beider Sprachen, sie ist deshalb nicht nur die simple Arbeit mit einem Wörterbuch und auch nicht die Angleichung grammatischer Regeln.

Sprache ist - bis zu einem gewissen Grade zumindest - Weltanschauung; sie konstruiert die Welt, wie wir sie wahrnehmen, auf eine bestimmte Art und Weise. Unter dem Terminus Welt ist dabei nicht nur Umwelt zu verstehen, auch unser Innenleben, Emotionen u.dgl.m. werden durch Sprache konstruiert, verständlich gemacht.
Der Mensch ist für sich, einsam, er ist stets allein - allein mit sich selbst. Ich kann behaupten, Ilka-Maria zu kennen ohne, dass das falsch wäre; ich habe Kenntnis von ihrer Existenz und dessen, was sie hier oder anderswo offenbart hat - aber ich kenne sie nicht in dem Maße, wie sie sich selbst kennt und so kennt ein Mensch überhaupt keinen Menschen. Beziehungen sind in dieser Hinsicht durchaus auch Studien - ich studiere das Du an meiner Seite und wenn wir unsere Kenntnis über uns selbst damit vergleichen, was wir über uns nahestehende Personen erfahren, dann wird hoffentlich begreiflich, was ich damit meine - wir sind einsam mit uns selbst.

Was aber ermöglicht uns überhaupt das Unterfangen, einen anderen Menschen zu studieren, d.h. worin besteht überhaupt das Gros zwischenmenschlichen Kontaktes? - aus Sprache. Sprache ist das Mittel, unsere sozialen Bedürfnisse zu erfüllen, Sprache überwindet jene Einsamkeit ohne sie zu beseitigen, Sprache ist das Mittel des Menschen, Mensch zu sein zwischen Menschen.

...

Wenn wir nun konstatieren, dass dieses Mittel brüchig wird, d.h. die Simplifikation der Sprache, dann erstehen daraus naturgegebene Gefahren; der Mensch wäre ohne Sprache nicht in der Lage, seine sozialen Bedürfnisse zu erfüllen, er wäre also absolut einsam, gleichzeitig aber dem Menschen ausgesetzt. Der Mensch ohne Sprache verschwindet nicht, nur weil er keine Sprache mehr hat. Dieses Ausgesetzt-sein wandelt sich schnell in ein beklemmendes Gefühl des Ausgeliefert-seins - wir empfinden stille und doch bestimmte, aufmerksam beobachtende und doch undurchdringliche, mehr oder weniger unbekannte Charaktere in fiktionalen Werken ebenso furchteinflößend oder im mindesten dubios wie im realen Leben. Nun stelle man sich vor, man habe keine Handhabe, irgendwie Kontakt zu dieser Person aufzubauen - wenn man dann dieser Gleichung noch die menschlichen Bedürfnisse wie den Sexualtrieb u.a. hinzufügt, ist es unschwer zu erkennen, was das wohl für eine brutale Welt wäre.

Freilich bleibt diese Welt spekulativ - aber sie gestattet folgende Einblicke: ohne Sprache radikalisiert sich der Mensch - wie, so frage ich zur Veranschaulichung, würde man fühlen, reagieren, handeln, wenn man Schmerzen leidet, Angst hat, Hunger empfindet usw. ohne sich mitteilen zu können. Der Mensch ohne Sprache wird in einer Gesellschaft, die mehr oder weniger auf linguistischen Konventionen beruht (andernfalls wäre ein Vertrag nichts als eine lustige oder seltsame Aneinanderreihung bedeutungsloser Zeichen) hilflos - und wie reagiert ein hilfloses Tier? mit der Flucht nach vorn, d.h. der Mensch ohne Zugang zu jenen sprachlichen Konventionen radikalisiert sich.

Daraus folgert auch, dass Sprache ein wesentlicher Bestandteil der Fähigkeit ist, zu denken - also denken in klaren Begriffen. Wenn dies wegfällt, so reduziert sich der Mensch auf ein rein emotionales Wesen, dass nach Maßgabe relativer Gefühle nur noch zu Kurzschlussreaktionen fähig wäre. Wenn ich nicht in der Lage bin, gedanklich meine Emotionen zu fassen und ihrer Herr zu werden, wenn der Geist nicht auf mein psychisches Gleichgewicht einwirken kann, dann werde ich zu einem von meinen Passionen getriebenen Ding, einem planlos wollenden, nicht mehr erkennenden Wesen - dann heißt es nur noch: Ich will, erst dies, dann das und habe noch nicht einmal mehr die Möglichkeit, zu sehen, wohin mich diese unbedachten Kurse eigentlich führen.

