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Alt 05.03.2008, 23:47   #1
Heldenzeit
 
Dabei seit: 02/2008
Beiträge: 73


Standard Im Spiegelkabinett

Ich stehe vor dem Spiegelkabinett. Die Frau am Schalter schaut mich einen Moment missmutig an, dann vertieft sie sich wieder in ihr Buch. Ich stehle mich an ihr vorbei und betrete den Vorraum. Es ist kalt. Zitternd zögere ich einen Moment, dann trete ich entschlossenen Schritts ein. Wo bin ich hier? Was mache ich hier? Kopfschüttelnd mustere ich mein verzerrtes Ebenbild. Fratzen starren düster zurück, keine Ahnung wer das ist. Keine Ahnung wer ich bin. Ich gehe weiter. War das wirklich ich? auf einmal sehe ich mich von Glas umzingelt und bekomme Panik. Was ist, wenn ich nicht mehr hinausfinde? Ich drehe mich auf der Stelle und setze mich auf den Boden. Eiskalt schiesst die Angst in mir hoch. Ich trommle mit den Fäusten gegen das Glas, doch niemand hört mich. Ganz allein, kommt mir die Gewissheit, dass ich hier drinnen sterben werde. Alles um mich herum wirkt wie ein Abbild meiner Schatten, Licht scheint nur noch eine Illusion zu sein. Kraftlos versuche ich über den Boden zu robben und stoße doch nur wieder gegen Wände. Zitternd ziehe ich die zerknitterte Schachtel Zigaretten aus meiner Hosentasche. Rauchen hilft immer, denke ich. Doch diesmal ist es anders, als der Rauch meinen Kopf umwirbelt, wird mir nur noch Kälter. Hinter mir taucht eine Gestalt auf, verschwommen kann ich erschrockene Stimmen wahrnehmen. Alles wird schwarz um mich, ich kann die starken Arme unter meinen Achseln spüren, die mich wegzerren, nur weg. Weg von hier, von diesem scheusslichen Ort, an dem meine Seele zu efrieren scheint. Hinaus in die Julihitze. Langsam erhellt sich mein Blickfeld wieder, ich nehme Gestalten wahr, die in einem Kreis um mich herumstehen. Einer hat eine Kamera gezückt und knipst wie wild Bilder von mir. Arschloch, denke ich, ergötzt dich an meinem Leid. Torkelnd stehe ich auf und stolpere davon, hinter mir die Stimme der Kassiererin: Frechheit, er hat nichtmal bezahlt. Kopfschüttelnd löst sich nach und nach der Menschenring auf, schließlich ist eine Kirmes ein Vergnügungsort. Sollte man zumindest meinen.
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