Gedichte raten

[Schmuddelkind]

Dieser Kuss vielleicht:

Der Kuss

Einst fand bei ihren Schafen
der muntre Titirus
die junge Kloë eingeschlafen.
Er raubt ihr einen süßen Kuß
und fliehet schnell, die Schläferin erwachet,
von seinem kühnen Raub geweckt,
sieht sich allein, doch bald entdeckt
sie den Verwegnen, der, versteckt
im Busche, ihres Zornes lachet
und sie mit reifen Brombeern neckt.
Die Schöne, tief beleidigt,
verweist ihm weinend seinen Raub,
indes, versteckt in Moos und Laub,
bei allen ihren Klagen taub,
er sich mit lautem Lachen nur verteidigt.
Doch endlich, als die Kleine gar nicht schweigt
und immer lauter klaget, steigt
er aus dem luftigen Asyl herunter.
»Was, Närrchen«, spricht er, »ficht dich an?
Wer uns hier sähe, dächte Wunder
was Arges ich dir angetan!
Was ists denn weiter, als daß ich dich küßte!
und darum weinst du dir die Augen blind?«
»Ach, das ists eben«, schluchzt das arme Kind,
»warum ich weine, wenns die Mutter wüßte,
daß mich ein hübscher Knabe küßte,
weiß Gott, es wär um mich geschehn!«
Der Hirte lachet bei dem Flehn
des Mädchens. »Nun, bei meinem Leben,
das ist doch sonderbar«, spricht er.
»Doch kränkt dich ein geraubter Kuß so sehr,
so will ich ihn dir gerne wiedergeben.«
»Ach, Lieber, ja, das tue«, spricht
erfreut die kleine Schöne
und wischt des Schmerzes bittre Träne
schnell von dem reizendem Gesicht.
Der frohe Hirt umschlingt sie mit den Armen,
preßt sie an seinen Busen und
drückt einen langgedehnten, warmen,
beseelten Kuß auf ihren Rosenmund.
Das Mädchen sieht vor sich zum Boden nieder,
erseufzt aus tiefer Brust und legt
die weißen Händchen tiefbewegt
aufs Herz, das tobend ihr im Busen schlägt.
»Nun«, spricht sie, »nun hab ich ihn wieder,
den Kuß, und meine Ehr ist unversehrt!«
Der Hirte will laut lachend gehen;
doch kaum hat er den Rücken ihr gekehrt,
als er das Mädchen rufen hört,
und lauter lachend bleibt er stehen
und fragt, was ihr Begehren sei!
Sie spricht mit schamgesenktem Blicke:
»Ach, du gabst mir nur einen Kuß zurücke
und stahlst mir doch im Schlafe zwei!«
»Nun wohl«, ruft Titirus,
»du sollst auch deinen zweiten Kuß
zurückbekommen, ich bin billig!
Das ganze Dorf bezeugt mir das!«
Er spricht es und zieht sie zu sich ins Gras.
Die blöde Kleine folgt ihm willig.
Die Wange hochgefärbt von Scham und Glut,
sitzt sie auf seinem weichen Schoße,
und der gefährliche Bezahler ruht
nicht eher, bis ihr Mund gleich einer Rose,
die in dem Strahl der Abendsonne blüht,
von mehr als hundert Küssen glüht.
Die Schöne fing nun wieder an zu weinen,
daß er, statt des verlangten einen,
ihr mehr als hundert Küsse gab;
und sollte sie sich nicht zu Tode grämen,
mußt er den Überschuß zurückenehmen,
man rechnete nun wieder ab,
der Schäfer aber hört nicht auf zu irren,
man mußte stets von neuem subtrahieren,
und kurz, ein alter Hirt,
der abends sie im tiefen Gras entdeckte,
fand ihre Rechnung so verwirrt,
daß er mit Zeterschrein sie voneinander schreckte.

[Thing]

Leider nein -

s o grillen die Parzen nicht ,
äh -

so grillt der Parzer nicht.

[Schmuddelkind]

Doch, ist von Grillparzer. Aber du meinst ein anderes...
Kenne mich auch nicht so gut aus bei Grillparzer, aber ich überlege noch...

[Thing]

Ist ein kurzes.
Nicht viel länger als meine "Inhaltsangabe"

[Ilka-Maria]

Komisch! Meine Lösung stimmt auch nicht? Aber in dem Gedicht ist eigentlich alles vorhanden, von der Patschehand bis zum Nacken. Oder habt Ihr es übersehen?

Ratlos ...

[Schmuddelkind]

Komisch! Meine Lösung stimmt auch nicht? Aber in dem Gedicht ist eigentlich alles vorhanden, von der Patschehand bis zum Nacken. Oder habt Ihr es übershen?

Da hab ich mich auch gewundert, dass es das nicht sein soll. Passt doch wie die Oberlippe zwischen zwei Lippen.

[Thing]

das hat sich überschnitten!

Na klar -

DU hast es!
Bist dran!

[Ilka-Maria]

Ich bleibe mal beim Populären, damit Euch nicht die Gehirnwindungen reißen :

Ein Dampfross auf der letzten Strecke:
die Brücke noch und dann am Ziel -
da treiben von der Himmelsdecke
drei Luftgesellen böses Spiel.

Sie machen sich zum eignen Feste
die winterweihnachtliche Nacht
und blasen in das Holzgeäste,
auf dass die Brücke bricht und kracht.