Wenn wir ein vernunftbegabtes Wesen auf seinem Wege betrachten, dann sehen wir keinen geraden Kurs - es gibt Änderungen, Schwankungen, keine scharfe Linie, eher eine spiralenartige Wellenform; aber jede Änderung lässt sich nachvollziehen, der Kurs kennt ein Ziel. Ein rein triebgesteuertes Wesen würde kein Ziel haben, wir hätten überall Linien und Kurven, die mal hierhin, mal dorthin wandern, ein wildes, abstraktes, unsystematisches Netz als hätte man beim Zeichnen dieser Linien einen Krampfanfall mit dem Stift in der Hand bekommen. Ohne klar gedachte Begriffe verkümmert die Vernunft und ergo bleibt nur der Trieb, das Es, ein animalischer Eros übrig - und das würde den Menschen noch unter das Tier stellen.
Ex-Larkin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2018, 23:55   #18
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Daraus folgert auch, dass Sprache ein wesentlicher Bestandteil der Fähigkeit ist, zu denken
Ergänzung: abstrakt zu denken. Außerdem würde ich nicht behaupten, dass Sprache die direkte Voraussetzung zum abstrakten Denken ist, sondern dass Sprache erst zu dem Selbstbewusstsein führt, das zum abstrakten Denken befähigt.

Tiere denken und kommunzieren auch. Aber bei nur zwei oder drei Arten konnten wir den Ansatz von Selbstbewusstsein feststellen. Aber sebst diese Arten, die sich ihrer selbst bewusst sind, haben keine Ahnung vom Weltall, vom Tod, von Atomkraft oder vom Bruttosozialprodukt. Sie wissen, dass sie sind und wer sie sind (Krähen), aber nicht, wie sie mit uns Menschen klarkommen sollen, obwohl sie unter uns leben.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.06.2018, 10:43   #19
Thing
R.I.P.
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Es gibt einen Unterschied zwischen gewachsener Sprache und oktroyierter Sprache. .
Was sprachlich inzwischen in der Literatur, im Journalismus und in der übrigen schriftlichen Kommunikation abgeliefert wird, lässt mich schaudern.

"Effektheischerei", nämlich das Bestreben, Eindruck zu schinden.

Mein Lieblingswort ist und bleibt der vielgerühmte "Stehgreif", jener komische Zwitter aus Löwe und Adler, der lieber sitzen als fliegen will. Es handelt sich aber um einen Stegreif, also um den Bügel, in den man den Fuß setzt, wenn man auf ein Pferd steigen will.

Ich könnte die Liste fortsetzen. Endlos.
Der Adler, der lieber steht.


Die KMK hat wirklich der Deibel gesehen!
Ich selbst schreibe noch wie vorher (z.B. ß) und bleibe auch dabei. lll, nnn oder sss kommen bei mir nicht vor.

LG
Thing
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Alt 24.06.2018, 08:24   #20
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Sprache ist Leben!

Liebe Thing, liebe Ilka-Maria,
das kann ich verstehen, dass Sprache dann nicht mehr lebensnah bleiben kann, wenn sie "von oben" (Rechtschreibreform!) geändert und "korrigiert" wird - und nicht von den Akteuren des sprechenden und schreibenden Lebens selbst!
Als gäbe es keine wirklichen Probleme zu lösen bastelt man an gewachsenen Sprachstrukturen herum und nötigt zur Übernahme! SCHLIMM!
LG H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.06.2018, 14:32   #21
weiblich undefined
 
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Vielen Dank für die Antworten, vor allem für diese ausführliche Larkin.
An ein zwei Stellen ging mir der Sprung zu weit, doch bin ich selbst nicht perfekt in das Thema eingearbeitet um fundiert Paroli bieten zu können, dass muss ich zugeben. Deswegen bleibt mir mich zu bedanken für den eröffneten Blickwinkel auf die Thematik und auch das ein oder andere für mich neue Wort, welches von nun an seinen Platz in meinem Wortschatz findet.
undefined ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.06.2018, 08:35   #22
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Sprache ist Leben!

Liebe Dichterfreunde,
wir müssen wieder sehen und vor allem lernen, dass Sprache ein lebendiger Organismus ist und bleiben sollte, denn dies ist ja ganz sicher ein Teil unserer Freiheit. Würden wir noch im Altgermanischen oder im Mittelhochdeutschen stecken, wäre das ein klares Zeichen, dass Sprache sich nicht entwickelt, nicht entwickeln kann. Dem ist aber nicht so.
ICH KANN EUCH NUR MUT ZUSPRECHEN, EURE SPRACHE SELBST ZU GESTALTEN!
Liebe Grüße!
H. H. Karg
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