[simbaladung]

Die Brücke am Tay (Fontane)?

[Ilka-Maria]

Zitat von simbaladung

Die Brücke am Tay (Fontane)?

Richtig!

Du bist dran .

[simbaladung]

Freu,

ist aber, glaub ich nicht ganz so einfach, der Dichter ist erst 1998 verstorben,

aber ich versuchs mal:

Von Zweibeinern,
gar wundersam,
mal hart, mal zart,
stehn manchmal im Wege,
halten deine Hand ...

[simbaladung]

Zu schwer, oder keine Lust mehr?
Soll ich noch einen Tipp geben?

[Thing]

Ja, bitte!
Für mich zu schwer.

[Ilka-Maria]

Ist der Dichter der Schweizer Ehrismann?

[simbaladung]

Okay:

So mancher denkt, diese Zweibeiner gibts und gab es nie, und lacht nur über
die vielen Gemälde, er hält sich für superschlau, der Rudolf W. weiß es besser ...

[Thing]

Ich steh im Nebel

[simbaladung]

noch ein paar Schnipsel aus dem Gedicht:

sie müssen nicht schrein
sie haben kein Schwert
groß wie ein Pfahl



Auf Ehrismann bist du durch das Todesjahr gekommen, Ilka, gut! Aber leider nicht richtig.

[Orakel]

ich sage mal dazu.....

Ein dicker Sack.....

Na, von wem?

[Ilka-Maria]

Puh, das war wirklich nicht einfach! War eine ordentliche Detektivarbeit, da ich den Dichter nicht kannte.


Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein

Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.
Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein,
oft sind sie alt und hässlich und klein,
die Engel.

Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand,
die Engel.
Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand,
oder er wohnt neben dir, Wand an Wand,
der Engel.

Dem Hungernden hat er das Brot gebracht,
der Engel.
Dem Kranken hat er das Bett gemacht,
und hört, wenn du ihn rufst, in der Nacht,
der Engel.

Er steht im Weg und er sagt: Nein,
der Engel.
Groß wie ein Pfahl und hart wie ein Stein –
Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.

Rudolf Otto Wiemer

[simbaladung]

Bist aber letztlich doch fündig geworden! Ich kenn auch nur dieses Gedicht von ihm. Aber das gefällt mir.

Du bist dran.

mit Guten Morgen-Grüßen,
simba

Wollte erst eins nehmen, das vom Tod eines Boxers im Ring erzählt und die Schuldfrage stellt, konnte es aber nicht wiederfinden und weiß auch nicht von wem es ist, Ich mein der Titel war: Wer ist Schuld am Tod von ... und dann der Name, kennt das zufällig jemand? Ich würd mich freuen, wenn ichs wiederfände.

[Ilka-Maria]

Ich komme später wieder, muss jetzt erst mal meine Morgen-Routine pflegen.

Bis denne
Ilka

[Thing]

Zitat von simbaladung

Wer ist Schuld am Tod von ... und dann der Name, kennt das zufällig jemand? Ich würd mich freuen, wenn ichs wiederfände.

Könnte es sich um
"Wer ist schuld am Tod von Romeo und Julia"
von
Albrecht Haushofer handeln?

[Ilka-Maria]

Kenne ich nich. Es gibt jede Menge Autoren, die selbst geboxt haben und von der Materia etwas verstehen, also dafür in Frage kämen - aber Boxer-Gedichte kenne ich nicht.

Hier mein neues Rätsel (ist nicht schwer zu lösen, es handelt sich um einen Dichter, der immer modern bleiben wird):

Ein Wanderer auf dunkler Spur,
verlassen und allein,
bestaunt die einsame Natur,
wird nie im Licht mehr sein.

[Thing]

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unenntrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

[Hermann Hesse]

[Ilka-Maria]

Bingo! Das ging ja ratz-fatz - Respekt!

[Thing]

Du saubres Blümlein
senkst Trauer in mich rein.
Ich machs wie die Pastoren,
dann gehste nit verloren.

[Ilka-Maria]

Null Ahnung.

Warum macht Glühwürmchen eigentlich nicht mit? Die Idee zu diesem Faden stammt doch von ihr.

[Thing]

Ja,


d a s frage ich mich auch!


Null Ahnung?
Er starb in der Matratzengruft und schrieb auch reichlich "Liebes".

[Ilka-Maria]

Ach der, der jetzt seine Gruft auf dem Montmartre hat! Und jeden Tag eine frische, rote Rose drauf.

[Thing]

Du bist wie eine Blume,

So hold und schön und rein;

Ich schau dich an, und Wehmut

Schleicht mir ins Herz hinein.



Mir ist, als ob ich die Hände

Aufs Haupt dir legen sollt,

Betend, daß Gott dich erhalte

So rein und schön und hold.

(Heinrich Heine)







Ja.
Und er hat - ganz in meinem Sinn - die Metrikfesseln gesprengt.


DU bist dran!
Natürlich nur mit meinem komlipmetenten gschamsten Diener!

[Ilka-Maria]

Nee, Du bist nochmal dran.

Ich habe das Gedicht nicht geraten, es war mir unbekannt.

[Thing]

Das schwindelst Du!

Ich laß Dir den Vortritt -

falls Du wirklich ablehnst, übernehm ich.
(Dabei rate ich lieber als raten zu lassen!)

[Ilka-Maria]

Na gut, später.